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Schlangenlinien

Titel: Schlangenlinien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Minette Walters
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der Klemme sitzt.«
    »Okay.«
    »Heißt das, dass du es auch verstehst?«
    »Natürlich.«
    Er warf mir einen Blick voller Unbehagen zu, als er nach links abbog. »Das hört sich aber nicht so an.«
    Ich seufzte. »Ich bin deine Frau, Sam, und ich kenne dich seit mehr als zwanzig Jahren. Wenn ich dich jetzt nicht verstehe, werde ich es sicher nie tun.«
    »Ich meinte nicht, ob du
mich
verstehst. Ich meinte, ob du verstehst, wie es zu der Sache mit Libby kam. Was für ein gottverdammter Fehler das war! Wie Leid es mir hinterher getan hat.«
    Ich lachte kurz. »Die Sache? Du meinst, eure
Affäre?
Als du mit der Frau deines besten Freundes gebumst hast, weil deine eigene Frau weg war und du schon vierundzwanzig Stunden lang keinen Sex mehr gehabt hattest?«
    »Aber so war es gar nicht«, protestierte er.
    »Nein, natürlich nicht«, stimmte ich zu. »Es war einzig Libbys Schuld. Du hattest gerade einen Tiefpunkt, sie hat das ausgenutzt, hat dir kräftig zu trinken gegeben und dich dann zu einer schnellen Nummer auf dem Küchenboden überredet. Hinterher warst du plötzlich in einer unmöglichen Situation.
Du
hast den Zwischenfall zutiefst bedauert und gehofft, es wäre eine einmalige Geschichte.
Sie
war total hingerissen und betrachtete es als den Anfang einer heißen Affäre.« Ich sah ihn kurz an. »Ich könnte mir vorstellen, dass Libbys Version etwas anders aussieht – nämlich, dass
du
sie verführt hast –, aber die Wahrheit liegt wahrscheinlich irgendwo dazwischen.«
    »Ich wusste, dass du in die Luft gehen würdest«, sagte er bedrückt, »darum hab ich es dir nie erzählt.«
    »Jetzt schmeichelst du dir selbst«, entgegnete ich. »Es ist wahrscheinlich eine Riesenenttäuschung, aber das Einzige, was ich in Bezug auf dich und Libby je empfunden habe, ist Gleichgültigkeit.« Natürlich log ich – aber er sollte büßen –,
ich
hatte meine Versprechen gehalten, er die seinen nicht. »Wenn ich die Kraft gehabt hätte, in die Luft zu gehen, dann hättest du vermutlich gemerkt, dass was nicht stimmt. Libby hätte es auf jeden Fall gemerkt, aber sie ist ja auch eine Frau, Frauen haben mehr Gespür für die feinen Schwingungen.«
    Er hielt vor dem indischen Restaurant an. »Hat sie dir denn nichts von uns erzählt?«
    »Nein. Ich vermute, ihr ist es noch peinlicher als dir. Denn es ist ja eine ziemlich erbärmliche Geschichte.«
    Er schluckte seinen Zorn hinunter. »Von wem weißt du es dann?«
    »Von dir.« Ich lächelte über sein Gesicht. »Du hast es mir eines Nachts in Hongkong erzählt. Nicht direkt – so betrunken warst du nicht –, aber was du gesagt hast, hat mir gereicht, um mir einen Reim darauf zu machen. Es war, ehrlich gesagt, eine ziemliche Erleichterung. Ich weiß noch, dass ich dachte, das war's also – eine schmutzige kleine Affäre mit Libby Williams. Ich hab später sogar darüber gelacht. Ich hab mir vorgestellt, wie ihr beiden in Jocks Ehebett gewerkelt habt, während er sich seinen Spaß bei der Nutte von der Graham Road geholt hat. Die Ironie war köstlich – Sam begibt sich auf Abwege und fällt zwei Räubern in die Hände. Es erklärte alles. Deine Unfreundlichkeit – deine Lügen – deine Eile, England zu verlassen. Irgendwie hast du mir sogar Leid getan, weil mir so offenkundig schien, dass du dem Teufel deine Seele für etwas verkauft hast, was dir gar nicht besonders viel Spaß gemacht hat.«
    Er schüttelte verwirrt den Kopf. »Warum hast du nichts gesagt?«
    »Weil ich keinen Sinn darin sehen konnte. Wir waren auf der anderen Seite der Erdkugel. Die Geschichte war passiert, und nichts konnte sie ungeschehen machen.«
    Sam war nicht der Mensch, dem das Büßergewand behagte. »Weißt du eigentlich, was das für ein Gefühl ist? Es ist ein Gefühl, als wäre ich mit einer wildfremden Person verheiratet. Ich weiß nicht einmal mehr, wer du bist.« Er stützte seine Ellbogen auf das Lenkrad und bohrte die geballten Fäuste in seine Augen. »Ständig erzählst du allen Leuten, was für eine glückliche Ehe wir führen, was für großartige Kinder wir haben, was für ein toller Vater ich bin. Aber das ist alles nur Getue – du spielst heile Welt, obwohl du mich in Wahrheit hasst wie die Pest. Wie konntest du das nur
tun?
Wie konntest du nur so hinterhältig sein?«
    Ich griff zur Türklinke. »Ich hab's gemacht wie du«, antwortete ich leichthin. »Ich hab einfach die Augen davor verschlossen, was für ein Schwein du bist, und so getan, als wäre nichts geschehen.«

    Ich sah,

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