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Schlangenlinien

Titel: Schlangenlinien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Minette Walters
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ermitteln.«
    Sheila seufzte. »Ich denke immer noch, ich hätte ein bisschen mehr Druck machen sollen – zumindest hätte ich Drury ein Disziplinarverfahren anhängen sollen. Er war bodenlos nachlässig. Und ein Rassist dazu. Für ihn war schlicht und einfach klar, dass eine Schwarze nur arm und dreckig sein kann.«
    Larry schnalzte etwas ungeduldig mit der Zunge. »Das siehst du doch ein bisschen sehr eng. Sicher, der Mann war unmöglich, aber so ganz Unrecht hatte er nicht. Kein Mensch hat irgendwie angedeutet, dass in dem Haus etwas nicht stimmte. Nicht einmal der Tierschützer, John Howlett, hat die Zustände im Haus in Frage gestellt.« Er sprach so energisch mit seiner Frau, dass man den Eindruck bekommen konnte, dies sei ein heikles Thema zwischen ihnen. »Im Übrigen hattest du gar nicht die Zeit, dich noch weiter um die Sache zu kümmern. Du hattest mit deiner Praxis und den beiden Kindern weiß Gott genug zu tun. Außerdem«, fuhr er fort, sich wieder uns zuwendend, »klang es mir durchaus einleuchtend, als der Superintendent sagte, die Erfolgschancen seien gleich null.« Sheila stellte damals eine Liste aller Gegenstände zusammen, die sie noch in Erinnerung hatte, aber die Beschreibungen waren ungenau, und die Polizei wies uns darauf hin, dass an eine strafgerichtliche Verfolgung nicht zu denken sei, wenn sie keine detaillierten Angaben machen könne. Es erschien schließlich einfach sinnlos, weiterzumachen.«
    Wir saßen auf der Terrasse im Schatten eines verblichenen Sonnenschirms, der im Laufe langer sonniger Sommer fast alle Farbe verloren hatte. Der Garten fiel hinter dem Haus ziemlich steil ab, und irgendein schlauer Mensch hatte vor langer Zeit wohl einmal die hervorragende Idee gehabt, die Terrasse auf einem erhöhten Fundament anlegen zu lassen, sodass man einen herrlichen Blick bis hinüber zur anderen Seite des Tals hatte, in dem wir lebten. Es erstaunte mich, wie das hiesige Klima sich in den Jahren unserer Abwesenheit verändert zu haben schien. Ich hatte stets eine grüne und üppige Landschaft vor mir gesehen, aber der Garten, die Weiden und Wiesen waren in der Hitze fahlbraun geworden, und ausgedürstete Blumen ließen die Köpfe hängen.
    Sheila und Harry, mit gleichen Panamahüten auf den Köpfen, gaben ein elegantes Paar ab, sie in einem schlüsselblumengelben Baumwollkeid, er in weißem Hemd und beiger Hose. Meiner Schätzung nach musste er etwa zehn Jahre älter sein als sie, und ich fragte mich flüchtig, wie sie sich kennen gelernt und wann sie geheiratet hatten und ob die beiden Kinder, von denen er gesprochen hatte, von ihm oder von einem früheren Ehemann waren.
    Ich beugte mich über den Tisch, um Wein nachzuschenken, und dachte daran, dass ich vielleicht langsam hineingehen und das Mittagessen servieren sollte, keine große Geschichte, nur etwas kalter Braten, Salat und Baguette.
    »Wenn einer ihrer Nachbarn sie beraubt hat«, sagte ich wie beiläufig, »dann hat der Betreffende vielleicht einige Stücke behalten, solche vor allem, die keinen großen Wert besaßen. Die Pfauenfedern in den Geschosskartuschen zum Beispiel, die John Howlett beschrieben hat. Gleich als ich seinen Brief las, dachte ich, dass genau so etwas jemand behalten würde, schon weil man nie definitiv nachweisen könnte, dass die Federn Annie gehört haben.«
    Sheila musterte mich forschend. »Sie scheinen die Nachbarn ja ganz schön auf dem Kieker zu haben«, bemerkte sie. »Wie kommt das?«
    Sam antwortete für mich. »Die ganze gottverdammte Straße hatte es auf sie abgesehen, nachdem sie die Leute bei der gerichtlichen Untersuchung als Rassisten bezeichnet hatte. Sie haben uns wochenlang mit den gemeinsten Anrufen gequält. Deswegen sind wir auch aus England weggegangen.«
    Lügner!, dachte ich.
    »Kein Wunder, dass Sie diese Leute hassen«, meinte Larry verständnisvoll.
    Sheila warf mir mit hochgezogener Braue einen Blick zu, als wollte sie mich auffordern, mich dazu näher zu äußern. Aber ich stand auf und sagte, es sei Zeit zum Mittagessen. Ich hatte gelernt, über Drohanrufe zu sprechen, ohne laut zu werden...
    ... aber über Hass? Das war etwas ganz anderes.

    Nach dem Essen gingen Sheila und ich zur Koppel hinunter und sahen ans Gatter gelehnt den Pferden zu, die ziemlich lustlos das dürre Gras kauten. »Larry und ich haben immer angenommen, es wären Profis gewesen«, sagte sie. »Uns ist nie auch nur der Gedanke gekommen, dass es jemand aus der Nachbarschaft gewesen sein könnte.»
    »Woher

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