Schleier des Herzens (German Edition)
heißen Dampfes um ihren Körper strichen. Doch dann fuhr sie auf.
Das war es! Das Dampfbad! Es wurde früh morgens von Sklaven aufgeheizt und alle paar Stunden kontrolliert. Wenn Beatriz es nutzte, musste es gerade bereit sein, wahrscheinlich noch heißer als jetzt, mehr als einige Minuten hielt man kaum darin aus. Zarah lächelte. In ihr wuchs ein teuflischer Plan ...
Beatriz liebte die Morgenstunden im Bad. Sie musste sich eingestehen, dass es in Kastilien kaum Genüsse gab, die der ausgeklügelten Badekultur der Mauren vergleichbar waren. Besonders das Dampfbad war ein raffinierter Einfall, den sie gerade jetzt, im Winter, zu schätzen wusste.Freilich war Al Andalus auch in den Wintermonaten mit günstigem Klima gesegnet, aber Granada lag hoch in den Bergen. In den Nächten wurde es hier mitunter empfindlich kalt, und obwohl Kohlebecken für angenehme Temperaturen in den Räumen der Frauen sorgten, war das heiße Dampfbad am Morgen doch ein königlicher Luxus. Beatriz fröstelte, als sie ihre Kleider abwarf und sich in die anheimelnde, feuchte Wärme begab. Blaue, mit feinen Ornamenten bemalte Kacheln schmeichelten dem Auge, Düfte nach Orangen und Zimt oder auch Aufgüsse mit ätherischen Ölen wie Eukalyptus oder Kamille streichelten die Atemwege. Beatriz überließ sich ganz der Wärme und Feuchtigkeit, atmete tief ein und ließ die Düfte und winzigen Wasserpartikel in sich einströmen. Ihr Körper war gleich darauf schweißüberströmt, aber das war erwünscht; man sollte Gifte und Schlacken ausschwitzen, denn die Bäder zielten auf innere und äußere Reinheit. Beatriz träumte davon, ihren Schweiß in Amirs Armen zu verlieren. Sie konnte ihn langsam und genüsslich lieben, in warmen, großen Wellen dem Höhepunkt zufließen, aber sie konnte auch einen Sturm entfesseln, ihr Boot der Liebe den rasenden Wogen wilder See ausliefern, die sie schließlich fast gewaltsam an die Ufer der Wollust warf. Allein der Gedanke erregte Beatriz. Sie streichelte ihre Brüste, tastete sich zu ihrer Muschel und strich über die Innenseite ihrer Schenkel, bis sich die Wogen noch einmal aufbäumten, aber dann langsam abebbten. Es musste herrlich sein, jetzt in das eiskalte Wasser des Abkühlbeckens nebenan zu tauchen. Beatriz richtete sich träge auf und ging zur Tür.
Aber was war das? Die Pforte ließ sich nicht öffnen. Irgendetwas musste sich verklemmt haben. Also gut, ging sie eben durch den Ankleideraum in die anderen Bäder, Gelassen versuchte Beatriz die zweite Tür. Aber auch diegab nicht nach. Beatriz erschrak, aber sie war der Panik noch fern. Diese Tür musste aufgehen. Schließlich war sie eben noch durch sie eingetreten. Sie rüttelte daran, zerrte, ihr Atem ging schwer. Die feuchten Schwaden, bislang stets ein Genuss, legten sich nun schwer auf ihre Atemwege. In einem Dampfbad ruhte man, Belastung von Herz und Lunge war nicht vorgesehen. Beatriz musste das schnell erfahren. Der Versuch, gewaltsam die Tür zu öffnen, beschleunigte den Herzschlag, Beatriz kämpfte mit Atemnot. Trotzdem trommelte sie gegen die Tür und rief um Hilfe, bis sie vor Schwäche ins Taumeln kam. Sie durfte nicht ohnmächtig werden! Wenn sie hier die Kontrolle über ihre Sinne verlor, würde sie in den Tod hinüberdämmern. Beatriz versuchte, ruhiger zu atmen. Sie schleppte sich zurück auf die Ruhebank. Konnte sie vielleicht das Feuer löschen? Neben den Öfen standen große Bottiche mit Flüssigkeit für die Aufgüsse. Beatriz nahm den Schöpfeimer. Schnell goss sie drei Eimer Wasser über die glühenden Kohlen – aber dann brach sie hustend zusammen. Das Wasser verdunstete in rasender Geschwindigkeit, die Dampfschwaden wurden so dicht, dass Beatriz kaum die Hand vor Augen sehen konnte. Ihr Körper schwamm in Schweiß und Wasserdampf, sie fühlte sich fiebrig, ihr Herz raste ...
Ausruhen, sie musste ausruhen ... Die Ruhebank ... jeder Atemzug war eine Qual, sie hatte das Gefühl zu ertrinken, sie atmete Feuchtigkeit und litt trotzdem unstillbaren Durst. Ihr Herz protestierte, ihr Kopf hämmerte zum Zerspringen. Rote Schatten zogen sich vor ihre Augen.
Amir ... könnte sie doch sein Bild heraufbeschwören ...
Beatriz presste die Hände gegen ihre Brust, aber dann gab sie nach. Schlafen ... sie würde einfach etwas schlafen ...
Mustafa war von Unruhe erfasst. Eigentlich hätte er sich entspannen müssen, Zarah hatte ihre Gespielen seit Tagen nicht mehr zu sich befohlen. Aber irgendetwas stimmte nicht. Über dem Harem lag eine
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