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Schlecht aufgelegt (German Edition)

Schlecht aufgelegt (German Edition)

Titel: Schlecht aufgelegt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sven Stricker
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aber dankbar entgegen und freute sich. Generell hatte er tatsächlich so etwas wie Spaß, geriet so richtig in Arbeitswut, machte mit den Kunden kleine Scherze, gab sich jovial, kooperativ und aufgeweckt. Wenn er einen Teilnehmer nicht finden konnte, was oft genug vorkam, hatte er immer die passende Ausrede parat und war von solch einer Selbstsicherheit, dass die Kunden die Schuld ganz selbstverständlich bei sich suchten. Polizeipräsidium in Bad Neuenahr-Ahrweiler? Tut mir leid, kein Eintrag. Richtig, das Präsidium befindet sich bestimmt in Meckenheim. Mecken wird geschrieben wie die Zecken? Ich verbinde.
    Paul war da deutlich kürzer angebunden. Er arbeitete wie immer nach seinem persönlichen Lebensmotto Je-schneller-ich-den-nächsten-Idioten-abgearbeitet-habe-desto-eher-sind-keine-mehr-da. Natürlich war das Blödsinn, da gab es bekanntermaßen kein Ende; neben ein paar wenigen normalen Menschen lauerten immer wieder irgendwo neue Flachpfeifen, die der Gott der Zufallsschaltung zielsicher an seinem Arbeitsplatz ausspuckte. Aber man durfte ja wohl noch träumen.
    Es war schon Viertel vor acht, also kurz vor Ende ihrer Schicht, als Paul hingegen ein Gespräch annahm, das aus der Masse der sonstigen Gespräche irgendwie herausragte.
    «Schönen guten Tag, T2-Vermittlung, mein Name ist Paul Uhlenbrock, was kann ich für Sie tun?», fragte er zum ungefähr vierhundertsten Mal. Er hörte das Brummen eines Automotors. Kleinwagen, aber modern, vielleicht ein Mini Cooper, konstatierte er beiläufig. Er hatte wirklich etwas von Sherlock Holmes.
    «Hallo?», sagte er etwas aggressiver. Er schaute sich um. Herr Kletzke war überraschend um 18 Uhr gegangen, die vorläufige Schichtleitung bis zur Übergabe hatte Richard Schiefelbeck übernommen, es bestand also keinerlei Gefahr. Er konnte sich so geben, wie er war.
    «Hallo?», rief eine weibliche und entfernt klingende Stimme. Na toll, eine Freisprechanlage. Das war immer das Schlimmste, dachte Paul, da verstand meistens niemand gar nichts.
    «Hallo!», rief er noch einmal und beschloss, einfach aufzulegen, wenn die Frau jetzt auch noch einmal «Hallo» sagen würde.
    «Sophie Müller», stellte sie sich stattdessen vor. Sie klang gehetzt, natürlich tat sie das, es war ja schon fast 20 Uhr, und wer jetzt noch unterwegs war, der hatte es meist sehr eilig, bald nicht mehr unterwegs zu sein. «Cast-An-Artist», sagte sie dann. «Bitte mal den Head of New Media von Galaxy International in Hamburg, aber schnell, Akku ist gleich alle!»
    So nicht, dachte Paul. Die hatte sie ja wohl nicht alle, was dachte die sich eigentlich? Ihn so zu bombardieren? Mit so absurden, neumodischen Begriffen jenseits des gepflegten Deutschunterrichts? Er hatte zwar alles verstanden, aber das tat hier nichts zu Sache.
    «Castor-Artist? Was?», fragte er genüsslich und konnte sich vorstellen, wie die sicherlich sehr akkurat gezupften Augenbrauen der Business-Frau genervt nach oben schnellten.
    «Hallo, zuhören bitte», kam es wie aus der Pistole geschossen. «Erster Teil: Head of New Media, Sekretariat reicht auch. Zweiter Teil: Galaxy International, Medienkonzern. Dritter Teil: Hamburg, Stadt. Vierter Teil: Akku gleich alle, bitte schnell.»
    Paul tippte und redete. Nach sieben Stunden Schicht war er rhetorisch voll auf der Höhe. «Erstens …», sagte er. «Vereinfachte Angaben für Nichteingeweihte beschleunigen die Suche und schonen den Akku. Zweitens: Die Zentrale von Galaxy International in Hamburg muss reichen, genauere Unterteilungen habe ich nicht. Drittens: Behandeln Sie mich nicht von oben herab, dass das mal klar ist. Möchten Sie die Rufnummer als kostenlose SMS auf Ihr Handy geschickt bekommen oder für 99 Cent verbunden werden?»
    Eine Pause entstand. Kuli warf Paul einen Seitenblick zu, den dieser ignorierte. Paul starrte gebannt auf seine Tastatur. Diese Sophie Müller hatte den Aufschlag gehabt, er hatte einen glänzenden Return gespielt, und zwar die Linie lang, eiskalt. Mal sehen, ob sie den Ball noch erlaufen konnte und ihn zurück ins Feld bekam.
    «Wie war Ihr Name?», fragte sie ohne größere Schärfe. Normalerweise wurde er immer nur nach seinem Namen gefragt, wenn sich jemand beschweren wollte. In diesem speziellen Fall wäre Paul darüber höchst enttäuscht gewesen.
    «Paul Uhlenbrock», antwortete er trotzig. «Ist er aber immer noch, Frau Müller. Und falls Sie sich über mich beschweren wollen, mein Vorgesetzter heißt Kletzke, und ich kann ihn gerne an meinen

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