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Schlangenhaus - Thriller

Schlangenhaus - Thriller

Titel: Schlangenhaus - Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilhelm-Goldmann-Verlag
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Finsternis zurückziehen, weit weg von der Tür und der Treppe.
    So viel Glück war mir nicht beschieden. Ich legte vielleicht einen Meter zurück, ehe ich gegen eine feste Holzwand stieß. Hastig wühlte ich in meiner Tasche; ich wusste, dass dort drin irgendwo ein Messer war. Niemals hätte ich mir träumen lassen,
dass ich einmal mit einem Messer auf ein Lebewesen losgehen würde, doch ich würde mich nicht einfach so ergeben. Meine Hand erstarrte, ehe ich fand, wonach ich suchte. Die Tür zu meinem Schrank öffnete sich.
    Ich hielt den Atem an, drückte mich gegen die Wand des Schrankes und sah zu, wie ein formloser Schatten in Sicht kam. Dass es sich um einen Menschen handelte, erkannte ich nur an dem gedämpften Gemurmel, das aus seinem Mund drang. Er wiederholte immer wieder etwas, das sich anhörte wie »Chazza ton man«. Was immer das auch für Ulfreds Verstand für eine Bedeutung haben mochte, ich konnte nichts damit anfangen. Dann beugte Ulfred sich vor und ich hörte ein Ächzen, als er etwas packte und es auf die Treppe hinauszerrte.
    Was immer er mitschleifte, war schwer. Ulfred keuchte schwer. Jedes Mal, wenn er einatmete, konnte ich ein leises Pfeifen in seinen Bronchien hören. Sieben Monate allein im Haus der Witchers zu wohnen, war seiner Gesundheit nicht gerade förderlich gewesen. Schließlich zog er die Tür zu, und die Dunkelheit war vollkommen. Er stand völlig reglos da und atmete tief durch die Nase ein. Dann Stille. Ulfred hielt den Atem an.
    Wir standen da, alle beide, in einer Welt, die so schwarz war, dass sie ein leerer Raum hätte sein können, und ich wusste, dass er irgendwie die Gegenwart eines anderen Menschen gespürt hatte. Sekunden verstrichen, und immer noch rührte er sich nicht. Was machte er da? Lauschen bestimmt nicht. Ulfred war taub. Hoffte er, etwas zu sehen? Da ich wusste, dass das Schimmern meiner Augen mich am ehesten verraten würde, zwang ich mich, sie zu schließen. Konnte er mich riechen? Ich ihn ganz bestimmt. Berührte er die Wände und wartete darauf, dass ich mich mit dem Vibrieren einer Bewegung verriet? Jetzt würde ich keine Zeit mehr haben, das Messer hervorzukramen, doch ich hielt die Taschenlampe fest umklammert. Wenn er auf mich zukam, würde ich ihm damit eins auf
den Kopf schlagen. Ich konnte es nicht ertragen, die Augen weiter geschlossen zu halten und öffnete sie um ein Winziges. Noch immer stand der Umriss des gefährlichsten Menschen, der mir jemals begegnet war, reglos da, gerade mal einen Meter entfernt.
    Als mir klar war, dass ich demnächst würde losschreien müssen, als ich praktisch im Kopf zu einem Countdown ansetzte, setzte er sich wieder in Bewegung, und die Spannung löste sich jäh.
    Ich hörte, wie er langsam und schwerfällig die Treppe hinunterstieg und seine Beute mitschleifte. Etwas Hartes, Schweres, wie Knochen, schlug hart auf jeder Stufe auf. Wut packte mich. War das Matts Schädel, der da immer wieder gegen das harte Holz der Treppe gedroschen wurde? Wie viele Schläge würden nötig sein, um schwere Hirnschäden zu verursachen? Um ihn zu töten?
    Ich trat vor, dachte nur daran, dass ich mich von der obersten Stufe aus auf ihn stürzen, auf ihm landen, ihm die Augen auskratzen konnte …
    Untersteh dich!
    Ich muss doch irgendetwas tun! Ich kann doch nicht hier rumstehen, während …
    Um Gottes willen, Clara. Er ist viel zu stark für dich.Warte ab und denk nach.
    Zitternd zwang ich mich, still stehen zu bleiben, gerade eben außer Sicht von der Treppe aus. Geräusche von unten verrieten mir, dass Ulfred sich unbeschwerter bewegte. Er zerrte den Gegenstand – oder den Menschen –, den er die Treppe hinuntergeschleift hatte, nicht länger hinter sich her. Dann hörte ich ein Knarren, die Wand bebte leicht. Ulfred kam abermals die Stufen herauf. Ich trat zurück. Kam er, um mich zu holen?
    Ich schloss die Augen, senkte den Kopf und hielt den Atem an. Wenn er mich zu fassen bekam, würde ich mich wehren wie eine Furie. Ich hielt immer noch die Taschenlampe in der
Hand. In meiner Tasche steckte noch immer ein Messer – warum hatte ich es nicht herausgeholt, als ich Gelegenheit dazu gehabt hatte?
    Ulfred erreichte das obere Ende der Treppe. Dort blieb er einen Moment lang stehen, um wieder zu Atem zu kommen, und ich wusste, dass jetzt alles vorbei war. Ich konnte fühlen, wie er mich direkt anstarrte. Ich spannte mich an, um vorzuspringen. Dann hörte ich das schabende Geräusch eines hölzernen Schlosses, und die Schranktür

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