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Schlangenlinien

Titel: Schlangenlinien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Minette Walters
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seien ein Säufer und ein Schläger, der aus seiner rassistischen Gesinnung kein Geheimnis mache. Sie besäßen kaum einen Funken Selbstachtung, einen verschwindend niedrigen IQ und die typische Mentalität des ‘armen Weißen’. Ich erzählte ihm auch, dass es Ihre Gewohnheit war, gegen jeden handgreiflich zu werden, der es Ihnen nicht recht machte, und gab ihm als Beispiel den Abend, als Sie Michael Percy verprügelten, weil er mutig genug war, Ihnen die Stirn zu bieten, nachdem Ihr eigener Sohn davongelaufen war. Mit keinem Wort habe ich Sie beschuldigt, Annie ermordet zu haben.«
    Ich sah ihm einen Moment lang fest in die Augen. »Überhaupt habe ich nur eine einzige Beschuldigung gegen Sie vorgebracht – dass Sie mir mit Repressalien gedroht haben, falls ich nicht den Mund halten würde.«
    Er stach mit zitterndem Finger nach mir. »Was Sie da gesagt haben, war gelogen.«
    Ich schüttelte den Kopf. »Wenn Sie das Protokoll meiner Aussage gelesen hätten, wüssten Sie, was ich gesagt habe. Aber Sie können nicht lesen, darum haben Sie Drurys Version akzeptiert.« Ich lächelte dünn. »Das Seltsame ist, dass ich
Ihnen
kaum einen Vorwurf mache. Es ist ganz einfach Ihre Art, auf alles zu pissen, was Sie nicht verstehen; Sie dafür zu verurteilen, wäre daher ungefähr so sinnlos, als wollte man einer Ratte die Verantwortung dafür geben, dass sie Krankheiten verbreitet, oder«– ich richtete meinen Blick ostentativ auf Maureen –»eine Schlange dafür, dass sie Gift spritzt.«
    Maureen kniff die Augen zusammen. »Ziehen Sie gefälligst mich nicht mit rein«, zischte sie mich an. »Ich hab damit nichts zu tun.«
    Einen Moment lang starrten wir einander stumm an, der Hass spiegelte sich deutlich in unseren Gesichtern.
    »Aber zumindest wissen Sie, wovon Derek und ich sprechen«, sagte ich ruhig. »Das weiß hier sonst niemand –« ich wies nach rechts und nach links –»außer Alan natürlich. Sehen Sie, ich hätte immer schon gern gewusst, wer es eigentlich geplant hat. Es war zu –« Ich suchte nach einem Wort –»zu raffiniert, als dass einer dieser beiden Kretins es sich allein hätte ausdenken können.«
    »Ich weiß nicht, was sie getan haben, aber sie haben es aus eigenem Antrieb getan. Fragen Sie sie, wenn Sie mir nicht glauben.«
    »Ach, das wäre doch sinnlos.« Ich zuckte gleichmütig die Achseln. »Sie haben ja Derek bereits überredet, alle Schuld auf sich zu nehmen. Genau wie Sie das immer getan haben.«
    »Und wie sollte ich das getan haben, Frau Superschlau?«, fragte sie mit einem höhnischen Lachen. »Er ist ein Mann. Er tut, was er will.«
    Es war interessant, Alans Reaktionen zu beobachten.
    Vorgebeugt, die Ellbogen auf die Knie gestützt, saß er zwischen seinen Eltern und hielt den Blick starr zu Boden gerichtet. Aber jedes Mal, wenn seine Mutter sprach, neigte er sich deutlich wahrnehmbar seinem Vater zu.
    »Ich weiß es nicht«, antwortete ich. »Wahrscheinlich indem Sie Alan unter Druck gesetzt haben, ihn dafür zu bezahlen. Alan hat schließlich eine Menge zu verlieren. Eine Frau und Kinder, die ihn lieben... ein Zuhause... Glück und Zufriedenheit.«
    Alan krampfte die Hände ineinander, dass die Knöchel weiß wurden. »Eben haben Sie gesagt, Sie machen mir keinen Vorwurf«, murmelte er.
    »Das tue ich auch nicht«, sagte ich, »aber ich werd's mir anders überlegen, wenn Sie weiterhin Ihre Mutter in ihren Lügen unterstützen. Ich bin hergekommen, weil ich Erklärungen haben will, Alan, nicht weil ich Ihren Vater zum Sündenbock machen möchte. Warum musste man mir denn überhaupt drohen? Drury hatte doch um diese Zeit bereits das Interesse an der ganzen Sache verloren – er wollte mich nur zum Schweigen bringen, weil ich ihn beschuldigte, ein Rassist zu sein –, das ist der einzige Grund, warum er Derek gegen mich aufgebracht hat.«
    Maureen verzog verächtlich den Mund. »Sie waren doch nicht besser als dieses Niggerweib«, sagte sie. »Sie haben meinen Mann einen ‘armen Weißen’ genannt, und Typen wie er lassen sich nun mal nicht gern beleidigen. Schon gar nicht von eingebildeten Schullehrerinnen, die meinen, sie wären was Besseres. Weshalb hätte er Ihnen
nicht
drohen sollen?«
    Das Deprimierende war, dass sie wahrscheinlich die Wahrheit sprach, jedenfalls soweit es Derek anging. Immer würde ihm eine spöttische oder herabwürdigende Bemerkung aus dem Mund einer Frau Anlass genug sein, sie tätlich anzugreifen. Ich sah ihn an. »Haben Sie Annie auch voll gepisst?«,

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