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Schlecht aufgelegt (German Edition)

Schlecht aufgelegt (German Edition)

Titel: Schlecht aufgelegt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sven Stricker
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Mann zur Linken an.
    «Den ganzen Tag», antwortete der Mann artig, aus dessen Kragen um den Hals herum ein gezacktes Tattoo hervorstach, das fast bis auf den Hinterkopf reichte und ihm irgendwie etwas Explosives gab.
    «Wenn du also ein Foto für uns dabeihättest, würden wir das gerne in unsere Sammlung aufnehmen», fuhr der austrainierte Alte, der definitiv keine Schulterpolster benötigte, fort.
    «Ich hab kein Foto», hauchte Kuli. «Und schon gar nicht dabei.»
    «Vielleicht sehen wir lieber mal nach», forderte der Tätowierte namens Jimmy und schob sich ein paar Zentimeter weiter in Kulis Richtung.
    «Du solltest jetzt besser die Deckung hochnehmen, mein Junge», sagte ihr Anführer. «Nicht die Arme hängen lassen. Ein Schlag, und du bist weg.»
    «Ich hab mein Eis», sagte Kuli hilflos.
    «Vielleicht ist er ja so stark wie Bud Spencer. Der hat auch nie die Deckung hochgenommen», versuchte sich der bislang schweigende Dritte mit bronchial verwüsteter Stimme an einem Scherz. Die beiden anderen lachten.
    «Das war nur wegen der Kamera. Die musste sein Gesicht sehen», erklärte der Alte und wandte sich wieder Kuli zu. «Dein Gesicht will gleich leider keiner mehr sehen. Du hättest auf mich hören sollen, mein Freund.»
    Er hob wie in Zeitlupe seinen rechten Arm und die geschlossene Faust über die Schulter, um auszuholen. Die beiden anderen Männer, die mit Sicherheit Wrestler oder Bodybuilder oder Boxer oder alles zusammen waren, taten es ihm gleich. Gleich würde es weh tun. Kuli schloss die Augen, dann ging alles ganz schnell. Er stieß dem links von ihm stehenden Halbaffen das Eis ins Gesicht, mit aller Kraft, die er aufbringen konnte. Und während der verblüffte Hüne mit der Reaktionsfähigkeit eines Wandschranks seine neue Waffelnase befingerte, schob Kuli ihn mit einer energischen Bewegung zur Seite, einen halben Meter zumindest, mehr war nicht drin. Aber dieser halbe Meter genügte, dass Kuli vorbeischlüpfen konnte. Und während die Faust des vorgeblich Blinden da herniedersauste, wo eben noch Kuli gestanden hatte, nahm dieser die Beine in die Hand und rannte, ohne Eis und ohne einen Blick zurück, so schnell er nur konnte. Er bog rechts in die Goethestraße ab, wieder rechts in die Leibnizstraße, dann ein ganzes Stück geradeaus, bis er die viel befahrene Bismarckstraße kreuzte, die zum Kaiserdamm führte und zur Autobahn, auf der man Berlin auch wieder verlassen konnte. Er überlegte für eine Sekunde, wandte sich dann nach links in Richtung Deutsche Oper und betrat den gleichnamigen U-Bahn-Schacht. Von den drei Männern war nichts zu sehen, nichts zu hören und vor allem nichts zu spüren. Vielleicht hatten sie zu viel Kraft zum Laufen. Vielleicht hatten sie ihm sowieso nur einen Schrecken einjagen wollen. Vielleicht mochten sie aber auch einfach gern Stracciatella.

[zur Inhaltsübersicht]
    Tief im Westen
    K uli hatte die Sache entschieden, ohne sich zuvor mit Paul zu beraten. Er hatte die Bernstein-Stuben mit seinem Smartphone gegoogelt und festgestellt, dass die U-Bahn ihn zufälligerweise sowieso in die unmittelbare Nähe gebracht hatte. Nun stand er also davor und betrachtete den Schriftzug, bei dem das erste T und das letzte S über der Eingangstür abgeblättert waren. Er überlegte, ob er Paul vielleicht anrufen oder eine SMS schicken sollte, dann entschied er sich dagegen und betrat die Kneipe, in der Katharina Simunek arbeitete. Wenn sie denn heute überhaupt Schicht hatte. Dichter Qualm empfing ihn, und der Anblick der vergilbten Wände, an denen der Rauch aus Jahrzehnten heftete, brachte ihn augenblicklich zum Husten. Um diese frühe Abendzeit war noch nicht viel los. Zwei wohlbeleibte, ältere Männer saßen auf Hockern am Tresen und hatten jeweils ein Bier und einen Schnaps vor sich stehen. Ihr Gesichtsausdruck verriet, dass das nicht die ersten Alkoholika des heutigen Tages waren. Beide redeten gleichzeitig, irgendwie schon miteinander, doch ohne aufeinander einzugehen. Die Oberkörper bewegten sich nicht, die Füße schienen auf den unteren Holzstreben der Barhocker angetackert, die Stimmen waren laut und aggressiv. Klar, sie mussten sich ja gegenseitig übertönen. An den Tischen war noch viel Platz für Kundschaft, nur vier Leute saßen dort, allesamt Männer, allesamt alleine an jeweils einem Tisch, allesamt mit einem Teller Hausmannskost, einem Bier und ein paar Zigaretten im Aschenbecher vor sich. Aus den Boxen kam Schlagermusik, vielleicht irgendwas von Andrea Berg

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