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Schlangenspuk - Dorothea K. - Schachmatt

Schlangenspuk - Dorothea K. - Schachmatt

Titel: Schlangenspuk - Dorothea K. - Schachmatt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Clauß
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allem labile Menschen in schwierigen Situationen – das Verhalten von Göttern zum Vorbild machen. Ich möchte in diesem Zusammenhang erinnern an …“
    „Gehen wir doch einen Schritt weiter! Was wäre, meine Herren, wenn ihr sprunghaftes Verhalten der unmittelbare Ausdruck von Maris Gefühlswelt darstellen würde? Rekapitulieren wir: Sugaar offenbart sich in seinen schrecklichen Taten, ja? Maju tut dasselbe in dem Unwetter, und Mari … Mari verkörpert sich in dieser jungen Frau, dieser … dieser …“
    „Giulia.“
    „Äh, vielen Dank, Herr Kollege.“
    Salvatore erwachte am verhaltenen Applaus der Studiogäste. Er zuckte so heftig nach vorne, dass er sich die Stirn am Lenkrad anschlug.
    Er startete den Motor und fuhr den Weg hinab. Von dem Fiat war längst nichts mehr zu sehen. Stefane war weggefahren, ohne auf ihn zu warten.
    Und Giulia? Dass sie nicht auf dem Beifahrersitz saß, war wohl gut so. Trotzdem sah er immer wieder hinüber, unsicher, ob sie wirklich verschwunden war.
    Während er fuhr, dachte er über Mari nach.
    Vielleicht war der Sturm nicht Majus Werk, sondern das der Göttin.
    Ihre leidenschaftliche Vorfreude auf das Rendezvous mit dem erstarkenden Sugaar.
    Den Container konnte sie aus Übermut hinabgestoßen hoben.
    Ihre Leidenschaft war erwacht, als Stefane die Zunge Sugaars ausgegraben hatte.
    Vielleicht war sie es sogar gewesen, die Marcel gerufen hatte. Ihrem Buhlen zuliebe. Schlangenfleisch war in manchen Kulturen als die Manneskraft steigerndes Mittel bekannt. Vielleicht wurde dem Menschenfleisch unter Schlangengöttern eine ähnliche Wirkung zugeschrieben.
    Salvatore sah sich in dem Studio, von dem er geträumt hatte. Er würde die Theorien der älteren Professoren über den Haufen werfen, vor laufenden Kameras. Diese Phantasie gefiel ihm, aber sie half ihm nicht, den Anblick des toten Marcel zu vergessen, der immer wieder in Spiegelungen der Windschutzscheibe auftauchte. Salvatore kam sich nutzlos vor, ein Akademiker, der lediglich mit Theorien jonglierte, nicht in den Lauf der Dinge eingriff.
    Doch vielleicht war es auch ein Glück, dass er keiner jener allmächtigen Geisterjäger war, die in Romanen oder Filmen mit einer Zauberwaffe in der Hand alles niederstreckten, was nach ihrem begrenzten Verständnis böse erschien. Vielleicht war es gut, dass er den Felsen, der Sugaar darstellte, nicht kurzentschlossen mit einem Laser zerstrahlt hatte.
    Wahrheit, dachte Salvatore noch einmal. Das Licht der Seele.
    Wenn die Wahrheit so schwierig war, war es kein Wunder, dass die menschliche Seele ein dunkler Ort zu sein schien …

    ENDE DER EPISODE

    - - - - - - -

Nr. 19 -

Wer ist Dorothea K.?

1
    Vergangenheit
    „Oops.“
    Ich löste den stumpfen, oxydierten Draht von meinem Sweatshirt und prüfte, ob das Kleidungsstück keinen Schaden genommen hatte. Eine Masche war etwas größer geworden – das würde sich wieder einrenken. Nun richtete ich mich auf, vorsichtig, langsam. Direkt vor mir wuchs eine Wand aus Schrott in den Himmel. Auf Gesichtshöhe starrte mich der runde Scheinwerfer eines Lieferwagens an, wie das Auge eines Zyklopen.
    Der Zugang durch das Loch im Zaun war besser als der Weg durch das Eingangstor. Möglicherweise auch gefährlicher, weil man sich dabei zwischen den höchsten Schrottbergen hindurchquetschen musste. Diese riesigen Bergmassive aus Metall konnten manchmal Geräusche von sich geben, die einen bis in die Träume verfolgten. Dazu brauchte noch nicht einmal ein Wind zu gehen – es reichte, wenn es zuvor geregnet hatte. So unglaublich es klingen mochte, das Wasser, das sich in den Karosserien der obersten Wagen angesammelt hatte, war Stunden unterwegs, ehe es die untersten erreichte. Und es konnte tropfen, rinnen, flüstern, rauschen und merkwürdig knarzende, fast tierische Laute in dem Metall auslösen.
    Vor drei Monaten war einer dieser Türme umgekippt. Es war kurz nach ein Uhr in der Nacht gewesen, und man hatte das Krachen bis in die Siedlung hinunter gehört, die ganze Symphonie, von der ersten sacht knarrenden Prelude an bis zu dem gewaltigen scheppernden Finale. Ich gehörte zu den Leuten, die daran aufwachten. Ein junger Lokaljournalist, der zu dieser Zeit noch wach gewesen war, hatte später tief in die Effektkiste gegriffen und den Lärm in seinem Artikel „apokalyptisch“ genannt. Daraufhin schrieb der Pfarrer in einem Leserbrief, der Verfasser habe wohl eine – Zitat – „recht lauwarme Vorstellung vom jüngsten Tag“. Der Kommentar des

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