Schlangenlinien
aufzugeben, noch ehe wir es versucht haben.«
»Ja, aber –«
Sie gab mir einen kurzen, harten Klaps auf die Hand. »Sie sind doch nicht diesen weiten Weg gegangen, um an der letzten Hürde zu kneifen. Also, kommen Sie.«
Sharon und Geoffrey standen an der offenen Tür ihres Hauses, als wir dieses erreichten, aber sie machten keine Anstalten, herauszukommen.
»Das ist gemeine Erpressung«, schimpfte Geoffrey. »Und was hat
die
hier zu suchen?«, blaffte er, als er Wendy an meiner Seite sah. »Was hat diese Person mit der Sache zu schaffen? Die hat ihre lange Nase doch immer schon in alles reingesteckt, was sie nichts anging.«
»Hallo, Geoffrey«, sagte Wendy mit einem freundlichen Kopfnicken. »Ich sehe, Sie sind mit den Jahren nicht gelassener geworden. Sie sollten bei Gelegenheit wirklich einmal Ihren Blutdruck prüfen lassen.« Sie richtete ihre Aufmerksamkeit auf die Frau neben ihm. »Und wie geht es Ihnen, Sharon? Sie sehen gut aus.«
Sharon verzog den Mund zu einem schmalen, verkniffenen Lächeln, als glaubte sie nicht an die Aufrichtigkeit des Kompliments, obwohl Wendy nur die Wahrheit gesagt hatte. Sie hatte sich herausgeputzt – entschlossen, Maureen auszustechen, dachte ich. »Wir kommen nicht«, sagte sie. »Sie können uns nicht zwingen.«
Ich zuckte die Achseln. »Dann können die Slaters über Sie erzählen, was sie wollen, und ich muss es glauben. Eine zweite Gelegenheit, die Tatsachen gerade zu rücken, bevor ich die Katze aus dem Sack lasse, werden Sie nämlich nicht bekommen.«
Mit Furcht in den Augen starrten sie mich an.
»Ich weiß, dass Sie an dem fraglichen Abend bis neun Uhr zusammen waren und Geoffrey daher der Letzte war, der mit Annie gesprochen hat«, sagte ich unumwunden. »Und ich denke, wenn ich mir das ausrechnen konnte, dann war auch Maureen dazu fähig.« Die Furcht der beiden wuchs, ich sah es ihnen an. »Also, was hat sie getan? Hat sie Geld von Ihnen verlangt?«
Ihre Mienen verrieten mir, dass ich Recht hatte, und ich schüttelte ungeduldig den Kopf. »Und Sie haben die Stirn,
mir
Erpressung vorzuwerfen!«
»Sie sind keinen Deut besser«, schimpfte Geoffrey Spalding, die Hände zu Fäusten geballt. »Sie schreiben uns Drohbriefe, machen uns ständig die Hölle heiß und legen es darauf an, unser Leben zu ruinieren.«
»Wenn Sie damals ehrlich gewesen wären«, entgegnete ich müde, »hätte ich keine Briefe zu schreiben brauchen. Sie sind an Annies Tod so wenig schuld wie mein Mann, Geoffrey. Er ist
nach
Ihnen an ihr vorübergekommen. Er glaubte wie Sie, sie wäre betrunken, und unternahm nichts, um ihr zu helfen. Sie haben sich beide herzlos verhalten, aber getötet haben Sie sie nicht.« Er riss verblüfft die Augen auf und ich lächelte kalt. »Aber es freut mich, dass Sie sich so lange für schuldig hielten. Sie hatten Strafe verdient, nachdem Sie sie einfach weggestoßen hatten, als sie um Hilfe bat. So war es doch, nicht wahr? Sie haben sie zu Boden gestoßen und sind in Panik geraten, als Sie später glaubten, Sie hätten sie direkt vor ein Auto gestoßen.«
Nervös griff er zur Haustür, ob nur um Halt zu suchen oder um sie mir vor der Nase zuzuschlagen, war nicht zu erkennen. Ganz gleich, was er vorhatte, Sharon stieß ihn weg und schob ihren Fuß in die Ritze zwischen Tür und Schwelle. »Los, weiter«, sagte sie kurz und heftig zu mir.
»Annie ist an den Verletzungen gestorben, die ihr jemand ungefähr drei oder vier Stunden, bevor Geoffrey sie auf der Straße sah, in ihrem eigenen Haus beigebracht hatte. Sie wurde so brutal misshandelt, dass sie das Bewusstsein verlor. Aber einige Zeit später kam sie wieder zu sich und schaffte es, auf die Straße hinauszutorkeln, um Hilfe zu suchen. Höchstwahrscheinlich wurde der Überfall gegen sechs Uhr abends verübt. Zu dieser Zeit war, soweit ich feststellen konnte, keiner von Ihnen beiden in der Graham Road, ich verstehe deshalb nicht, was Sie zu fürchten haben, wenn Sie die Wahrheit sagen.«
Aber so leicht war Geoffrey Spalding nicht zu überzeugen. »Woher wollen wir wissen, dass Sie uns nicht belügen?«, fragte er.
»Wozu sollte ich das tun?«
»Um uns auf dem falschen Fuß zu erwischen – um uns dazu zu bringen, das zu sagen, was Sie wollen.«
»Nun hören Sie aber auf!«, rief Wendy plötzlich gereizt. »Ich hatte keine Ahnung, dass Sie ein so dummer Mensch sind, Geoffrey. Ist die Wahrheit tatsächlich so beängstigend, dass Sie auch Sharon zur Lügnerin machen müssen?« Ihre Augen blitzten
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