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Schleier des Herzens (German Edition)

Schleier des Herzens (German Edition)

Titel: Schleier des Herzens (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Veronica Wings
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verstößt er sie dann nicht einfach?«, hielt sie dagegen. »Das soll doch hier ganz leicht sein. Man sagt dreimal: ›Ich verstoße dich‹, und das war es dann mit der Liebe fürs Leben.« Sie schüttelte sich vor Abscheu, aber dies war schon ein bisschen gespielt. Ayesha meinte in ihren Augen zu lesen, dass sie sich Zarahs und am besten auch gleich noch der anderen dreihundert Frauen in diesem Harem nur zu gern entledigt hätte.
    »Ihre Familie würde wie die Geier über ihn herfallen«,meinte Ayesha. »Außerdem ... eine Frau wie Zarah verstößt man nicht so leicht. Bevor er den Satz zum zweiten Mal ausgestoßen hätte, hätte sie ihn bis zum Wahnsinn erregt ...«
    Beatriz biss sich auf die Lippen. Ayesha sah, wie es in ihr arbeitete.
    Die Treue zu einem Toten kämpfte mit der Herausforderung, einen Lebenden zu erobern. Gut, sollte sie nachdenken. Ayesha würde sie nicht weiter reizen. Sie hatte dabei sowieso nicht das beste Gewissen. Natürlich sähe sie ihre Freundin gern als Herrin dieses Harems, und sie hätte auch gern etwas für die Mädchen getan, die sich nachts weinend aus Zarahs Gemächern schleppten. Ayesha ahnte da mehr, als sie der noch so unschuldigen Beatriz verriet. Aber Zarah war eine gefährliche Gegnerin. Es war keineswegs sicher, dass Beatriz diesen Kampf gewann.
    Amir wagte an diesem Tag nicht, Beatriz unter die Augen zu treten. Er war sich sicher, dass sie von seinem Besuch bei Zarah gehört hatte; ein Harem hatte hundert Augen. Stattdessen ließ er ihr Blumen und Geschenke bringen, und als die Erregung ihn am Nachmittag nicht zur Ruhe kommen ließ, übersetzte er ein Liebesgedicht in Spanisch und ließ es ihr zukommen.
    Hatte Hassan nicht gesagt, der neue Eunuch verstehe sich aufs Rezitieren und habe obendrein einen guten Eindruck auf die Kastilierin gemacht? Amir ließ Mustafa kommen und übergab ihm das Schreiben.
    »Geh zu der Herrin und lies es ihr vor. Sag ihr, dass ich mich vor Liebe zu ihr verzehre. Ich büße meine Sünden, indem ich mir ihren Anblick versage.«
    Mustafa nickte und verneigte sich ehrerbietig. Natürlich würde er die Aufgabe mit Freuden erfüllen – für seinen Herrn, dem er zu tiefstem Dank verpflichtet war,aber auch für die Herrin. Beatriz Liebesschwüre vorzutragen musste der Himmel sein. Auch wenn er es im Auftrag eines anderen tat ...
    Zufrieden wanderte der Eunuch durch die Flure des Harems. Die Mädchen lächelten ihm zu, er wusste, dass sie über ihn tuschelten. Natürlich war ihm seine Stellung noch neu, aber die anderen Eunuchen im Harem hatten ihm schon klargemacht, dass sein Geschlecht ihn in den Augen der Frauen keineswegs völlig zum Neutrum machte. Die Mädchen im Harem waren ständig unbefriedigt, kein Herr der Welt konnte sie alle glücklich machen. Also suchten sie nach anderen sexuellen Zerstreuungen, verliebten sich ineinander oder auch in die entmannten Wächter des Harems. Zu Mustafas grenzenloser Verwunderung gehörte deshalb ein Vortrag zur sexuellen Enthaltsamkeit zu seiner Einführung in den Harem.
    »Glaub nicht, dass sie dich nicht erregen können«, sagte Hassan streng. »Du ahnst nicht, welche Wonnen eine geschulte Odaliske auch. Körpern wie den unseren bereiten kann. Vor allem aber sind wir in der Lage, diese Frauen an die Gestade der Lust zu tragen. Nicht auf unserem Schoß, aber doch auf unseren Händen, mit unseren Mündern ... es gibt da so manchen Weg, und glaub mir, diese Mädchen kennen ihn. Also lass dich nicht von ihnen verführen. Auf die Liebe zu einer der Haremsblüten steht der Tod. Das Urteil wird unbarmherzig vollstreckt, vor den Augen der anderen Eunuchen und der Mädchen. Meist wird auch die Frau schwer bestraft; ob sie am Leben bleibt, hängt vom Wohlwollen des Herrn ab und mitunter auch ihrer Stellung im Harem. Einer Tänzerin wird man eher verzeihen als einer Favoritin des Herrn.«
    »Und was ist mit Ehefrauen?«, fragte einer der anderen Eunuchen anzüglich. Wieder streiften Mustafa abschätzende und mitleidige Blicke.
    Hassan erblasste. »Von einer Ehefrau erwartet man erst recht die absolute Treue; schon der Verdacht, sie zu verführen, ist tödlich. Haltet euch also fern von ihr ... von ihr besonders ...«
    Mustafa meinte, ein Schnauben von einem der anderen Eunuchen zu hören, ein weiterer war bleich wie ein Leintuch.
    Aber all das kümmerte ihn jetzt nicht. Er gedachte nicht, Beatriz zu verführen, wie sollte er auch? Aber Anbetung war nicht verboten, und als Bote des Herrn vor sie zu treten war eine

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