Schlankheitswahn (Ein Fall für Lizzy Gardner) (German Edition)
wieder auf den Beistelltisch.
»Was ist hier los?«, fragte er.
Der Mann hatte dichtes, pechschwarzes Haar, das eindeutig wie eine Perücke aussah und auf dem Kopf eines älteren Herrn von kleiner und schmächtiger Statur etwas seltsam wirkte. Der Typ schien zu zwei Dritteln aus Haaren zu bestehen. In der einen Hand hielt er einen Aktenkoffer, in der anderen sein Jackett. Schweiß lief ihm den Hals hinunter.
Ruth nahm eine aufrechte Haltung an. »Frank, ich möchte dir Lizzy Gardner vorstellen. Sie ist die Frau, die vor vielen Jahren entführt wurde. Du weißt schon, das Mädchen, das diesem Irren entwischt ist und dann dem FBI geholfen hat, den Mörder dieser jungen Mädchen zu finden.«
Frank war nicht beeindruckt. Er ignorierte Lizzys ausgestreckte Hand und grinste sie spöttisch an, worauf Lizzy ihre Hand zurückzog.
»Du weißt doch, dass ich keine fremden Leute in meinem Haus will«, sagte Frank. »Das habe ich dir schon tausendmal gesagt, Ruth. Ich hab keine Lust, immer wieder diese ollen Kamellen aufzuwärmen, nur damit so eine Möchtegern-Polizistin, die gerne eine glänzende Knarre trägt, sich wie ein Mann fühlen kann.«
»Frank!«
»Ist schon okay«, sagte Lizzy. Sie hatte schon schlimmere Typen als Frank erlebt. Wie hieß es doch so schön: Stock und Stein brechen mein Gebein, doch Worte bringen keine Pein. Dieser Mann hier ließ sie völlig kalt. »Wir finden schon alleine hinaus.«
Als Frank schließlich im Flur verschwand, war Jessica bereits halb zur Tür hinaus.
»Dieses Wochenende werde ich nicht hier sein«, sagte Lizzy zu Ruth, sobald Frank sich außer Hörweite befand, »aber ich habe ein paar Ideen. Ich rufe Sie am Montag an.«
»Das mit Frank tut mir leid. Er ist normalerweise nicht so bösartig.«
»Passen Sie auf sich auf. Um alles andere kümmere ich mich schon.«
Ruth drückte Lizzys Hand und nickte. Dann blieb sie an der Tür stehen, bis Lizzy und Jessica wegfuhren.
Kapitel 6
San Francisco, ich komme
Es war Freitag, fünf Uhr nachmittags. Lizzy fuhr im Schneckentempo auf der I-80 nach Westen, Richtung San Francisco. Immerhin besser, als in der Gegenrichtung im Stau zu stehen.
Die Hitze war jetzt noch viel schlimmer, der Straßenbelag so heiß, dass man Spiegeleier auf ihm braten konnte. Die Klimaanlage in Lizzys altem Toyota, den sie liebevoll Old Yeller nannte, funktionierte seit einer Ewigkeit nicht mehr.
Lizzy kurbelte das Fenster herunter, aber die heiße Luft, die auf ihre warme, klebrige Haut wehte, half auch nicht viel. Allmählich fragte sie sich, ob der Sommer wirklich so viel besser war als der Winter. Die Hitze in Sacramento machte einem ganz schön zu schaffen. Lizzy freute sich auf San Francisco. Die Stadt lag an der Küste, wo es meist kühl und neblig war.
Die Ölwarnleuchte blinkte, aber Lizzy machte sich deswegen keine Sorgen. Solange sie nicht ständig an blieb, war alles in Ordnung.
Ihr iPhone klingelte. Lizzy steckte sich den Hörer ins Ohr und tippte auf die grüne Taste. »Lizzy Gardner. Was kann ich für Sie tun?«
»Mir fallen auf Anhieb zwanzig Dinge ein. Aber immer der Reihe nach. Wo bist du?«
Es war Jared, ihr lebenslanger Seelenverwandter – wenn man daran glaubte, dass es so etwas gab. »Ich bin gerade auf dem Weg zu einem Seminar über Fitness und gesunde Ernährung in San Francisco. Angeblich soll es das Leben grundlegend verändern.«
»Kehr um und komm nach Hause. Ich liebe dich so, wie du bist. Außerdem hab ich frischen Lachs und diesen kitschigen Film besorgt, den du schon die ganze Zeit mit mir zusammen sehen willst.«
»Du hast
Romancing Rachel
ausgeliehen?«
»Ja, und jetzt ist mein Ruf in der Videothek ruiniert.«
Lizzy lächelte. »Das tut mir leid. Aber das ist echt lieb von dir.«
»Du hast doch nicht etwa vergessen, dass wir ausgemacht hatten, dieses Wochenende deine Sachen zu mir zu bringen?«
Nein, das hatte sie nicht vergessen. Vielleicht war das ja sogar ein Grund dafür gewesen, dass sie den Diane-Kramer-Fall angenommen hatte. Sie mochte Jared sehr, aber das Ganze ging ihr doch ein wenig zu schnell.
»Noch da?«
»Ja.«
»Du brauchst mehr Zeit, stimmt’s?«
»Ja.«
Er seufzte. »Nimm dir so viel Zeit, wie du brauchst. Ich lauf dir ja nicht weg.«
»Danke.«
»Übrigens, wieso gehst du zu diesem Seminar? Dich hat es doch nie groß interessiert, wie viele Kalorien in deinen Rice Krispies sind.«
»Ich bekomme einen Stundensatz dafür, dass ich Anthony Melbourne beschatte. Es ist eine lange
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