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Schlechte Gesellschaft

Titel: Schlechte Gesellschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katharina Born
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habe nach Alkohol gerochen sagt sie, und er sei schwarz gewesen.«
    Das Mädchen streckte nun auf Aufforderung der jüngeren Frau einen Fuß nach vorne, der in dem offenen Schuh geschwollen und am Gelenk mit blauen und braunen Flecken übersät war.
    Â»Der Mann war schwarz?« Green atmete auf. Es war kein Vergnügen, einer Truppe vorzustehen, die zur Hälfte aus schwarzen Männern bestand. Es erforderte besondere organisatorische Vorkehrungen, getrennte Unterkünfte und ständige Aufmerksamkeit. Vor späteren Vorgesetzten hinterließ es nie einen guten Eindruck. Tatsache war, dass man es in Washington vorgezogen hatte, schwarze Hilfstruppen zu schicken, als die Franzosen um Verstärkung baten.Eine Entscheidung, die Green durchaus für vernünftig hielt. Aber wenn es ein schwarzer Soldat gewesen war, der bei dem Mädchen eingestiegen war, dann würde es Green zumindest nicht allein angelastet. Dass diese Männer zu Tieren werden konnten, war schließlich allgemein bekannt. Das Militärgericht würde kurzen Prozess machen. Er hätte keine weiteren Schwierigkeiten.
    Â»Rufen Sie den Sergeant, Meyer. Er soll herausfinden, wer von den Burschen aus der Schule gestern Abend nicht auf dem Zimmer war. Sie sollen sich hier melden. Alle. Sofort.«
    Eine unangenehme halbe Stunde lang musste Green in seinem Büro warten. Das Vorzimmer war von den Furien belagert. Er traute sich nicht einmal, auf die Toilette zu gehen. Stattdessen schaute er aus dem Fenster in den im Vergleich zu Idaho geradezu milden Winterhimmel, der sich über dem Tal zu einer einzigen blassen Wolke zusammenzog. Dann tauchte auf dem Dorfplatz endlich der Sergeant mit Private Washington auf, einem schlanken und hochgewachsenen Mann aus Alabama mit breiten Wangenknochen, einer platten Nase und ausladenden Lippen. Der Mann schaute ängstlich, als er an den Frauen vorbei in die Gemeindestube geführt wurde.
    Â»Private Washington. Haben Sie in der vergangenen Nacht Ihre Stube verlassen?«
    Â»Ja, Sir, Lieutenant«, antwortete Washington.
    Â»Warum, Private?«
    Â»Weil ich etwas gegessen habe, das ich nicht vertragen habe, Sir.«
    Â»Wie bitte?«
    Â»Sir, ich habe etwas gegessen und musste vor die Tür gehen, um mich zu übergeben. Ich musste auch die Toilette aufsuchen, Sir.«
    Â»Private Washington. Die Toilette befindet sich innerhalb des Schulgebäudes. Warum haben Sie also die Schule verlassen?«
    Â»Sir, ich habe mich geschämt, Sir.«
    Â»Private Washington. Sind Sie in der vergangenen Nacht bei einem Mädchen eingestiegen und haben ihm Gewalt angetan?«
    Â»Sir, nein, Sir!« Der Mann war entsetzt.
    Â»Sie sind der einzige, der gestern die Schule verlassen hat, Private Washington.«
    Â»Sir, ich habe nichts getan. Ich würde doch niemals … Ich habe etwas gegessen, das ich nicht vertragen habe. Ich habe, äh, ich musste schnell auf die Toilette. Sir!«
    Â»Dass Ihnen schlecht war, tut hier nichts zur Sache. Ich halte fest, dass Sie zugeben, die Schule verlassen zu haben. Meyer, bringen Sie die Frauen rein.«
    Die Frauen kamen diesmal zögerlicher in die Stube. Sie ließen Private Washington nicht aus den Augen. Nur die Kleine hielt den Blick weiterhin auf den Boden gerichtet.
    Â»War er das?«, fragte Green in ihre Richtung.
    Der Dolmetscher übersetzte. Martha sah kurz auf. Unsicher. Die Alte stieß sie an. Sie sagte etwas.
    Â»Sie sagt, der Mann war kleiner und schwärzer, und er war sehr stark«, übersetzte Meyer.
    Â»Schwärzer?« Green war genervt. Schwarz war ja wohl noch immer schwarz. Und Washington war von der eher dunklen Sorte.
    Jetzt sagte die Alte etwas.
    Â»Sie bittet darum, sich den Mann ansehen zu dürfen«, sagte Meyer.
    Private Washington stand sehr aufrecht vor Greens Schreibtisch. Aber als die Alte, bereits nah herangekommen, wieder ihren Schimpflaut ausstieß, schien er all seine Kraft aufbringen zu müssen, um nicht wegzulaufen. Sie strich wie ein schnüffelnder Hund um den Soldaten herum. Dann stellte sie sich plötzlich auf die Zehenspitzen und streckte ihre Hand aus. Mit einem langen Finger strich sie über seine Wange, erst vorsichtig, dann immer fester.
    Alle Anwesenden hielten die Luft an. Washington zitterte, aber er rührte sich nicht. Die Alte führte ihre Hand an den Mund und spuckte hinein, als würde sie einem Kind das Kinn abwischen oder die Haare richten wollen.

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