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Schleier des Herzens (German Edition)

Schleier des Herzens (German Edition)

Titel: Schleier des Herzens (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Veronica Wings
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annehmen. Also sieh zu, dass du dich gut mit der Frau deines Herrn verstehst – und mit seiner Mutter, falls sie noch lebt und seinem Harem vorsteht ...« Ayesha streckte sich und gähnte. »Oh, bin ich müde ... Verschon mich jetzt mit weiteren Fragen, ich glaube, ich gehe zu Bett. Und du brauchst auch Ruhe. Du hast Ringe unter den Augen und Kratzer auf der Haut – das muss alles verschwinden vor deinem großen Tag!«
    Ayesha stand auf und zwinkerte Beatriz zu. Die Versteigerung – ihr ›großer Tag‹! Beatriz versuchte, die Angst niederzukämpfen. Sie hatte noch Zeit. Noch konnte ein Brief ihres Vaters eintreffen – oder eine Nachricht ihres Entführers. Sie hätte ihn nach seinem Namen fragen sollen. Dann wäre es vielleicht möglich gewesen, ihm eine Nachricht zu senden. Andererseits hatte sie es nicht nötig, zu Kreuze zu kriechen. Wenn er sie vergessen hatte ... Nein, das konnte nicht sein, das durfte nicht sein!
    Als sie später auf einer weichen, mit edelsten Fellen und Kissen bedeckten Bettstatt lag, von Peri und Mariam noch einmal gesalbt und parfümiert, die Wunden mit duftender Heilsalbe behandelt, ertappte sie sich dabei, wie sie von ihm träumte. Wieder sah sie seine spöttischen dunklen Augen vor sich, die so unvermittelt mitleidig und verständnisvoll blicken konnten, seine buschigen Brauen und die hohe Stirn. Erschrocken versuchte sie, sich stattdessen Diegos Gesicht vor Augen zu rufen, aber es wollte ihr nicht gelingen.
    Fürchte dich nicht ... ich lasse dich nicht allein. Getröstet vonden Abschiedsworten des jungen Mauren, fiel Beatriz in tiefen Schlaf.
    »Es gibt eine kleine Veränderung, Prinzessin ...« Ibn Saul betrat den Harem, als die Eunuchen den Mädchen eben ein fürstliches Frühstück aufgetragen hatten: frische Früchte, Mandelgebäck und Honigkuchen. Beatriz’ Vorsätze, sich nicht mästen zu lassen, schwanden immer schneller.
    Beim Anblick des Händlers zog Ayesha sogleich den Schleier vors Gesicht. Beatriz hatte gestern gelernt, dass man dieses leichte Gespinst nicht ›Tschador‹ nannte, sondern ›Cobija‹. Es war schicklich, die Cobija aufzuziehen, sobald man mit Männern zusammen traf, und die Mädchen taten dies mit fließenden, selbstverständlichen Bewegungen und natürlich ohne dabei in den Spiegel zu sehen. Beatriz versuchte es jetzt auch, aber Ibn Saul tat ihre ungeschickten Bemühungen mit einer Handbewegung ab.
    »Vor mir brauchst du dich nicht zu verhüllen. Zeig mir lieber, wie du aussiehst, meine Blume Kastiliens.« Der Händler legte den Finger unter Beatriz’ Kinn und zwang sie mit sanfter Gewalt, zu ihm aufzusehen. Was er erblickte, schien ihm zu gefallen.
    »Sehr schön, meine Blume, du hast gut geschlafen – dein Teint ist rosig, die Augen klar ... und was die kleinen Blessuren angeht ... nun, zwei Tage haben sie ja noch Zeit, um zu heilen. Bis dahin sollten die Kratzer am Körper nicht mehr zu sehen sein. Und deine Beine werden wir dann eben einfach nicht enthüllen ...«
    »Meine Beine nicht enthüllen ...« Beatriz blickte verwirrt, und wieder stieg Angst in ihr auf.
    »Auf dem Podium, meine Rose. Das ist es, weshalb ich so früh hier erscheine. Deine Versteigerung wurde vorverlegt. Der Emir empfängt morgen Würdenträger ausdem ganzen Land zu einem Kronrat. Die Herren dürften sich übermorgen auf dem Markt umsehen, ein idealer Anlass, dich ihnen vorzustellen. Du wirst sehen, sie werden sich darum reißen, dich mit in ihren Harem zu nehmen.«
    »Aber ... mein Vater ...« Beatriz war entsetzt.
    »Hat bislang nichts von sich hören lassen, meine Rose. Aber lass die Hoffnung nicht sinken, er hat noch zwei Tage Zeit ...«
    Beatriz versuchte verzweifelt, die Tränen zurückzuhalten. Sie wusste genau wie Ibn Saul, dass der Bote ihres Vaters längst hier sein müsste, wenn Alvaro Aguirre wirklich jemanden entsandt hatte. Ein guter Reiter auf einem schnellen, mehrmals gewechselten Pferd konnte die Strecke zwischen der Grenze und Granada in einigen Stunden hinter sich bringen. Ibn Sauls Gesichtsausdruck war deutlich. Wenn bislang kein Bote eingetroffen war, würde wahrscheinlich auch keiner mehr kommen.
    Don Alvaro hatte sie offensichtlich aufgegeben.
    Nun ruhten all ihre Hoffnungen auf dem Anführer der Männer, die sie geraubt hatten.
    Ich lasse dich nicht allein ... Beatriz bemühte sich, nicht in Tränen auszubrechen. Sie klammerte sich an seine Worte.
    Die beiden Tage bis zu Beatriz’ Versteigerung wurden hauptsächlich mit der Pflege ihrer

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