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Schlechte Medizin: Ein Wutbuch (German Edition)

Schlechte Medizin: Ein Wutbuch (German Edition)

Titel: Schlechte Medizin: Ein Wutbuch (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gunter Frank
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Eltern verantwortlich gemacht. Denn sie hätten schließlichVorbildfunktion. Der Markt für Abnehmbücher boomt schon lange, doch jetzt kommen noch Abnehmratgeber für Eltern angeblich zu dicker Kinder dazu.
    Und die Sorge, dass die eigenen Kinder mollig werden könnten, hat inzwischen nicht nur vermeintlich gesundheitliche, sondern immer öfter auch soziale Gründe. Immer mehr mollige und dicke Erwachsene erhalten aufgrund ihres Gewichts Berufsverbot. So ist es zum Beispiel üblich, Lehramtsanwärter nach einem erfolgreichen Referendariat trotz bester Noten nicht als Lehrer zu verbeamten, wenn ihr BMI über 30kg / m 2 liegt. Doch auch andere Beschäftigte im öffentlichen Dienst, von der Polizei bis zu den Universitäten, haben reale Nachteile, wenn sie als zu dick eingeschätzt werden. Und das, obwohl sie gesund und leistungsfähig sind. Politiker fordern, dass Dicke Hüftoperationen in Zukunft selbst bezahlen sollen. Dabei sind es vor allem ehemalige Freizeitfußballer, die im Alter an chronischen Gelenkschäden leiden.Würden Politiker hier finanzielle Opfer fordern, wäre die Hölle los, aber auf Kosten von Molligen darf man sich so etwas erlauben.
    Es ist heute leider auch völlig normal, dass Übergewichtige, wenn sie zum Beispiel wegen Rückenschmerzen zum Arzt gehen, als Erstes zu hören bekommen: » Nehmen Sie erst mal ab, dann verschreibe ich Ihnen Schmerztabletten. « Ich kenne einen Fall, wo eine Patientin wegen ihrer Fettleibigkeit in der Kirche keine Fürbitten vorlesen durfte. Es ist völlig normal, dass schlanke Klassenlehrerinnen Eltern von molligen Kindern anrufen, sie unter Generalverdacht stellen, dass sie ihre Familie nur mit Fastfood ernähren und vor dem Fernseher sitzen. Alles Fälle aus meiner Arztpraxis, also einer von vielen.
    Und die Diffamierung geht weiter. Die Deutsche Presse-Agentur (dpa) bringt Meldungen, dass Übergewichtige schuld am Klimawandel seien, weil sie zu viel Auto fahren. Ich weiß von Unternehmen, die den BMI ihrer Mitarbeiter bei Stellenbesetzungen berücksichtigen. Mir steht kein jüngererVorstandschef eines amerikanischen Unternehmens vor Augen, der deutlich übergewichtig wäre, und diese Entwicklung werden auch deutsche Chefs als » Vorbilder « nehmen.Warum?Wenn ein Unternehmen einen dicken Chef hat, beweist es, dass es undiszipliniert und charakterschwach geführt wird. Doch dabei wird es nicht bleiben.
    Übergewichtige sind für die Gesellschaft eine Gefahr, weil sie unser Gesundheitssystem mit Milliardenkosten für durch Übergewicht bedingte Krankheiten belasten werden. DieTatsache, dass es für diese Behauptung keine belastbaren Daten gibt, ändert nichts daran, dass es ständig behauptet wird. Doch es geht noch weiter. Neuesten Erkenntnissen der Forschung zufolge stellen Übergewichtige für jeden einzelnen Bürger eine Bedrohung dar. Man nennt diesen neuen Forschungszweig soziale Kontamination (Ansteckung). Harvard-Forscher wollen anhand der Framingham-Daten errechnet haben, dass derjenige, der sich häufiger mit dicken als mit schlanken Menschen umgibt, selbst dick wird. Das ist kein schlechterWitz.Wie ernst man das meint, deutet der Harvard-Mediziner Nicholas Christakis an: » Manchmal genügt es, dass der Freund eines Freundes meines Freundes zunimmt – ich nehme dann mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit ebenfalls zu. Ich muss dafür gar nicht wissen, dass der Freund meines Freundes fett geworden ist. Irgendwie teilt sich mir mit, dass mein Freund tolerant genug ist, die Fettsucht in seinen Kreisen hinzunehmen. Damit hat sich verändert, was in meinem Netz als akzeptabel gilt. Und das verändert auch mich.« Wie man unter Missachtung statistischer Grundregeln aus Studien genau das herauslesen kann, was man möchte, haben wir bereits besprochen.Wir reden über eine unglaubliche wissenschaftliche Entgleisung, aber die Presse nimmt so eine Botschaft gerne auf. Die Schlagzeile lautet: Fettsucht ist ansteckend.
    Was wird daraus abgeleitet? Übergewichtige Menschen widersetzen sich hartnäckig dem allgemein akzeptierten Gesundheitskonsens, sonst wären sie ja nicht dick. Sie handeln umso verantwortungsloser, da sie nicht nur der Staatskasse schaden, sondern auch direkt ihren Mitmenschen, die sich unbedarft mit ihnen einlassen oder gar anfreunden.Vielleicht sollten sich Eltern in Zukunft überlegen, ob sie ihre Kinder mit molligen Spielkameraden überhaupt noch spielen lassen, insbesondere, wenn deren Eltern ebenfalls mollig sind. Oder was werden Eltern tun,

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