Schleier des Herzens (German Edition)
genauaussah und ob sie Chancen oder eher Gefahren für Granadas Handelsflotte zur Folge haben konnte. Dazu wurde der Statthalter von Almería in den nächsten Tagen mit einer Kusine des Emirs vermählt. Seine Anwesenheit bei der Feier wäre diplomatisch von Nutzen und würde Amirs Macht im Osten festigen.
Als Amir sich von ihr verabschiedete, wurde Beatriz wieder schmerzlich bewusst, wie sich das Leben in Granada von dem in Kastilien unterschied. In Spanien wäre die Gattin des Herrschers zweifellos mit ihm gereist, hätte sich in Prunkgewänder gehüllt und die Huldigungen des Volkes und der Würdenträger entgegengenommen. Hier dagegen reiste der Emir allein, Beatriz blieb eingeschlossen im Harem.
»Ich bin bald wieder da«, sagte Amir tröstend und schloss sie noch einmal in seine Arme. »Und dann planen wir unsere eigene Hochzeit. Ich kann es kaum erwarten, dich in die sieben Schleier der Braut gehüllt zu sehen.«
Beatriz lachte gezwungen. »Du wirst doch nichts Besseres zu tun haben, als sie mir möglichst schnell vom Leibe zu reißen. Warte, ich mache es dir leichter ...«
Sie löste einen Gürtel, und ihr meerblaues Seidengewand floss an ihr herunter.
Amir sog scharf die Luft ein, als er sie nackt und strahlend in der Seide stehen sah, dem Meer entstiegen wie die schaumgeborene Aphrodite.
»Meine Sonne, ich muss gehen ...«
»Du bist der Emir ...«, lächelte Beatriz und kniete auf der Seide vor ihm nieder. Gespielt flehend hob sie die Hände und begann, seine Lenden und die Innenseite seiner Schenkel zu massieren. Sie wunderte sich nicht, als sein Geschlecht sich daraufhin regte. Lächelnd löste sie die Bänder, die seine Beinkleider hielten.
Augenblicke später lagen die beiden auf der kühlenSeide und zerstörten genüsslich das Bild der jungfräulichen Göttin.
»Jetzt habe ich noch ein bisschen von dir in mir«, sagte Beatriz zufrieden, als er sich endlich erhob, seine Kleider ordnete und sich mit einem keuschen Kuss auf die Wange von ihr verabschiedete. Er wusste, dass er sie noch einmal geliebt hätte, wären seine Lippen mit den ihren verschmolzen.
»Du hast mich bald wieder, meine Sonne. Und solange tröste ich mich mit dem himmlischen Gestirn. Es ist nur ein schwacher Ersatz für deine Wärme, aber jedes Mal, wenn mich ein Sonnenstrahl trifft, nehme ich ihn als Liebkosung deiner Finger, und wenn die Mittagssonne mich wärmt, denke ich an die Glut deines Körpers.«
Beatriz sah ihm von den Zinnen seiner Gemächer aus nach, wie es auch einer kastilianischen Gattin vergönnt gewesen wäre. Vor dem Garten wartete jedoch schon der kräftige Eunuch, der zu ihrem Wächter bestellt war. Beschützer und doch auch Gefängniswärter. Aufseufzend begab sich Beatriz zurück in den Harem«
Für Zarah und ihre dunklen Pläne war die Abwesenheit des Emirs ein Glücksfall. Nun konnte die Rivalin sich nicht mehr in Amirs Privatgemächern verstecken. Sie konnte nicht Nacht um Nacht mit ihm verbringen und damit Zarahs Wut erneut aufglühen lassen. Die Maurin blieb kühl und gelassen – und fand schon am nächsten Tag einen gangbaren Weg, die Kastilierin zu beseitigen. Noch immer mochte Beatriz es nicht, die Bäder mit zu vielen anderen Mädchen zu teilen. Gut, sie hatte sich daran gewöhnt, aber der rege Betrieb, der tagsüber im Dampfbad und in den Schwimmbecken herrschte, der selbstverständliche Umgang der Mädchen mit ihrer Nacktheit und ihr unbeschwertes Spiel miteinander, dasfür die prüden Augen der Spanierin oft an Perversitäten grenzte, stieß sie ab. Insofern besuchte Beatriz die Bäder meist morgens, ganz früh, bevor sich noch eine andere Seele im Harem regte – außer den gequälten Geschöpfen in Zarahs Gemächern, die, von der Dämmerung endlich befreit, erschöpft und verstohlen in ihre eigenen Räume zurückwankten. In diesen Tagen verzichtete Zarah jedoch auf nächtliche Gesellschaft. Sie konzentrierte sich ganz auf den geplanten Mord, und sie brauchte sicher keine Zeugen.
In den Bädern war Beatriz also allein, und dort konnte leicht ein Unfall geschehen. Wie schade, dass die Spanierin das Schwimmen inzwischen erlernt hatte. Natürlich konnte sie trotzdem ertrinken. Ein plötzlicher Krampf ... ein Ausrutschen am Beckenrand ... Aber Zarah scheute den Kampf, der einem solchen Tod unweigerlich vorausgehen musste. Lieber wollte sie nicht selbst in Erscheinung treten ...
Sie lehnte sich entspannt auf eine gekachelte Bank im Dampfbad und dachte nach, während wohlriechende Schwaden
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