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Schlechte Gesellschaft

Titel: Schlechte Gesellschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katharina Born
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du mich betrogen? Von wem war dieses Kind?«
    Â»Du bist der Vater.«
    Â»Woher weiß ich, dass es stimmt, was du sagst? Die Kinder könnten jedes von einem anderen sein. Glaubst du, ich hätte nicht gesehen, wie die Männer dich ansehen?«
    Â»Was willst du hören?«
    Â»Sag mir die Wahrheit! Sag mir nur ein einziges Mal die Wahrheit!«
    Â»Du bist der Vater unserer Kinder.«
    Â»Ich glaube dir nicht.«
    Stille.
    Nesselhahn schrie jetzt immer lauter in den Treppenaufgang. »Dieser Kehl schleicht seit Monaten hier herum. Warum eigentlich? Und deine Nachmittage mit Hagis! Hat er dich noch einmal besucht?«
    Â»Hagis ist wie mein Bruder.«
    Â»Hagis ist nicht dein Bruder. Er ist nicht einmal dein Neffe.«
    Â»Du willst die Wahrheit?« Jetzt klang Marthas Stimme wie Metall, das aufeinanderschlägt. »Mein größter Fehler war es, dich geheiratet zu haben, obwohl ich dich nie geliebt habe.« Sie machte eine Pause und fuhr dann sanfter fort. »Aber ich habe dich nicht betrogen. Das zumindest musst du mir glauben. Glaubst du mir, Richard?«
    Nesselhahn sagte nichts mehr. Er ging hinunter in sein Büro und schloss sich für den Rest des Tages ein. Erst am übernächsten Morgen stieg er wieder zum Dachboden herauf. Er reichte kein Essen durch die Klappe, die er zu diesem Zweck in die Tür hatte einbauen lassen. Er begann auch nicht, wie sonst, zu sprechen. Stattdessen schob er, einen nach dem anderen, die Riegel zurück. Die Kinder kreischten. »Nach draußen, nach draußen«, riefen sie abwechselnd, so dass nichts anderes mehr wahrzunehmen war. Nesselhahn drehte sich um und ging langsam, wie in einem dunklen Traum, die Treppe herab.
    Er hörte Martha den Kindern befehlen, sich an der Hand zu nehmen, als sie die Stockwerke herunter zum Ausgang liefen. Er saß an seinem Schreibtisch. Die Schultern ließ er fallen, den Kopf hielt er gesenkt. Die Tür zu seinem Arbeitszimmer hatte er nicht verschlossen. Aber Martha und die Kinder gingen daran vorbei, ohne auch nur auf Wiedersehen zu sagen.

 
    Fünfter Teil
    Â 
    Alexia Gellmann-Vahlen

Im Dom (Juni 2007)
    Wieland hatte den Kragen des Mantels hochgeschlagen. Er lief die Hohe Straße entlang durch die Menge der Kaufenden, Kauenden, an Trinkbechern Saugenden. Der Glitter und die Farben der Schaufenster, das Flackern und Wummern, die Musik in den Ladeneingängen übertönte alle eigenen Geräusche. Der süßliche Geruch von Aufgewärmtem, Ketchup, Zwiebeln und Fleisch umgab die Buden.
    Tagsüber hielt es ihn nicht in der Wohnung. Und so lief er herum, über Bahnhofsvorplätze und Brücken, durch Parkanlagen und Einkaufspassagen, stieg in einen der Züge, spazierte durch fremde, belebte oder ganz verlassene Straßen, immer in Judiths silbrig glänzenden Mantel gehüllt, den er trotz der Sommerhitze mit beiden Händen zuhielt. Ein paarmal schon hatte er gemeint, die Leute sähen ihm hinterher, ein Kind lache ihn aus. Aber es war ihm gleichgültig geworden. Und schon bald hatte er den Mantel auch zum Schlafen nicht mehr ausgezogen.
    Heute Morgen war er in Arlich gewesen, um sich seiner Erinnerungen an die Nachmittage mit Judith zu versichern. Auf der Rückfahrt hatte das vom Wind gebeugte, fahlgelbe Korn durch das verspiegelte Zugfenster des ICE ausgesehen wie geschundener Pelz. Er musste das Gespräch zweier älterer Frauen mit anhören, die hinter ihm saßen. Das entbehre jeglicher, wiederholte die eine immer wieder, entbehre, jeglicher … sie fand das Wort nicht.
    Am liebsten wäre er wieder zu seiner Mutter gefahren. Aber er fürchtete, Kittel könnte ihn dort finden. Er hielt es für zu riskant. Er sagte sich, dass er einen klaren Kopf behalten müsse.
    Noch immer bereute er, dass er den Professor überhaupt angerufenhatte. Aber nachdem Judith ihn verlassen hatte, war in ihm das Bedürfnis aufgekommen, zumindest seinem Doktorvater verständlich zu machen, dass er sich keinesfalls wie ein Dieb mit den Originalpapieren davongestohlen hatte.
    Der Professor hatte zugehört, als er ihm seine Entdeckungen dargelegt hatte. »Das ist in der Tat bemerkenswert«, sagte er schließlich. Wieland hörte, wie Kittel dabei auf einem Bonbon lutschte. »Sie sind da auf sehr interessante Informationen gestoßen.«
    Wieland war überrascht über dieses unerwartete Kompliment.
    Â»Wenn Sie meinen, Judith könnte Sie

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