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Schleier des Herzens (German Edition)

Schleier des Herzens (German Edition)

Titel: Schleier des Herzens (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Veronica Wings
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Spielzeuge, die neben Zarah zu Boden gefallen waren. Das schneeweiße Gesicht der Harfnerin, die ihr Instrument so vorsichtig streichelte wie ein Tier, das es zu beruhigen galt. Ein paar Saiten klangen noch nach, ein schwaches, seltsames Requiem für die Frau, die halb bekleidet, obszön geschminkt und blutüberströmt vor einem zitternden, aber hoch aufgerichteten Mann lag. Ihr Gesicht war noch im Tode von Bosheit und Gier gezeichnet – und doch auch grenzenloser Überraschung, dass jemand es wagte, sich ihr entgegenzustellen.
    Mustafas Gesicht war bleich, aber gefasst. Fast unheimliche Ruhe breitete sich darin aus. Dann wanderte sein Blick hin und her zwischen der Toten, dem Emir und dem Dolch in seiner Hand. Langsam wischte er ihn an einem Teppich ab und trat dann, die Waffe auf beiden Händen vor sich getragen wie eine Opfergabe, vor seinen Herrscher.
    »Euer Geschenk, Herr. Ich danke Euch, aber ich werde es jetzt nicht mehr brauchen. Auch die Freiheit nicht mehr. Bitte bestraft die anderen nicht. Die Schuld lag allein bei mir. Daud hat Eure Frauen nicht berührt. Allah möge mir verzeihen. Verfahrt mit mir nach Eurem Gutdünken.«
    »Leicht gesagt, ›verfahrt mit mir nach Eurem Gutdünken‹ ...« Der Emir saß mit Beatriz auf einem Diwan in seinen Räumen. Beide zitterten im Nachklang des Geschehenen. Dabei schien zumindest Amir sich am Anfang hervorragend in der Gewalt zu haben. Er verpflichtete zunächst alle Beteiligten, über die Ereignisse Stillschweigen zu bewahren. Dann entließ er Tarub und Daud und ließ dafür Ayesha rufen, damit sie sich Yasminas annahm. Beatriz kümmerte sich inzwischen um Blodwen, die sie in ihren Gemächern unterbrachte. Die Harfnerin teilte eine Unterkunft mit anderen Mädchen, und Beatriz wollte ihr nicht zumuten, ihnen heute noch Rede und Antwort zu stehen. Das Mädchen schlotterte am ganzen Körper und sprach kein Wort, nur als Beatriz ihr die Harfe abnehmen und einpacken wollte, schrie sie auf und zog das Instrument wie beschützend an sich.
    Amir ließ Mustafa in den Kerker bringen. Der junge Eunuch folgte den Wächtern teilnahmslos. Er hatte sichtlich mit dem Leben abgeschlossen.
    Erst als Zarahs Wohnung geräumt und ihre. Leicheweggeschafft worden war, fanden auch Amir und Beatriz endlich Ruhe. Sie schmiegte sich schutzsuchend an ihn, aber nachdem die erste Aufregung verebbt war, fragte sie doch nach Mustafa.
    »Du wirst ihn doch nicht bestrafen?«
    Amir zog sie noch enger an sich, zuckte jedoch mit den Schultern.
    »Beatriz, meine Sonne, ich werde ihn hinrichten lassen«, sagte er leise.
    »Was?« Beatriz fuhr auf und befreite sich aus seiner Umarmung.
    »Du willst ihn töten? Aber er hat in Notwehr gehandelt, sie wollte dem Kind etwas antun!« Beatriz’ Augen blitzten wie ein Sturm über dem Meer.
    Amir seufzte. »Liebste, von ›wollen‹ kann keine Rede sein. Aber das ist eine Sache der Staatsräson. Ich kann nicht dulden, dass in meinem Harem eine Frau von einem Eunuchen getötet wird. Erst recht nicht meine eigene Gattin ! Wenn sich das herumspricht – und glaub mir, es wäre die erste Haremsaffäre, die nicht die [Runde machte! –, bin ich kompromittiert bis ans Ende. Mit welcher Begründung soll ich ihn denn begnadigen? Dass Zarah ein Ungeheuer war?«
    Beatriz funkelte ihn an. »Das war sie doch, oder glaubst du das immer noch nicht?«
    »Ich glaube dir jedes Wort, meine Sonne,« beschwichtigte sie Amir müde. »Aber die Wahrheit über diese Geschichte darf trotzdem nicht herauskommen. Schon, um die anderen Beteiligten zu schützen – auch mich! Es würde beweisen, dass ich keine Ordnung in meinem Harem halten kann ...«
    »Also soll Mustafa für deine Fehler büßen? Für deine und Zarahs?«
    Beatriz war empört.
    Der Emir nickte. »Darauf wird es hinauslaufen. So Leid es mir tut und so sehr es mir mein Leben lang auf der Seele liegen wird. Es gibt auch noch andere Gründe. Zarahs Familie ist nach wie vor einflussreich. Sie wird verlangen, dass ihr Mörder bestraft wird ...«
    »Na und? Dann sagen wir den Leuten eben, was für ein verderbtes Biest sie war!« Beatriz warf kämpferisch ihr Haar zurück.
    Amir streichelte die rotblonde Flut.
    »Und wenn sie das nicht glauben? Rufst du dann Daud und Tarub als Zeugen auf und verurteilst sie damit zum Tode? Was ich von ihrem Verhältnis gesehen und gehört habe, kann ich ignorieren. Aber wenn sie öffentlich zugeben, Unzucht getrieben zu haben? Wenn auch unter Zwang? Der Kadi müsste sie dem Henker überantworten.

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