Schleier des Herzens (German Edition)
Erziehung an. »Ich habe mir immer eine Tochter gewünscht«, behauptete sie. »Und was die Kleine angeht, so ist sie zwar nicht die Allerschönste, aber sie war zur richtigen Zeit am richtigen Ort. Eine durchaus glückliche Begabung!«
Mustafa erhielt Gold im Überfluss und, für ihn noch deutlich wichtiger, seine Freiheit! Glücklich zeigte er Beatriz’ die Urkunde, die seine Freilassung bestätigte.
»Das ist wundervoll«, freute Beatriz sich mit ihm. »Auch in Bezug auf Zarah. Du musst ihr nie wieder zu Willen sein.«
Mustafas Stirn umwölkte sich. »Das sagst du so. Aber auch wenn ich demnächst Angestellter bin und einen Lohn beziehe: Ich muss den Anweisungen der Herrin doch folgen. Außerdem kann sie mich nach wie vor erpressen. Auch ein freier Eunuch darf die Frauen im Harem nicht berühren.«
»Dann suchst du dir einfach eine andere Arbeit in einem anderen Harem«, schlug Beatriz vor, obwohl ihr Herz dabei blutete. Sie würde Mustafa unendlich vermissen.
Der kleine Eunuch warf sich vor ihr auf den Boden.
»Herrin, wie kannst du das sagen! Ich könnte dich doch niemals verlassen, gerade jetzt, wo dein Leben in Gefahr ist! Es wäre zudem sehr ... seltsam, wenn ein Eunuch den Harem der Alhambra zugunsten eines geringeren Hauses aufgäbe. Wie sollte ich das dem neuen Herrn erklären – und wie würde der Emir es aufnehmen?«
Beatriz gebot ihm aufzustehen. »Es wird Zeit, dass wir dem Emir reinen Wein einschenken. Er muss wissen, was Zarah hier treibt. Ob er es allerdings glauben wird ... erhat uns ja nicht mal die Sache mit dem Mordversuch abgenommen. Und dafür gibt es schließlich handfeste Beweise. Auf jeden Fall werde ich mein Bestes versuchen, ihn zu überzeugen. Schon in meinem eigenem Interesse, denn sie wird garantiert ein weiteres Mal versuchen, mich umzubringen.«
Beatriz wappnete sich für die Aussprache mit dem Emir, aber dann überstürzten sich die Ereignisse.
Am Abend bestellte Zarah Mustafa zum letzten Mal in ihre Räume.
»Ich höre, man hat dich freigelassen?«
Die samtweiche Stimme überraschte Mustafa im Garten, als er eben Blumen für Beatriz’ Wohnzimmer schnitt.
Der kleine Eunuch fuhr zusammen. Er hatte Zarah nicht kommen hören, aber vielleicht hatte sie ja auch hier auf ihn gewartet. Eine Spinne im Netz.
»Ja, Herrin ...« Mustafa spähte vorsichtig um sich. Vielleicht waren ja noch andere Frauen oder Diener im Garten, zu denen er sich flüchten konnte.
»Es war sehr tapfer von dir, die kleine Beatriz aus ihrer Ohnmacht zu reißen. Welch ein glücklicher Zufall, dass du gerade zur Stelle warst. Ich frage mich ... Würdest du für mich auch große Taten wagen?« Zarah hatte auf einer Bank im Schatten einer Mangrove gesessen und stand jetzt auf. Sie schob sich so nah hinter Mustafa, dass ihre Hüfte die seine berührte. Jetzt war er froh, dass niemand sonst im Garten lustwandelte. Wenn jemand sie gesehen hätte ...
»Es erforderte keinen besonderen Mut, Herrin.« Mustafa versuchte, mit möglichst normaler Stimme zu sprechen und sich schnell aus der dunklen Umarmung zu winden. »Ich brauchte nur eine Tür zu öffnen.«
»Meine Tür wird dir heute ebenfalls offen stehen. Icherwarte dich ... dein Gesang hat mich beim letzten Mal aufs Beste unterhalten ...«
Mustafa wurde glühend rot. Er dachte an seinen hoffnungslosen Versuch, den Gott der Christen um Hilfe anzuflehen, als sie auf dem Höhepunkt der Lust ein spanisches Lied von ihm gefordert hatte.
Aber vielleicht gab sie ja nach, wenn er seine neuen Rechte ernstlich einforderte.
»Herrin, ich bin kein Sklave mehr. Ich muss Euch außerhalb meines Dienstes nicht zur Verfügung stehen, und ich .. ich möchte es auch nicht.«
Zarah legte eine heiße Hand in seinen Nacken, als wollte sie einen jungen Hund schütteln und disziplinieren.
»Du möchtest mir nicht dienen?«, fragte sie mit gefährlich heiserer Stimme. »Aber deiner kleinen Beatriz, der möchtest du dienen, nicht wahr? Wie wäre es, mein Freund, wenn der Emir morgen Nachricht von einem ... sagen wir, nicht ganz erwünschten Verhältnis zu der schönen Beatriz erhielte? Ein paar Zeugen ließen sich auftreiben. Ach, ich könnte sogar sagen, ich hätte euch selbst beobachtet. Die schöne Beatriz und ihr Léon, eng umschlungen unter dem Mimosenbaum ...«
Sie zog Mustafa dicht an sich, griff in sein Haar und zerrte sein Gesicht nah zu ihrem.
»Sie steinigen die Frau zuerst, bevor sie den Mann vierteilen, weißt du ... Es wäre mir eine Freude, dein Gesicht dabei
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