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Schloss aus Glas

Schloss aus Glas

Titel: Schloss aus Glas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeanette Walls
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sich inspiriert fühlte, nahm sie ihre Noten und einen von unseren Spulenstühlen mit nach draußen und klimperte hinterm Haus munter vor sich hin. »Den wenigsten Pianisten ist es vergönnt, in der herrlichen Natur zu spielen«, sagte sie. »Und jetzt kann sich auch noch die ganze Nachbarschaft an der Musik erfreuen.«
    Dad fand einen Job als Elektriker in einer Silbermine. Er ging früh zur Arbeit und war auch früh wieder zu Hause, sodass wir nachmittags alle zusammen spielen konnten. Dad brachte uns Kartenspiele bei. Er wollte aus uns stahläugige Pokerspieler machen, aber ich war nicht besonders gut. Dad sagte, mein Gesicht wäre ungefähr so rätselhaft wie eine Verkehrsampel. Ich konnte zwar nicht gut bluffen, aber manchmal gewann ich trotzdem eine Partie, weil ich mich selbst über mittelmäßige Karten freute, beispielsweise über ein Paar Fünfen, sodass Brian und Lori dachten, ich hätte Asse in die Hand bekommen. Dad erfand auch ständig irgendwelche Spiele für uns, zum Beispiel das Ergo-Spiel, bei dem er zwei sachliche Aussagen machte und wir aufgrund dieser Aussagen eine Schlussfolgerung ziehen oder aber sagen mussten: »Information für Schlussfolgerung unzureichend«, und dann erklären, wieso. Wenn Dad nicht da war, dachten wir uns selbst Spiele aus. Wir hatten nicht viele Spielsachen, aber in einem Ort wie Battie Mountain brauchte man eigentlich auch kein Spielzeug. Wir besorgten uns zum Beispiel ein Stück Pappe und schlitterten damit die schmale Treppe im Bahnhof hinunter. Oder wir sprangen vom Bahnhofsdach, mit einer Armeedecke als Fallschirm, und rollten uns bei der Landung ab, wie Dad es uns beigebracht hatte und wie echte Fallschirmspringer es machen. Manchmal legten wir kurz bevor der Zug kam ein kleines Stück Metall - oder, wenn uns verschwenderisch zumute war, einen Penny - auf die Schienen. War der Zug dann auf seinen wuchtigen Rädern stampfend vorbeigedröhnt, holten wir uns glücklich unser frisch geplättetes, heißes und glänzendes Metallstück.
    Aber am liebsten unternahmen wir Streifzüge durch die Wüste. Dann standen wir im Morgengrauen auf, meine liebste Tageszeit, wenn die Schatten lang und lila waren und der ganze Tag noch vor einem lag. Manchmal kam Dad mit, und wir marschierten wie Soldaten in Reih und Glied durch die Beifußbüsche. Dad rief in einer Art Singsang seine Befehle - hopp, zwei, drei, vier -, und dann stoppten wir und machten Liegestütze, oder Dad hielt den Arm ausgestreckt, damit wir Klimmzüge daran machen konnten. Meistens aber zogen Brian und ich allein los. Die Wüste war voll mit den erstaunlichsten Schätzen.
    Wir waren nach Battie Mountain gezogen, weil es in der Gegend Gold gab, aber in der Wüste gab es auch tonnenweise andere mineralische Ablagerungen. Es gab Silber und Kupfer und Uran und Schwerspat, der, wie Dad sagte, beim Bohren nach Öl verwendet wurde. Mom und Dad konnten anhand der Farbe von Steinen und Erde sagen, welche Mineralien und Erze sich im Boden befanden, und sie brachten uns bei, worauf wir achten sollten. Die roten Felsen enthielten Eisen, die grünen Kupfer. Es gab jede Menge Türkis - er lag in kleinen Brocken oder sogar dicken Klumpen auf dem Wüstenboden herum -, und Brian und ich stopften uns die Taschen damit voll, bis uns vom Gewicht fast die Hose herunterrutschte. Wir entdeckten auch Pfeilspitzen oder Fossilien oder alte Flaschen, die in den Jahren unter der sengenden Sonne dunkellila geworden waren. Manchmal fanden wir sonnengebleichte Kojotenschädel und leere Schildkrötenpanzer, die Klappern und abgestreiften Häute von Klapperschlangen oder große, fette Ochsenfrösche, die sich zu lange in der Sonne aufgehalten hatten und total ausgetrocknet waren und sich so leicht anfühlten wie Papier.
    Wenn Dad Geld hatte, gingen wir sonntagabends zum Essen in den Owl Club. Der Owl Club war »weltberühmt«, so stand es draußen auf dem Schild, auf dem auch eine große, fette Schreieule mit Kochmütze Richtung Eingang zeigte. Auf einer Seite war ein Raum mit langen Reihen Glücksspielautomaten, die unentwegt klickten und tickten und blinkten. Mom sagte, die Spieler an den Automaten würden hypnotisiert. Dad sagte, sie wären blöde Trottel. »Spielt nie an Automaten«, mahnte Dad uns. »Das machen nur Volltrottel, die sich auf ihr Glück verlassen.« Dad kannte sich mit Statistiken aus, und er erklärte uns, wie die Kasinos dafür sorgten, dass die Automatenspieler das Nachsehen hatten. Wenn Dad spielte, dann lieber Poker oder

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