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Schlechte Medizin: Ein Wutbuch (German Edition)

Schlechte Medizin: Ein Wutbuch (German Edition)

Titel: Schlechte Medizin: Ein Wutbuch (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gunter Frank
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durch die Lebensweise bestimmt.
Durch die rechtzeitige positive Beeinflussung dieser Risikofaktoren lässt sich eine koronare Herzkrankheit vermeiden.
    Die Entdeckung dieser Risikofaktoren bezeichnen die Framingham-Forscher und ihre Nachfolger bis heute als » Meilensteine der Medizin « . Die bekanntesten, die sich seit Framingham durchgesetzt haben, lauten:
Hoher Cholesterinspiegel
Hoher Blutdruck
Rauchen
Ungesunde Ernährung
Bewegungsmangel
Übergewicht
    Wir reden also über nichts anderes als die Geburtsstunde der heutigenVorstellung von einem ungesunden Lebensstil und der wissenschaftlichen Legitimation zahlreicher Kampagnen, die auf dieVermeidung dieser Risikofaktoren zielen. Auf dieser Grundlage stehen heute alle staatlichen Gesundheitsprogramme.
    Doch es gab schon frühzeitig Ärzte, die große Zweifel hegten, ob die Maßgaben von Framingham tatsächlich aus den Messungen der Studie abgeleitet werden konnten. Herbert Immich, einer der Gründungsväter des Faches » Medizinische Statistik « und » Biometrie « und bis 1982 Leiter des gleichnamigen Instituts an der Universität Heidelberg, störte sich daran, dass die statistische Qualität der Zwischenberichte stetig nach unten ging, während die Aussagen als immer unumstößlicher galten. Hatte man 1956 noch zwischen zufällig ausgewähltenTeilnehmern und Freiwilligen unterschieden und die Einteilung der Altersklassen in 5-Jahres-Abständen vorgenommen, erfasste man 1958 die Altersklassen nur noch in Abständen von 10 bis 20Jahren. Der Zwischenbericht 1960 vereint alleTeilnehmer ohne Rücksicht auf Alter und Geschlecht in einem großen Block, darunter auch die Freiwilligen. So repräsentiert aber dieTeilnehmergruppe nicht mehr die Gesamteinwohnerschaft Framinghams, und dieTreffsicherheit der Stichprobe wird ohne Not verwässert. Nichtsdestotrotz wird im Zwischenbericht von 1960 behauptet: » Durch frühzeitiges Erfassen der Gefährdeten und Beeinflussung der Lebensweise lassen sich Häufigkeit und Sterberisiko der koronaren Herzkrankheit wahrscheinlich senken. «
    Doch sollte man, wie Sie seit unserer NaFu-Studie wissen, mit einer solchen Aussage vorsichtig sein, wenn man keine Interventionsstudie wie NaFu - 2 durchgeführt hat. Die Framingham-Studie ist eine reine Beobachtungsstudie wie NaFu - 1. Es wurden keine Lebensstiländerungen initiiert und deren Auswirkungen gemessen.
    Ein weiterer Kritikpunkt Herbert Immichs bezog sich darauf, dass die Autoren ihre Aussagen mit derVeränderung des relativen Risikos begründeten, mit dem sich, wie wir gesehen haben, sehr einfach großeWirkungen vortäuschen lassen, die inWirklichkeit nutzlos sind. Die Framingham-Studie war die erste große wissenschaftliche epidemiologische Studie und in meinen Augen auch gleich die erste, bei der mit dieserVerschleierungstaktik gearbeitet wurde. Man veröffentlichte relative Risiken, während die Originaldaten nicht genannt, ganze Messreihen nicht erwähnt wurden. Herbert Immich suchte nach den Originaldaten und fand sie 1987 bei seinem Schüler Martin Schumacher. Der heutige Professor und Direktor des Instituts für Medizinische Biometrie und Medizinische Informatik an der Universität Freiburg brachte aus seiner Zeit in den USA Kopien der Originaldaten mit.
    Immich überprüfte die Ergebnisse der Framingham-Studie und schrieb ein Buch darüber, das er im Eigenverlag unter demTitel Paradigma Epidemiologie veröffentlichte. Darin überführt er die Macher der Studie zahlreicher Fehler und Manipulationen. Schauen wir uns einmal die Risikofaktoren genauer an, die seit Framingham unsereVorstellung von Gesundheitsgefährdung dominieren, angefangen bei den Aussagen über Cholesterin.
    Meilenstein Cholesterin
    Ein erhöhter Cholesterinwert wird in der Bevölkerung auch heute noch als die Hauptursache von Herzinfarkt und Schlaganfall angesehen. Fettarme Ernährung und medikamentöse Cholesterinsenkung gelten als der wichtigste Schutz vor diesen Erkrankungen. Doch hierbei handelt es sich für mich um nichts anderes als die betriebswirtschaftlich erfolgreichste Irreführung in der Geschichte der Menschheit. IhreWurzeln liegen in der Framingham-Studie.
    Mitte des 19.Jahrhunderts fanden Forscher an Ablagerungen (Plaques) in den Blutgefäßen den Naturstoff Cholesterin. Cholesterin ist ein wichtiger Baustoff unzähliger Körperstrukturen wie Zellwände, Gehirn, Hormone. Der Körper lässt Cholesterin im Blut zirkulieren, damit es dort, wo es benötigt wird, vorhanden ist.Weil also Cholesterin

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