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Schließe deine Augen

Schließe deine Augen

Titel: Schließe deine Augen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Verdon
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Nummer des Bezirksstaatsanwalts ein. Die aufgezeichnete Aussage ließ ihm drei Möglichkeiten: zwischen 8.00 Uhr und 18.00 Uhr von Montag bis Freitag erneut anrufen; Namen und Telefonnummer hinterlassen, um während der Geschäftszeiten einen Rückruf zu erhalten; oder bei besonders dringenden Angelegenheiten die 24-Stunden-Notfallnummer wählen.
    Gurney suchte die Notfallnummer aus seiner Liste heraus, doch bevor er anrief, legte er sich kurz eine Strategie zurecht – zuerst für den Notrufbeamten, dann für Kline. Die Bombe, die er platzen lassen wollte, musste genau die richtige Größe haben.
    Plötzlich stoppte das Klappern der Nadeln.
    »Hörst du das?« Madeleine neigte den Kopf leicht zum nächsten Fenster.
    »Was?«
    »Hör doch.«
    »Was soll ich hören?«
    »Schsch…«
    Gerade als er es aufgeben wollte, nahm er es wahr: das leise Jaulen ferner Kojoten. Dann war es wieder still. Nur in seinem Kopf blieb das Bild von mageren, wolfsähnlichen Tieren hängen, wild und herzlos, die in loser Formation über ein mondbeschienenes Feld hinter dem Nordgrat jagten.
    Da klingelte das Telefon in seiner Hand. Auf dem Display stand Reynolds Gallery. Er warf Madeleine einen Seitenblick zu. Nichts in ihrem Gesicht deutete darauf hin, dass sie die Identität der Anruferin erraten hatte.
    »Dave hier.«
    »Ich will ins Bett. Reden wir.«
    Nach verlegenem Schweigen antwortete Gurney: »Du zuerst.«
    Sie gab ein leises, intimes Lachen von sich, das eher einem Schnurren glich. »Ich meine, ich will früh schlafen gehen. Wir sollten also lieber gleich reden, weil ich später nicht mehr kann.«
    »Gute Idee.«
    Wieder das samtweiche Lachen. »Also, was ich mir überlegt habe, ist ganz einfach. Ich kann dir keinen Rat geben, was du zu Jykynstyl sagen sollst, weil ich nicht weiß, was er dich fragen wird. Du musst ganz du selbst sein. Der scharfsinnige Mordermittler. Der stille Mann, dem man nichts vormachen kann. Der Mann auf der Seite der Engel, der mit dem Teufel ringt und immer gewinnt.«
    »Nicht immer.«
    »Klar, du bist eben auch bloß ein Mensch. Das ist wichtig. Das macht dich real. Du bist kein Comic-Held, sondern echt. Du musst also nur du selbst sein. Du bist nämlich viel beeindruckender, als du denkst, David.«
    Er zögerte. »Ist das alles?«
    Diesmal klang das Lachen eher musikalisch und amüsiert. »Was dich angeht, ja. Jetzt zu mir. Hast du schon mal unseren Vertrag gelesen, den du letztes Jahr für die Ausstellung unterschrieben hast?«
    »Damals wahrscheinlich, aber in letzter Zeit nicht.«
    »Da steht drin, dass die Reynolds Gallery eine Provision von vierzig Prozent auf präsentierte Werke, dreißig Prozent auf katalogisierte Werke und zwanzig Prozent auf alle zukünftigen Werke für Kunden erhält, die der Künstler durch die Galerie kennenlernt. Kommt dir das bekannt vor?«
    »Vage.«
    »Vage, okay. Aber bist du damit einverstanden, oder hast du jetzt ein Problem damit?«
    »Das geht in Ordnung.«
    »Gut. Ich glaube nämlich, dass uns die Zusammenarbeit großen Spaß machen wird. Du nicht auch?«
    Mit undurchdringlicher Miene schien Madeleine auf das seitliche Ajourmuster an ihrem langsam wachsenden Schal fixiert. Masche um Masche um Masche. Klick klack, klick klack.

41
Der große Tag
    Es war ein herrlicher Morgen, ein Herbsttag wie aus dem Bilderbuch. Der Himmel strahlend blau ohne den Hauch einer Wolke. Madeleine war bereits zu einer Fahrradtour durch das gewundene Flusstal aufgebrochen, das sich über dreißig Kilometer weit in den Osten und Westen von Walnut Crossing erstreckte.
    »Ein wunderbarer Tag«, hatte sie vorher noch kundgetan und dabei mit ihrem Ton angedeutet, dass er mit seiner Entscheidung, so einen Tag in der Stadt mit Gesprächen über großes Geld für hässliche Kunst zu verplempern, genauso verrückt war wie Jykynstyl. Vielleicht war er aber auch selbst zu diesem Schluss gelangt und machte nun sie dafür verantwortlich.
    Er saß am Frühstückstisch bei der Terrassentür und blickte hinaus über die Wiese bei der Scheune, deren Rot im klaren Morgenlicht geradezu grell leuchtete. Nach dem ersten energiespendenden Schluck Kaffee griff er zum Telefon und wählte Klines Notfallnummer.
    Eine mürrische, farblose Stimme meldete sich, die in Gurney sofort eine lebhafte Vorstellung von ihrem Besitzer wachrief.
    »Stimmel. Büro des Bezirksstaatsanwalts.«
    »Dave Gurney hier.« Er hielt inne. Stimmel erinnerte sich sicher noch von den Mellery-Ermittlungen an ihn. Es überraschte Gurney

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