braunen Hundeaugen erzählten von Schlägen, wenig Futter und harten Worten.
»Armer Kerl«, entfuhr es mir.
Zaghaft wedelte Diavolo mit seinem Stummelschwanz. Ich bekam plötzlich Mitleid mit diesem Höllenhund. Im Liegen sah er auch weniger bedrohlich aus. Vorsichtig streckte ich die Hand aus und streichelte leicht über seinen schwarzen Kopf. Das Fell fühlte sich überraschend weich an, wie eine Mütze aus Samt.
»Hast du den in Weichspüler gebadet?«, fragte ich Grover, während Diavolo jetzt so heftig wedelte, dass die ganze hintere Hälfte des Hundes in Bewegung geriet. Als ich anfing ihn hinter den Ohren zu kraulen, schloss er genießerisch die Augen und rollte sich dann auf den Rücken. Den Bauch nach oben, alle Viere in die Luft gestreckt, bettelte dieses Monstertier um Streicheleinheiten. Offensichtlich war ihm wirklich nicht klar, wie furchterregend er auf den ersten Blick wirkte.
»Diavolo mag dich«, sagte Grover.
Als ich überrascht aufblickte, sah ich, wie er mich eindringlich musterte. Das war mir unangenehm, es machte mich verlegen. Ich zog die Hand hinter Diavolos samtigen Ohren hervor und klopfte sie an meiner Jeans ab. »Naja, ich muss dann auch mal wieder …«, sagte ich hastig.
Aber ehe ich mich vom Acker machen konnte, erwischte mich Grovers Frage: »Sag mal, Lila, ignorierst du generell Mails von Schüvizett – oder nur meine?«
Mist, dachte ich, denn genau das hatte ich mit meinem schnellen Abgang vermeiden wollen: dass Grover mich fragte, wieso ich ihm bisher nicht geantwortet hatte. Weder wollte ich mich rechtfertigen, noch erklären, warum mir einfach nicht danach war, mit ihm was trinken zu gehen. Und er sollte schon gar nicht erfahren, wieso ich mich eigentlich bei schülerVZ angemeldet hatte. Nicht um zu chatten oder lustige Fotos auszutauschen – ich wollte endlich wissen, was Vio dort gemacht und warum sie plötzlich ihr Profil gelöscht hatte.
Dummerweise kam ich jetzt um eine Antwort nicht herum und daher stotterte ich etwas von »keine Zeit gehabt« und »musste viel für die Schule tun«.
Grover kommentierte meine Ausflüchte nur mit einem Hochziehen seiner Augenbrauen und auch Diavolo hatte sich erhoben und saß mit fragend gespitzten Ohren da. Ich fühlte mich den beiden gegenüber sofort schuldig. Auch wenn der eine nur ein Hund war. Hastig blickte ich auf meine Uhr und zog die »Ach, du meine Güte, schon so spät und noch so viel Hausaufgaben zu erledigen«-Nummer ab.
Mit einem vagen »Man sieht sich …« ließ ich Diavolo samt seinem Hundesitter stehen.
Zu Hause blinkte in meinem schülerVZ-Account die Meldung, dass eine neue Mail eingegangen war. Ich verdrehte die Augen. Wenn das wieder so ein Schwachmat war, der mich anfunkte, damit ich mich auf seiner Pinnwand verewigte oder ihm Fotos schickte, würde ich, ohne zu zögern, von der »Ignorieren«-Funktion Gebrauch machen. Seufzend klickte ich auf »lesen«:
Von:
[email protected] An:
[email protected] Betreff: hi
Hi, »Schlehenherz«,
weiß zwar nicht, wie du auf den Nickname gekommen bist, gefällt mir aber
☺
, genau wie dein neuer Look – sieht fast aus wie im Film »Das fünfte Element«. Kennst du nicht? Ich hab die DVD – wenn du morgen um 15 h ins »Azúcar« auf ’ne Cola kommst, leihe ich sie dir.
Till
Ich starrte auf den Computerbildschirm, bis die Buchstaben vor meinen Augen verschwammen. Till schrieb mir eine Mail? Und schlug sogar ein Treffen vor? Ärgerlich spürte ich, dass mein Herz schneller schlug und meine Wangen verdächtig heiß geworden waren. Garantiert hatte mein Gesicht die Farbe einer roten Ampel angenommen – nur gut, dass ich alleine in meinem Zimmer saß und niemand sah, wie mich Tills Zeilen aus der Fassung brachten.
Noch vor ein paar Wochen hätte ich alles darum gegeben, wenn er sich für mich interessiert hätte. Vor Vios Tod. In meiner Magengegend fühlte ich einen Stich. Warum wollte Till sich plötzlich mit mir treffen? Weil ich ihn mit meinen roten Haaren und Vios Klamotten an sie erinnerte? Oder – und dieser Gedanke verursachte mir schlagartig Gänsehaut – hatte Till am Ende doch etwas mit ViosVerschwinden zu tun und wollte nun herauskriegen, ob ich etwas darüber wusste?
Meine Finger schwebten über der Computertastatur – sollte ich auf »Löschen« oder »Antworten« drücken? Doch dann wurde mir klar, dass ich keine Wahl hatte: Wenn ich Vios Tod aufklären wollte, durfte ich mich nicht feige verkriechen. Ich musste Till aus der