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Schlangenhaus - Thriller

Schlangenhaus - Thriller

Titel: Schlangenhaus - Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilhelm-Goldmann-Verlag
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wieder auf der Bank zurück, sehr zu meiner Erleichterung, bis ich begriff, dass sein linker Arm ausgestreckt auf der Lehne ruhte und nur wenige Zentimeter davon entfernt war, sich um meine Schultern zu legen.
    »Mit ungefähr vierzehn habe ich mal im Unterholz rumgestochert, als mir etwas aufgefallen ist, das wie Rauch aussah und unter einem Busch hervorgekommen ist. Mein erster Gedanke war, dass da jemand eine Zigarettenkippe weggeschmissen hatte. Ich bin hingegangen, um nachzusehen, und habe festgestellt, dass der Rauch gar nicht von dem Busch kam, er kam aus einem Loch im Fels – ungefähr fünfzehn Zentimeter breit und zu tief, als dass ich den Boden hätte sehen können.«
    »Rauch aus dem Fels?«, fragte ich, trotz allem doch interessiert. »Wie ist das möglich?«
    »Spontane Selbstentzündung in einer unterirdischen Ölschieferschicht.«
    »Bitte?«
    »In Dorset gibt es viele unterirdische Ölvorkommen. In Hampshire auch. Eigentlich in weiten Teilen Südenglands.
Nicht mit der Nordsee zu vergleichen, aber trotzdem signifikante Mengen.«
    »Wirklich? Ich dachte, für Öl braucht man ganz spezifische geografische Bedingungen.«
    »Eigentlich nicht. Nur ein Sediment, das reich an organischer Materie ist, wie Schiefer. Wenn das tief genug begraben ist, funktioniert seine Umgebung wie ein Dampfdrucktopf und verwandelt es in Öl. Das alles dauert Millionen von Jahren, Sie verstehen.«
    »Oh, sicher«, beteuerte ich, wobei mir klar wurde, dass wir uns zwar nicht einmal annähernd mit dem Thema befassten, wegen dem ich gekommen war, dass ich es aber trotzdem durchaus genoss, ihm zuzuhören. Mir kam ein Gedanke. Plauderte ich etwa?
    »Und das mit der spontanen Selbstentzündung?«
    »Nun ja, der Ton hier in der Gegend enthält viel Eisenpyrit. Nach Gesteinsbewegungen – die an dieser Küste andauernd vorkommen – kann das Eisenpyrit mit Luft in Berührung kommen. Es fängt an, zu oxidieren, wird heiß und löst eine spontane Selbstentzündung aus. Wenn dann auch noch Brennstoff vorhanden ist, zum Beispiel im Ölschiefer, kann ein ganz ordentlicher Brand entstehen.«
    »Die weißen Klippen von Dover, die brennenden Klippen von Lyme«, bemerkte ich.
    »Also, jedenfalls gab es zu Beginn des 20. Jahrhunderts eine spontane Selbstentzündung, die als der Vulkan von Lyme bekannt wurde. Hat tagelang gebrannt. Ich lebe in ständiger Angst, dass genau unter meinem Haus wieder so was passiert. Meine Versicherungsbeiträge sind gigantisch. Aber als Anmache funktioniert’s prima.«
    Ich erstarrte. Ihm konnte nicht klar gewesen sein, was er gerade gesagt hatte. »Was ist aus Ihrem Vulkan geworden?«, brachte ich mühsam heraus.
    »Als ich schließlich mit meinem Dad, zwei Brüdern und ein paar Nachbarn zurückgekommen bin, war nichts mehr davon
zu sehen. Bin gnadenlos verscheißert worden. Also habe ich die nächsten paar Abende in der Bibliothek verbracht, bis ich bewiesen hatte, dass an dieser Küste die Steine wirklich brennen.«
    Ich merkte, dass ich lächelte. Es war ein hübscher Gedanke. Brennende Klippen. Ein Vulkan an der Küste von Dorset. Was als Nächstes geschah, wischte das Lächeln glatt weg.
    »Haben Sie einen Freund mitgebracht?«, erkundigte sich Sean so leise, dass es fast ein Flüstern war.
    »Was?« Instinktiv senkte auch ich die Stimme.
    »Jemand hört uns seit fünf Minuten zu«, sagte Sean noch immer in gedämpftem Ton. »Er ist ungefähr zwanzig Meter weit weg. Auf acht Uhr. Nicht umdrehen.«
    Es gelang mir, das zu beherzigen, doch ich konnte nicht verhindern, dass mein Blick zur Seite kroch. Acht Uhr? Das bedeutete, hinter mir und ein bisschen links, oder?
    »Und das, meine Teure, war der berühmte Sonnenuntergang von Lyme«, verkündete Sean in normaler Lautstärke. »Nicht schlecht, wie?«
    »Wunderschön«, brachte ich heraus. Jetzt, da die Sonne verschwunden war, senkte die Dunkelheit sich schnell herab, und ich fühlte mich dem, was sich Seans Meinung nach hinter uns befand, auf schreckliche Weise ausgeliefert. Ich hatte nichts gehört. Aber ich hatte auch nicht gerade gelauscht. So weit weg vom Dorf, hatte ich mich sicher gefühlt. War jemand mir hierher gefolgt? Das war doch nicht möglich, oder?
    Sean erhob sich. »Und jetzt, glaube ich, wird es Zeit, dass ich Ihnen einen Drink einschenke und Ihnen meine ganz private Sammlung zeige«, meinte er mit derselben unnötig lauten Stimme. Unter den meisten Umständen wäre das ein Satz gewesen, der mich dazu gebracht hätte, fluchtartig in Deckung zu

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