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Schlangenhaus - Thriller

Schlangenhaus - Thriller

Titel: Schlangenhaus - Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilhelm-Goldmann-Verlag
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in der zugemauerten Küche befunden.
    Nach dem, was ich von dem vierten Cottage sehen konnte, war es ein exaktes Ebenbild des ersten: ein kleines, verwahrlostes Wohnzimmer, eine ebenso karge Küche. Viel Zeit zum Schauen hatte ich allerdings nicht, denn Matt hatte die Tür geöffnet, die zu einer weiteren Treppe führte, und stieg hinauf. Die Lampe nahm er mit.
    Die Treppe war schmal und steil. Eine Tür an ihrem oberen Ende war geschlossen und verwehrte uns richtiges Licht. Ich stieg zwei nackte Holzstufen hoch. Matt war direkt vor mir und leuchtete mit der Taschenlampe auf seine Füße. Dann schaute er über seine Schulter, und ich sah ein Flackern des Erschreckens auf seinem Gesicht, kurz bevor dicht hinter mir ein lauter Knall ertönte und wir in Finsternis getaucht wurden.

22
    Ich schrie nicht. Selbst als der Schock mich taumeln ließ, wusste ich, dass ich lauschen musste. Den Bruchteil einer Sekunde, bevor die Tür zugeknallt war, hatte ich etwas gehört, das wusste ich. Irgendetwas hatte sich bewegt. Die Tür war nicht von selbst zugeschlagen. Jetzt gab es nur eine wirklich drängende Frage: Das, was ich gehört hatte – auf welcher Seite der Tür befand es sich?
    »Nicht bewegen.« Matts Stimme klang laut in der Enge des Treppenhauses, und viel zu ruhig. Er konnte nicht mitbekommen haben, was ich gehört hatte. »Nicht bewegen«, wiederholte er. »Ich habe die verdammte Taschenlampe fallen lassen, und dieser Treppe traue ich wirklich nicht.«
    In völliger Finsternis stand ich da und versuchte, den grauenhaften Gedanken aus meinem Kopf zu vertreiben, dass derjenige, der die Tür zugeknallt hatte, hier im Treppenhaus war. Dass er jeden Augenblick den Arm ausstrecken und ich fühlen würde, wie eine starke, feucht-kalte Hand mich packte. Und ich konnte nicht anders, ich musste daran denken, wie diese Hand mich schon einmal berührt hatte, erst vor Stunden. Natürlich wusste ich, dass das unmöglich war – Matt hatte zur Tür geschaut, als sie zugeschlagen war, er hätte jeden gesehen, der …
    Ich zwang mich, regungslos stehen zu bleiben, während Matt nach der Taschenlampe tastete. Einmal berührte er meinen Knöchel, doch ich biss mir auf die Lippe und begann im Kopf zu zählen. Bei fünfzig würde ich losschreien. Bis dahin konnte ich mich beherrschen.
    Dann erschien ein schmaler Lichtstrahl zu unseren Füßen und begann, umherzuhuschen. Beruhigt, dass keine Löcher
vor uns klafften und – was noch wichtiger war – dass nur wir beide im Treppenhaus waren, machten wir uns wieder an den Aufstieg.
    »Dicht am Rand bleiben«, wies Matt mich an. »Einen Fuß auf jeder Seite. Und bleiben Sie ein paar Schritte hinter mir. Der Wind muss die untere Tür zugeweht haben.«
    Der Abend, so glaubte ich mich erinnern zu können, war außergewöhnlich windstill gewesen, doch dies schien kein geeigneter Zeitpunkt zu sein, um das zu erwähnen. Mit einem Seufzer der Erleichterung erreichte Matt die Tür am Kopf der Treppe und drückte auf die Klinke. Ein wenig mehr Licht fiel auf die Stufen, und ich stieg zu ihm hinauf. Erst dann riskierte ich einen Blick auf die faulende Holztür, die direkt hinter mir zugeknallt war.
    Wir schauten kurz in zwei Schlafzimmer, spärlich möbliert und verdreckt. Matt zog die Tür eines Kleiderschrankes auf, und wir blickten hinein. Baumwollkleider, geblümt und formlos, hingen dort. Matt öffnete die zweite Tür, und wir konnten drei Herrenanzüge sehen. Mehrere Paar Schuhe lagen säuberlich aufgereiht auf dem Boden des Schranks.
    In dem zweiten Zimmer lagen zwei sehr fleckige Matratzen auf dem Boden, weiteres Mobiliar war nicht vorhanden. Die Dielen waren kahl und ungestrichen; hier und da waren sie verrottet, so dass man den Deckenputz des Zimmers darunter sehen konnte. An der Wand, genau zwischen den beiden Matratzen, hing ein Schwarz-Weiß-Foto in einem schwarzen Plastikrahmen. Vorsichtig ging ich hinüber.
    Als ich näher kam, sah ich, dass das Foto in Wirklichkeit ein gerahmter Zeitungsausschnitt war. Das Datum in der rechten oberen Ecke lautete 17. Juni 1958, und das Bild zeigte eine Männergruppe in strahlend weißer Cricketkluft, die sich vor einem im Tudorstil gebauten Haus aufgestellt hatte. Am Ende der hinteren Reihe, ein wenig hinter den Männern, standen drei Frauen.
    Ich betrachtete den Mann in der Mitte, der einen bescheidenen
Zinnpokal in der Hand hielt. Er war jung, mit nettem, offenem Gesicht. Seine Züge waren ziemlich wuchtig: große Augen, ausgeprägte Nase, volle

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