Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schleier und Schwert

Schleier und Schwert

Titel: Schleier und Schwert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: brisbin
Vom Netzwerk:
Rücken. Nachdem eine Ewigkeit vergangen schien, gab er ihr ein Zeichen, und sie trat zurück. Da erst merkte sie, wie still es um sie herum geworden war.
    Bis auf den letzten Mann stand jeder im Lager da und starrte sie mit offenem Mund an. Keiner bewegte sich, als sie ihre Kopfbedeckung zurechtrückte und ihr Gewand in Ordnung brachte. Nachdem sie ihre Fassung wiedergewonnen hatte und zu Atem gekommen war, denn mit bloßen Händen auf den Rücken dieses Soldaten zu schlagen, war harte Arbeit gewesen, räusperte sie sich und wandte sich an Rurik.
    „Geht es Euch jetzt besser?“, fragte sie.
    „Besser, weil ich wieder atmen kann, oder besser, weil Ihr Euren Versuch beendet habt, mich in Grund und Boden zu prügeln?“ In seinen Worten schwang Sarkasmus mit. Das versetzte ihr einen Stich.
    Margriet spürte die Demütigung durch und durch. Sie ließ ihr Herz schneller schlagen und trieb ihr eine verlegene Röte ins Gesicht. Schlimmer noch, sie merkte, dass ihr die Tränen in Kehle und Augen brannten und sie zwangen, den Blick von Rurik abzuwenden.
    Warum nur hatte sie geglaubt, sie könne einem Mann wie ihm die Stirn bieten und damit davonkommen? Mit gesenktem Kopf wandte sie sich ab und hoffte nur noch, rasch genug irgendeinen dunklen Winkel im Lager zu finden, wo sie abwarten konnte, bis die Wirkung ihrer schrecklichen Tat nachließ. Oder wenigstens so lange, bis keiner sie mehr anstarrte. Sie hatte erst wenige Schritte getan, als eine Stimme sie aufhielt.
    „Schwester, habt meinen Dank für Eure Hilfe“, sagte Rurik so laut, dass alle es hören konnten. Er beobachtete, wie sie innehielt, und war sich nicht sicher, ob sie immer noch davonstürzen wollte, wie der Ausdruck ihrer Augen erkennen ließ, oder ob sie bleiben würde. Er wartete und streckte ihr dann die Hand entgegen. „Und meinen Dank auch dafür, dass Ihr mir das Essen gebracht habt.“
    Er trat näher, wenn auch nicht zu nahe, und warf denen einen bösen Blick zu, die sie immer noch anstarrten. Mit einer kurzen Kopfbewegung befahl er ihnen, den Blick abzuwenden. Nur die kleine Nonne sah weiter zu ihnen herüber. Aber ihr Blick drückte eher Besorgnis als Neugier aus.
    Bevor Rurik das Entsetzen und die Verlegenheit in ihrem Gesicht bemerkt hatte, war ihm gar nicht bewusst gewesen, wie harsch seine Worte geklungen hatten. Es waren die Tränen gewesen, die er gesehen hatte. Sie hatten ihn weich werden lassen. Als sie jetzt immer noch nicht seine Hand ergriff, beugte er sich vor, nahm den Becher, aus dem sie getrunken hatte, und forderte Sven mit einem Wink auf, ihm den Bierschlauch zu reichen. Nachdem er ihren Becher gefüllt hatte, bot er ihn ihr an.
    Margriet nahm einen Schluck und dann noch einen, während Rurik darauf wartete, dass sie ihre Selbstbeherrschung zurückgewann. Sie zu verlieren, war etwas, das ihr sicher nur selten passierte, Nonne oder nicht Nonne. Anstatt weiterhin in ihr jetzt blasses Gesicht zu starren, begab er sich wieder an die Arbeit, die er unterbrochen hatte, als sie ihm das Essen brachte – nämlich die Vorräte für den nächsten Reisetag zu überprüfen.
    Nachdem er in den ersten Tagen ihre Verzweiflung erlebt hatte, war er mit einigen Veränderungen an ihren Reiseplänen einverstanden gewesen. Als Erstes unterteilten sie die Strecke in kleine Teilstücke, sodass sie nun jeden Tag etwas langsamer reisen konnten. Zum Zweiten hatten sie die Route geändert und sich entschlossen, mehr den Flüssen Richtung Norden zu folgen. An der Küste würden sie dann zu dem Dorf Thurso reiten und von dort aus ein Boot zu den Orkneys nehmen. Und drittens: Auch wenn sie den größten Teil ihrer Verpflegung mit sich führten, so schickten sie jetzt doch Männer zu den kleinen Siedlungen voraus, die entlang ihres Wegs lagen, um frischen Proviant und andere Notwendigkeiten zu erhandeln.
    Auch wenn Ruriks Auftrag lautete, Margriet nach Hause zu bringen, so setzten ihm die wilde See und die Winterwinde eine zeitliche Grenze. Vielleicht würde die Zeit ein wenig knapp werden, aber er wusste, dass alle anderen Vereinbarungen bis zu ihrer Rückkehr warten mussten. Rurik trieb also nur zur Eile an, wenn er selbst es wollte.
    Besser gesagt: Seitdem er diese Frau kennengelernt hatte, die man Gunnars Tochter nannte, redete er sich das wieder und wieder ein.
    Er nahm ihre Bewegung hinter sich wahr und drehte sich zu ihr um. Und als er sah, wie ihre Augen den Ausdruck wechselten, von dunkel und misstrauisch zu etwas, das offener war und entgegenkommender, wusste

Weitere Kostenlose Bücher