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Schleich di!: ...oder Wie ich lernte, die Bayern zu lieben

Schleich di!: ...oder Wie ich lernte, die Bayern zu lieben

Titel: Schleich di!: ...oder Wie ich lernte, die Bayern zu lieben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Wiechmann
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nachkamen und so für freie Stunden, wenn nicht sogar Tage für mich und Francesca sorgten. Die Zeit allein ohne Kind fehlte uns. Kein Wunder, dass Max Francesca mit der Aussicht auf ein kinderloses Wochenende sofort rumgekriegt hatte. Wann hatte er überhaupt angerufen? Arbeitete der Mann eigentlich auch mal was? Wie um alles in der Welt schaffte er es immer, alles so schnell organisiert zu kriegen? Und wieso wurde ich nicht einmal gefragt, was ich von der ganzen Sache hielt? Ich meine, ich hatte diesmal nicht einmal die Gelegenheit gehabt Nein zu sagen. Weil ich erst gar nicht wirklich gefragt worden war.
    »Du, was ist eigentlich eine Gaudi?«, riss Francesca mich aus meinen Gedanken.
    »Hat Max dir das gesagt?«
    »Ja, er meinte, dass wir mit seinen Freunden sicher eine Riesen-Gaudi haben werden.«
    Riesen-Gaudi? Mir hatte Max nur eine Gaudi versprochen. Offensichtlich hatte er bei Francesca gleich noch ein paar Scheite mehr ins Feuer gelegt als bei mir. Damit sein Plan nicht noch im letzten Moment erstickte. Offensichtlich mit Erfolg.
    »Ähm, ich glaube bei einer Riesen-Gaudi handelt es sich um einen exorbitanten Spaß.«
    »Ach, wie schön.«
    Ich war mir nicht sicher, ob die Begriffe »schön« und »Oktoberfest« wirklich zusammengehören. Was, bitte, war an Blasmusik, Komasäufern, Maßkrugschlägereien, Menschengedränge und Wucherpreisen schön? Der Ruf, der dem größten Volksfest der Welt vorauseilt, ist ein derber. Jeder kennt die Bilder von Männern, die schlafend hinter einem Zelt in ihrem eigenen Erbrochenen sitzen oder die, weil sie es nicht mehr bis zur Toilette schaffen, es einfach mal an Ort und Stelle laufen lassen. Meine Vorstellung von »schön« war eine andere. Und ich beging den Fehler, sie zwei Tage später mit Max und ein paar Kollegen in der Redaktion zu diskutieren. Irgendwie waren wir auf das Thema Bierzelt gekommen, und Max hatte eine abschätzige Bemerkung meinerseits zum Anlass genommen, ein wenig über die Bedeutung des Bierzeltes fürs bayerische Gemüt zu fabulieren. Diese ist nämlich eine ungeheure.
    »Des Bierzelt, des is net einfach a Zelt, des is a Halle zur Bildung der Gefühle! So wie der Kaiser von China eine hatte.«
    Halle zur Bildung der Gefühle? Das hatte ich doch schon mal gehört? Genau. Frau Pschierer hatte davon erzählt, als sie uns ihre Fotos von der Verbotenen Stadt gezeigt hatte.
    »Entschuldige mal, wenn ich es richtig in Erinnerung habe, dann war die Halle zur Bildung der Gefühle der Tempel in der Verbotenen Stadt, in den der Kaiser ging, wenn er allein sein wollte.«
    »Wos für an armer Mo«, meinte Willy.
    »Ja, wahrscheinlich is des auch der Grund, warum die Chinesen koanen Kaiser mehr haben«, meinte Max schulterzuckend.
    »Ist das nicht ein bisschen weit hergeholt … mit dem Bierzelt … also, ich weiß nicht so recht … ich mein, du sitzt mit tausenden lärmenden Leuten in einem muffigen Zelt, um dich herum sind die meisten Menschen nicht mehr zurechnungsfähig, weil sie vollkommen betrunken sind, die ganze Zeit werden Humda-dumbda-Schlager gegrölt, und dann darfst du auch noch freiwillig für einen Liter Bier neun Euro zahlen! Also ich find das nicht besonders gefühlvoll.«
    Max und die anderen schauten mich an, als hätten sie Elisabeth, die Königin von England, nackt gesehen. Es dauerte eine Weile, bis Max seine Fassung wiedergewonnen hatte.
    »Bist deppert?«
    »Wieso? Meiner Meinung nach ist das Oktoberfest nichts weiter als ein primitives Saufgelage. Opium fürs Volk. Ein ganz klarer Fall von Massenverdummung! Und entschuldige bitte, dass mir mein Verstand zu schade ist, um ihn in Bier zu ersäufen!«
    »Also doch, er ist deppert!«, sagte Peter. Und im Gegensatz zu sonst waren alle Kollegen ausnahmsweise seiner Meinung. Max murmelte noch etwas wie »einmal Saupreiß immer Saupreiß« und dass bei mir Hopfen und Malz verloren seien. Den Rest des Tages wurde ich wie ein Aussätziger behandelt. Sollten sie ruhig. Ich war stolz darauf, kein mit der Masse blökendes Schaf zu sein, das »hurra« schreit, weil alle anderen es ebenfalls tun.
    Es lässt sich nicht genau sagen, ob das Münchner Oktoberfest mehr Ehen in Stadt und Land gestiftet oder auseinandergebracht hat. Die Kollegen erklärten mir, dass es drei verschiedene Formen des Wiesnbesuchs gäbe, die allesamt ihre eigenen Tücken hätten und bestimmten Regeln folgten: Da wäre erstens der Wiesnbesuch mit der Firma, zweitens der Besuch mit der Familie und drittens noch der Wiesnbesuch

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