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Schleichendes Gift

Schleichendes Gift

Titel: Schleichendes Gift Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Val McDermid
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»An der Stelle muss ich doch sagen: ›Geht in Ordnung, bei der Untersuchung eines Mordfalls ist nichts persönlich‹?«, fragte Bindie mit einem leidlichen amerikanischen Akzent.
    Carol fand, darauf gab es keine leichte Antwort. »Ich glaube, es geht eher darum, dass es bei den Ermittlungen zu einem Mord nichts Privates gibt. Wir müssen alles über die Opfer herausfinden, selbst wenn es sich als vollkommen irrelevant erweist. Wir sind keine Voyeure, sondern versuchen nur, gründlich zu sein.« Sie verpasste sich selbst insgeheim einen Rüffel. »Tut mir leid, das klang jetzt ziemlich oberflächlich. War nicht so gemeint. Ich erwähnte schon meinen Kollegen, den Psychologen. Er erinnert mich immer daran, dass man über das Mordopfer nie zu viel wissen kann. Ich hoffe also, Sie werden mir verzeihen, wenn sich das jetzt wie Neugier ausnimmt.«
    »Ist schon gut. Ich verstecke mich ein bisschen hinter Frivolität. Legen Sie los mit Ihren Fragen, ich werde nicht beleidigt sein.«
    Carol holte Luft. Prüderie brachte in dieser Sache nichts. »Mochte Robbie Analverkehr?«, fragte sie.
    Ein überraschtes prustendes Lachen war am anderen Ende zu hören. »Robbie? Robbie sollte sich von hinten nehmen lassen? Sie machen wohl Witze. Ich versuchte ihn zu überreden, aber er war total überzeugt, dass ein heterosexueller Mann, der Pegging mag, insgeheim schwul ist.«
    »Pegging?« Neben Bindie kam sich Carol sehr alt und realitätsfremd vor.
    »Sie wissen schon. Wie in dem Video Bend Over Boyfriend . Es seinem Kerl mit einem Dildo besorgen. Das nennt sich Pegging.«
    »Ich hab den Begriff noch nie gehört.«
    »Das kommt davon, wenn man oben im Norden wohnt«, sagte Bindie. Es war scherzhaft gemeint, aber Carol kam sich trotzdem hoffnungslos provinziell vor. »Mein Ex, der Typ, mit dem ich vor Robbie zusammen war, mochte das wirklich. Ich habe noch den Strap-on und verschiedene Dildos und das ganze Zubehör. Ich habe versucht, Robbie dafür zu begeistern, aber ehrlich, man konnte denken, ich hätte vorgeschlagen, wir sollten rausgehen und es mit herumstreunenden Hunden treiben. Er konnte nicht einmal einen Finger im Hintern leiden, wenn wir zusammen waren.«
    »Wir haben in seinem Nachttisch einen Butt Plug gefunden«, berichtete Carol ganz sachlich.
    Einen Moment herrschte Stille. »Das ist meiner«, erwiderte Bindie. »Geht in Ordnung, ich will ihn nicht zurückhaben.«
    »Alles klar«, meinte Carol. »Danke, dass Sie so offen waren.«
    »Kein Problem. Also, was war jetzt die persönliche Frage?« Bindie stieß ein bitteres Lachen aus. »Sorry. Ich sagte Ihnen ja, dass ich frivol bin. Warum wollen Sie wissen, was Robbie im Bett gern hatte?«
    »Tut mir leid, ich kann Ihnen keine Einzelheiten zu einer laufenden Ermittlung geben«, entschuldigte sich Carol, der jedoch klarwurde, dass sie sich bei Bindie auch revanchieren sollte. »Wir ermitteln in mehrere Richtungen. Aber ich bin ehrlich, es ist ein langsamer Prozess.«
    »Die Zeit ist nicht wichtig, Chief Inspector«, sagte Bindie, die nun ganz ernst klang. »Wichtig ist, dass der Scheißkerl, der das getan hat, erwischt wird.«

    Imran öffnete und schloss noch einmal die Schubladen in seinem Zimmer. Das war schon das fünfte Mal, schätzte Yousef. »Jetzt musst du doch endlich alles haben, Mann«, drängte er. »Du hast doch schon tausend Mal nachgesehen.«
    »Du hast leicht reden. Ich will nicht zum Flugplatz kommen und peng – kein iPod! Oder auf Ibiza landen und merken, dass meine besten Nikes noch hier unterm Bett stehen, weißt du, was ich meine?« Imran legte sich auf den Boden und fuhr mit einem Arm unters Bett.
    »Wenn du deinen Arsch nicht in Bewegung setzt, kommst du überhaupt nicht zum Flugplatz«, versetzte Yousef. »Schließlich hast du einen klapprigen Lieferwagen und kein Batmobil.«
    »Und schließlich heißt du nicht Jeremy Clarkson und schreibst nicht in allen Zeitungen über Autos, lieber Cousin.« Imran war wieder aufgestanden. »Okay, alles fertig.« Er zog den Reißverschluss seiner Reisetasche zu, sah aber immer noch etwas unsicher aus und klopfte auf seine Taschen. »Pass, Geld, Ticket. Gehen wir los!«
    Yousef folgte Imran die Treppe hinunter und wartete geduldig, bis er sich von seiner Mutter verabschiedet hatte. Man könnte meinen, dass er eine dreimonatige Treckingtour durch die Antarktis anträte, statt für drei Gratisnächte nach Ibiza zu fliegen. Endlich hatten sie das Haus verlassen. Imran warf Yousef die Schlüssel für den Lieferwagen

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