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Schloss aus Glas

Schloss aus Glas

Titel: Schloss aus Glas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeanette Walls
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Poolbillard - wo es auf die eigenen Fähigkeiten ankam, nicht aufs Glück. »Wer den Ausspruch geprägt hat: >Ein Mann muss das Blatt spielen, das man ihm gibt<, der war ganz sicher ein beschissener Bluffer«, sagte Dad.
    Der Owl Club hatte eine Bar, wo Männer mit sonnenverbrannten Nacken Bier trinkend und rauchend zusammenhockten. Alle kannten sie Dad, und immer wenn er hereinkam, riefen sie ihm lachend Beleidigungen zu, die aber freundlich gemeint waren. »Der Laden hier geht wirklich den Bach runter, wenn sie jetzt schon so jämmerliche Schlappschwänze wie dich reinlassen!«, grölten sie.
    »Von wegen, im Vergleich zu euch räudigen Kojoten heb ich das Niveau an«, rief Dad dann zurück. Und prompt warfen sie den Kopf in den Nacken und lachten und schlugen sich gegenseitig klatschend zwischen die Schulterblätter.
    Wir setzten uns immer an einen der Tische mit den roten Bänken. »Was für gute Manieren«, staunte die Kellnerin, weil Mom und Dad immer darauf achteten, dass wir Kinder »Sir« und »Ma'am« und »bitte« und »danke« sagten.
    »Und ein helles Köpfchen haben sie obendrein!«, verkündete Dad. »Die besten Bälger, die es je gegeben hat.« Und wir lächelten einander an und bestellten Hamburger und Hot Dogs mit Chili und Milchshakes und große Teller mit frittierten Zwiebelringen, die vor Fett glänzten. Die Kellnerin brachte das Essen und goss die Milchshakes aus einem schwitzenden Metallcontainer in unsere Gläser. Es blieb immer noch ein Rest drin, und sie ließ den Container auf dem Tisch stehen, damit wir ihn leer machen konnten. »Sieht aus,
    als hättet ihr den Jackpot geknackt und noch was dazugekriegt«, sagte sie mit einem Augenzwinkern. Wenn wir den Owl Club verließen, war unser Bauch immer so voll, dass wir kaum noch laufen konnten. »Kommt, Kinder, wir watscheln nach Hause«, sagte Dad dann.
    Die Silbermine, in der Dad arbeitete, hatte einen eigenen Lebensmittelladen, und der Betrag, den wir dort hatten anschreiben lassen, wie auch die Miete für den Bahnhof wurden Dad jeden Monat direkt vom Gehalt abgezogen. Deshalb deckten wir uns am Anfang jeder Woche in dem Laden mit Lebensmitteln ein und schleppten zahllose Einkaufstüten nach Hause. Mom meinte, nur Leute, die auf die blöde Werbung reinfielen, würden Fertiggerichte und so ein Zeug kaufen. Sie dagegen kaufte nur Grundnahrungsmittel: Großpackungen Weizen- oder Maismehl, Milchpulver, Zwiebeln, Kartoffeln, 10-Kilo-Säcke Reis oder Bohnen, Salz, Zucker, Hefe zum Brotbacken, Räuchermakrele in Dosen, einen eingelegten Schinken oder ein dickes Stück Mortadella und zum Nachtisch Büchsen mit eingemachten Pfirsichen.
    Mom kochte nicht besonders gern - »Warum soll ich den ganzen Nachmittag in der Küche stehen und etwas zubereiten, das innerhalb von einer Stunde wieder weg ist«, sagte sie manchmal, »wenn ich in derselben Zeit ein Bild für die Ewigkeit malen kann?« -, deshalb nahm sie einmal in der Woche einen riesigen gusseisernen Topf und kochte darin Eintopf mit Fisch und Reis oder meistens Bohnen. Alle zusammen sortierten wir die Steinchen aus den Bohnen, dann weichte Mom sie über Nacht ein und kochte sie den ganzen nächsten Tag lang mit einem alten Schinkenknochen, damit sie Geschmack bekamen. Die Woche über gab es dann Bohnen zum Frühstück, Mittagessen und Abendessen. Wenn die Bohnen allmählich schlecht wurden, taten wir einfach ein bisschen mehr Gewürze hinein, so wie die Mexikaner in den LBJ Apartments das gemacht hatten.
    Wir kauften so viele Lebensmittel ein, dass das Geld nie bis zum nächsten Zahltag reichte. An einem der Zahltage schuldete Dad seinem Arbeitgeber sogar noch elf Gent. Er fand das lustig und sagte, sie sollten es auf seinen Deckel schreiben. Dad ging abends fast gar nicht mehr in Kneipen. Stattdessen blieb er zu Hause bei uns. Nach dem Abendessen machten es sich alle auf den Bänken und dem Fußboden des Bahnhofs gemütlich und lasen. Mitten im Raum lag ein Wörterbuch, damit wir Kinder die Wörter nachschlagen konnten, die wir nicht kannten. Manchmal diskutierte ich mit Dad über die Worterklärungen, und wenn wir anderer Meinung waren als die Wörterbuchschreiber, setzten wir uns hin und schrieben einen Brief an den Verlag. Oft antworteten sie uns und. verteidigten ihre Position, was einen noch längeren Brief von Dad zur - Folge hatte, und wenn wieder eine Antwort kam, schrieb er noch einmal, bis wir irgendwann nichts mehr von den Wörterbuchleuten hörten.
    Mom las alles, was sie in die

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