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Schlangenspuk - Dorothea K. - Schachmatt

Schlangenspuk - Dorothea K. - Schachmatt

Titel: Schlangenspuk - Dorothea K. - Schachmatt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Clauß
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wie ein rollender Sarg vorkam.
    „Kannst du fahren?“, erkundigte sich Salvatore, und Stefane nickte. Durch die zersplitterte Windschutzscheibe peitschte der Regen herein, und der Wagen füllte sich mit Wind wie ein Segel. Es war nicht leicht, ihn zu wenden.
    Mari und Maju, das Götterpaar. Beide waren sie Donnergötter, Sturmgötter. Wer von ihnen hatte das Gewitter entfacht?
    War es Maju, der seinen Nebenbuhler Sugaar erwachen, erstarken sah?
    Ja, das machte in diesem Zusammenhang Sinn. Von dem Tag an, an dem Stefane dieses Objekt ausgegraben hatte, das wie eine Zunge aussah, hatte sich das Wetter verschlechtert. Die Zunge war offenbar das Mordwerkzeug des Sugaar. Maju, der Donnergott, hatte seine Kräfte am Himmel geballt, um zu verhindern, dass Sugaar ein Opfer finden würde. War es Maju gewesen, der den Sturm heraufbeschworen und den Container den Hang hinab gestoßen hatte? Der eifersüchtige Maju, der das Opfer töten wollte, ehe Sugaar es zu sich rufen und für sich beanspruchen konnte? Hatte Marcels Tod also von Anfang an festgestanden? Wäre Marcel von Maju getötet worden, wenn Sugaar ihm nicht zuvorgekommen wäre?
    Die Gedanken und Deutungen verwandelten sich in Salvatores Kopf zu einem rotierenden, rasenden Spiralmuster, beinahe so, wie er es eben gesehen hatte. Er bekam nicht mit, wie schnell sie den Parkplatz am Fuße des anderen Hügels erreicht hatten. Stefane zerrte ihn aus dem Wagen.
    „Du musst mit deinem Mietwagen weiterfahren!“, rief der Archäologe.
    Abwesend taumelte Salvatore zu dem Peugeot hinüber. Er spürte, wie Stefanes Hand in seine Jackettasche griff und ihm die Schlüssel in die Hand drückte. „Alles klar?“, fragte der hagere junge Mann.
    „Ja“, hauchte Salvatore, ohne ihn anzusehen. „Bestens.“
    Über ihnen wütete das Gewitter. Neben ihnen lag der umgestürzte Container. Hinter ihnen wurde Marcel von der Grube zerrissen und verschluckt. Überall waren die Götter am Werk. Drei Götter. Drei alte Steine. Alte Geister. Was war das überhaupt für eine Welt? Wahrheit, was war das? Das Licht der Seele? Hier war kein Licht, kein Sonnenlicht, obwohl es noch immer heller Tag sein musste, irgendwo hinter den Wolken. Nur die fahlen Lichtfinger der Scheinwerfer und das elektrische, feindliche Gleißen der Blitze.
    War die Wahrheit nicht vielmehr die Dunkelheit? Die Dunkelheit, die das von Vernunft erleuchtete Innere der Seele in Schatten tauchte?
    „Die Mythen“, krächzte Salvatore leise, „sind die Wahrheit. Du hättest mich nicht holen brauchen, um es zu erfahren.“
    Doch Stefane hörte ihn nicht mehr. Der Archäologe war bereits in seinen Fiat gestiegen und abgefahren.
    Salvatore öffnete die Tür des Peugeot, ließ sich auf den Fahrersitz fallen. Schloss die Tür.
    Es war trocken. Angenehm trocken. Keine zerstörte Windschutzscheibe. Der Wind war nur noch zu hören, nicht mehr auf der Haut zu spüren. Ja, es war fast angenehm, wie die Böen an den Wagen sanft schaukelten, wie eine Wiege.
    Salvatore schaltete die Zündung ein, dann das Radio. Ein Sender spielte entspannten Bar-Jazz. Er blieb einfach sitzen und lauschte. Genoss, wie die Welt, die er kannte, zu ihm zurückkehrte.
    Nach einigen Minuten wurden Nachrichten gebracht, eine Sprecherin verlas mit viel zu erotischer Stimme Neuigkeiten aus der Politik. Salvatore wurde bewusst, dass das, was er eben erlebt hatte, niemals den Weg in die Nachrichten finden würde. Vielleicht würde über einen Unfall berichtet werden. Doch niemals würde die Sprecherin mit dem dunklen Timbre von dem Eifersuchtsdrama erzählen, das sich zwischen Mari, Maju und Sugaar abspielte, drei uralten baskischen Göttern.
    Als die Musik wieder einsetzte, legte Salvatore den Kopf zurück und fiel für einige Sekunden in einen Halbschlaf. Er träumte von einem Fernsehstudio, in dem seine honorigen Kollegen aus der Uni über die Situation diskutierten.
    „Maju“, sagte einer der bebrillten älteren Herren und klopfte mit einem Bleistift auf den Tisch, „muss Mari lange Zeit vernachlässigt haben.“
    „Professor!“, warf ein anderer ein. „Wie wollen Sie das belegen?“
    „Ganz einfach. Die Zahl der Gewitter in den letzten zehn Jahren liegt weit unter dem Durchschnitt.“
    „Und dieses Mädchen, diese Giulia, warum hat sie sich so überstürzt dem anderen zugewandt? Es scheint nicht zu ihrer Person zu passen.“
    „Wenn ich dazu etwas bemerken darf“, schaltete sich ein dritter ein. „Es ist keine Seltenheit, dass sich Menschen – vor

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