Schlechte Medizin: Ein Wutbuch (German Edition)
die Kollegin auf mich zu und sagte: » Sie werden schon noch sehen, wenn Sie Krebs bekommen, dass ich recht habe. « Man kann sich leicht ausmalen, welche psychologischen Auswirkungen solche Aussagen dann in einer ärztlichen Sprechstunde auslösen.
Der Anschlag auf das Urvertrauen
Ob jemand schnell besorgt ist und sich einschüchtern lässt, ist genetisch festgelegt. Die Neigung zum Dünnhäuter ist also angeboren. Aber das heißt nicht, dass wir dem unser ganzes Leben lang ausgeliefert sind.Wenn Kinder mit einer solchenVeranlagung in einer Umgebung aufwachsen, die ihnen Zuversicht vermittelt und Mut zuspricht, und zwar genau dann, wenn sie es brauchen, dann legt sich quasi um die genetischen Strukturen, die überschnell mit Stress reagieren, eine Art Schutzmantel. Zumindest ist dies inTierversuchen so erforscht worden. Dieser Schutzmantel ist so etwas wie die Materialisierung von Urvertrauen. Also genau dann, wenn das Kind den Selbstzugang öffnet, indem es emotional reagiert, mit Ängstlichkeit undTränen, ist es wichtig, dass es auf Personen trifft, die es ebenfalls mit geöffnetem Selbstzugang, also glaubwürdig und authentisch, in den Arm nehmen und trösten: » Mach dir keine Sorgen, es ist doch gar nicht schlimm, ich stehe hinter dir. « Diese Kindheitserfahrungen werden ebenfalls im Erfahrungsgedächtnis abgespeichert und stehen dem Kind später als Erwachsenem als unterstützende Ressource zurVerfügung.Wenn diese Person später unter Druck gerät, kann sie diese unterstützenden Gefühle abrufen, man nennt dies die Fähigkeit zur Selbstberuhigung. Selbstberuhigung wirkt entspannend auf unser vegetatives Nervensystem und damit positiv auf die Gesundheit, wie Kuhl und seine Mitarbeiter beeindruckend messen konnten. Der Ruhenerv kommt endlich wieder in Fahrt, und es entsteht ein Zustand, in dem auch Eigenheilungsprozesse unterstützt werden . 11
Leider ist auch das Gegenteil möglich.Wenn Kindern ständig vermittelt wird, dass sie sich Sorgen machen müssen, weil sie in einem ungesunden Körper stecken, ihr Appetit ihr Feind ist, sie minderwertig sind, weil sievieles falsch machen, dann werden sieVerknüpfungen im Gehirn anlegen, die die Neigung zu Ängsten sogar noch verstärken. Sind diese Kinder dünnhäutig, werden sie als Erwachsene besonders große Probleme haben, sich nicht von Angstkampagnen anstecken zu lassen. Falls reale Gefahren vorliegen, müssen wir natürlich in der Lage sein, unser Angstsystem zu aktivieren, um mit gezieltem Blick Gefahren rechtzeitig erkennen zu können. Aber eben nur dann, wenn die Gefahr real und schwerwiegend ist. Das müssen auch Kinder lernen. Aber dort, wo die Gefahren hochspekulativ und rein virtuell sind, besteht die Gefahr, dass dadurch unsere Fähigkeit zur Selbstberuhigung beschädigt wird. Und genau das bewirken die allermeisten Gesundheitsprogramme. Fast alles, was heute auf diesem Gebiet von Krankenkassen, Politik, Stiftungen, Medizin auf Kinder losgelassen wird, ist ein unverantwortlicher Anschlag auf die seelische Gesundheit unserer Kinder, mit denen sie noch als Erwachsene zu kämpfen haben werden.
Die Argumentation, man wolle ja schützen und vermittle solche Inhalte spielerisch und positiv im Kindergarten, greift nicht. Es ist gut erforscht, dass solcheVermeidungsziele genau dieVerknüpfungen im Gehirn aufbauen, die sie eigentlich vermeiden wollen. Nehmen Sie sich zum Beispiel fest vor, sich bei einer Rede nicht zu versprechen, erhöhen Sie dieWahrscheinlichkeit, dass genau das passiert. Oder: Denken Sie jetzt einmal bitte nicht an einen weißen Elefanten. Natürlich tun Sie es.Wenn man Ihnen zum Beispiel empfiehlt, Sport zu machen, um Herzinfarkt und Krebs zu vermeiden, dann werden die Ängste vor Herzinfarkt und Krebs in unserem Gehirn mit Sport verknüpft, und die Lust, Sport zu treiben, sinkt. Und so ist das, was bei Kindern aus all den Ernährungs-, Gewichts- und Bewegungsschulungen hängen bleibt, Folgendes: Essen ist eine Gefahr, Übergewicht ist asozial, sitzen statt joggen macht krank.Wen wundert es eigentlich noch, dass die Rate an selbst durchgeführten Diäten und Essstörungen im Kindesalter ständig steigt? Es gibt sogar Krankheitsbilder wie Orthorexia nervosa, bei der Jugendliche Angst vor ganz normalem Essen entwickeln. Eine Folge der von Krankenkassen finanzierten Ernährungsprogramme, von der dann junge Menschen wieder perTherapie befreit werden müssen. Selbstverständlich ebenfalls auf Krankenkassenkosten.
Gesundheitsbewusstsein
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