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Schleichendes Gift

Schleichendes Gift

Titel: Schleichendes Gift Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Val McDermid
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besonders viel zusammen. Ich hab ihn nie mit einem Mädchen gesehen, jedenfalls nicht in letzter Zeit. Er hat auch ziemlich hart gearbeitet, einige neue Verträge abgeschlossen. Viele Besprechungen und so weiter. Er hatte also eigentlich keine Zeit für eine neue Freundin, oder?«
    »Und er hat nie etwas gesagt?«
    Sanjar schüttelte den Kopf. »Nein. Überhaupt nichts.« Er sah auf seine Uhr. »Hören Sie, ich muss gehen. Ich habe meinem Vater versprochen, bald zurück zu sein.« Er stand auf und streckte Tony die Hand hin. »Ich danke Ihnen, dass Sie mir zugehört haben. Aber ich glaube, das werden wir niemals begreifen.«
    Tony suchte in seinen Taschen, bis er endlich eine Geschäftskarte fand. »Hier steht, wie Sie mich erreichen. Rufen Sie mich an, wenn Sie reden wollen.«
    Sanjar steckte sie mit einem Ausdruck ein, der einem richtigen Lächeln bisher noch am nächsten kam. »Nichts für ungut, aber ich glaube, ich brauche keinen Psychiater.«
    »Ich bin kein Psychiater. Nicht in der Art, wie Sie sich das vorstellen. Ich lasse keine Leute auf meiner Couch von ihrer unglücklichen Kindheit erzählen. Dabei langweile ich mich zu leicht. Ich suche nach praktischen Anwendungsmöglichkeiten der Psychologie in meiner Arbeit. Oft weiß ich nicht, welche das sein werden, bis es so weit ist. Ich kitte gern alles, was zu Bruch gegangen ist, Sanjar.«
    Der jüngere Mann lächelte und griff nach dem Kuli und dem Notizblock neben dem Computer. Er kritzelte etwas darauf und legte ihn wieder auf den Tisch. »Meine Handynummer, ja? Rufen Sie mich an, wenn Sie reden wollen. Ich finde schon raus.«
    Tony sah ihm nach und war zutiefst beunruhigt. Wie Sanjar gesagt hatte, die gleichen Gene, die gleiche Erziehung. Wenn Yousef Aziz seinem Bruder auch nur irgendwie ähnlich gewesen war, konnte sich Tony nicht vorstellen, wie es dazu hatte kommen können, dass er fünfunddreißig Menschen in die Luft gesprengt und ins Jenseits befördert hatte. Er wollte dringend seine Beiträge zu diesem Blog lesen. Aber vorher sollte er wohl besser ins Krankenhaus zurückkehren, bevor sie dort die Polizei anriefen. Carol wäre davon wirklich begeistert.

    Kevin vermutete, dass Nigel Foster es während seiner eigenen Schulzeit niemals zum Rektor der Harriestown High School gebracht hätte. Der Mann, der damals die Verantwortung trug, hatte die Statur eines Rugbystürmers und eine Stimme wie ein Nebelhorn gehabt. Foster war groß und mit Anfang vierzig schon leicht vornübergebeugt. Sein Polohemd und seine Jeans schlotterten um seinen dünnen Körper. Sein Kopf und Nacken waren ausgezehrt wie bei einem erschöpften alten Mann. Aber sein Gesichtsausdruck war lebhaft, die Augen hell und wach. Er hatte vorgeschlagen, dass sie sich bei ihm zu Hause treffen sollten, aber Kevin hatte die HH ganz aus der Nähe und persönlich sehen wollen. Foster hatte eingewendet, dass es zu umständlich sei, die Sicherheitsanlage außer Betrieb zu setzen, also hatten sie einen Kompromiss geschlossen und sich auf die klapprige Holztribüne geeinigt, von der aus man den Fußballplatz überschauen konnte.
    Kevin ergriff eine Welle der Sehnsucht nach den alten Zeiten. Er hatte sehr schöne Stunden auf diesem Rasen verbracht und konnte sich noch an manche der Spiele erinnern. »Ich habe sehr gern hier gespielt«, erzählte er. »Nicht viele Schulen hatten eine richtige Zuschauertribüne wie diese. Da konnte man fast glauben, es ginge um ein echtes Spiel.«
    »Sie soll leider bald abgerissen werden«, sagte Foster mit angenehmer Tenorstimme und Spuren eines walisischen Akzents. »Das Amt für Arbeitsschutz und Unfallverhütung. Es sei zu teuer, die Brandschutzmaßnahmen durchzuführen, die notwendig wären.«
    Kevin lächelte zynisch. »Wir verhätscheln sie heutzutage viel zu sehr.«
    »Wir haben eine Kultur von Schuldzuweisungen und Prozessen entwickelt«, meinte Foster. »Aber ich sollte nicht Ihre Zeit verschwenden. Wie kann ich Ihnen bei Ihren Untersuchungen helfen, Sergeant?«
    Kevin kam dies wie ein leiser Tadel vor, dass er die kostbare Zeit des Rektors an einem Sonntag in Anspruch nahm. »Drei Männer sind in letzter Zeit an verschiedenen giftigen Substanzen gestorben. Wir glauben, die Fälle könnten zusammenhängen, und eine der Verbindungen zwischen ihnen besteht darin, dass sie alle ehemalige Schüler dieser High School sind.«
    Überraschung huschte über Fosters Gesicht. »Von Robbie Bishop wusste ich das natürlich. Aber gab es auch andere?«
    »Sie haben die

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