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Schloss aus Glas

Schloss aus Glas

Titel: Schloss aus Glas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeanette Walls
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Post nachzuschicken, für sie die Spesenabrechnung zu machen und in ihren Manuskripten die Wörter zu zählen. Ich hatte das Gefühl, dass ich am Ziel war.
    Mom und Dad riefen ab und zu aus Grandpas Wohnung an und erzählten uns, was es zu Hause Neues gab. Mir graute irgendwann vor den Anrufen, da es jedes Mal ein neues Problem gab: Ein Erdrutsch hatte die Treppe weggerissen; unsere Nachbarn, die Freemans, hatten bei der Stadt beantragt, unser Haus für abbruchreif zu erklären; Maureen war von der Veranda gefallen und hatte sich den Kopf aufgeschlagen.
    Als Lori das hörte, sagte sie, es sei an der Zeit, auch Maureen nach New York zu holen. Aber Maureen war erst zwölf, und ich fürchtete, dass sie noch zu jung war, um von zu Hause wegzugehen. Sie war vier gewesen, als wir nach West Virginia zogen, und sie kannte nichts anderes.
    »Wer soll sich denn um sie kümmern?«, fragte ich.
    »Ich«, sagte Lori. »Sie kann bei mir wohnen.«
    Lori rief Maureen an, die vor Begeisterung kreischte, als sie von unserem Plan hörte, und dann sprach Lori mit Mom und Dad. Mom fand die Idee toll, aber Dad warf Lori vor, sie würde ihm seine Kinder stehlen, und erklärte, er würde sie enterben. Maureen traf Anfang des Winters ein. Brian war inzwischen in eine günstige Wohnung am Port Authority Bus Terminal gezogen, und wir gaben seine Adresse an, um Maureen in einer guten Schule in Manhattan anzumelden. Am Wochenende trafen wir uns alle in Loris Wohnung. Wir brieten uns Schweinekoteletts oder kochten Riesenportionen Spaghetti mit Hackfleisch und unterhielten uns über Welch, und manchmal, wenn wir uns an all die verrückten Sachen erinnerten, mussten wir so heftig lachen, dass uns die Tränen kamen.
    Eines morgens, ich war mittlerweile seit drei Jahren in New York und machte mich gerade fertig, um zur Uni zu gehen, hörte ich, wie im Radio ein fürchterlicher Verkehrsstau auf dem New Jersey Turnpike gemeldet wurde. Ein Van hatte eine Panne gehabt, Kleidungsstücke und Möbel lagen verstreut auf der Straße herum, und die Autos stauten sich kilometerweit. Die Polizei war dabei, die Straße wieder freizuräumen, doch ein Hund war aus dem Wagen gesprungen und lief jetzt auf der Fahrbahn hin und her, während einige Officer versuchten, ihn einzufangen. Der Moderator schlachtete die Meldung weidlich aus und mokierte sich über die Provinzler, die mit ihren Klapperkisten und einem kläffenden Köter schuld daran waren, dass Tausende Pendler zu spät zur Arbeit kamen.
    Am Abend rief die Psychologin mich ans Telefon.
    »Jeannettielein!« Es war Mom. »Du wirst es nicht glauben«, sagte sie mit aufgeregter Stimme. »Dein Daddy und ich sind nach New York gezogen!«
    Schlagartig fiel mir der Van ein, der am Morgen auf dem New Jersey Turnpike eine Panne gehabt hatte. Als ich Mom danach fragte, sagte sie, ja, sie und Dad hätten ein klitzekleines technisches Problem mit dem Wagen gehabt. Irgendein Riemen war gerissen, und das mitten im Berufsverkehr auf einem dicht befahrenen Highway, und Tinkle hatte es satt gehabt, im Auto eingesperrt zu sein, und war ausgebüchst, du kennst das ja, und die Polizei war gekommen, und Dad hatte sich mit denen angelegt, und sie hatten gedroht, ihn mit auf die Wache zu nehmen, und, Menschenskind, es war ein richtiges Chaos. »Woher weißt du das überhaupt?«
    »Es ist im Radio gekommen.«
    »Im Radio?«, fragte Mom. Sie konnte es nicht fassen. Bei allem, was heutzutage in der Welt passierte, war ein alter Van, der eine Panne hatte, eine Meldung wert? Aber in ihrer Stimme schwang heimliche Freude mit. »Wir sind kaum da und schon berühmt!«
    Nach dem Telefonat mit Mom blickte ich mich in meinem Zimmer um. Es war das ehemalige Hausmädchenzimmer und ging von der Küche ab, und es war klein, mit einem schmalen Fenster und einem winzigen Bad. Aber es war meins. Ich hatte jetzt ein eigenes Zimmer, und ich hatte auch ein eigenes Leben, und in keinem von beiden war Platz für Mom und Dad.
    Trotzdem, am nächsten Tag ging ich zu Lori, um die beiden zu begrüßen. Sie umarmten mich. Dad zog aus einer Papiertüte eine große Flasche Whiskey hervor, und Mom erzählte, was sie auf der langen Fahrt alles erlebt hatten. Am Vormittag hatten sie sich schon ein bisschen die Stadt angeschaut, und Dad erzählte von ihrer ersten Fahrt mit der U-Bahn, die er ein verdammtes Loch im Boden nannte. Mom sagte, die Art-deco-Wandbilder am Rockefeller Genter wären enttäuschend und längst nicht so gut wie einige von ihren Bildern. Von uns

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