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Schloss der Engel: Roman (German Edition)

Schloss der Engel: Roman (German Edition)

Titel: Schloss der Engel: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Itterheim , Jessica Itterheim
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feuchten Wald an vielen Stellen Nebel aufgezogen war und ich auch niemanden von den anderen mehr sehen oder hören konnte, fühlte ich mich nicht gerade wohl in meiner Haut. Erst recht nicht, als ich ein Flüstern hörte. Genauer gesagt: ein leises Schluchzen.
    Meine Nackenhärchen stellten sich auf – ich sollte lieber nicht weitergehen –, aber ich wusste genau, wer da weinte. Ich hatte ihr Flehen schon so oft gehört und das Steingrab zu oft gesehen, um nicht zu wissen, dass sie dort auf mich wartete.
    Susan war nicht da, als ich das Hügelgrab entdeckte. Erleichtert blieb ich stehen. Es war still – zu still. Mein Ohrensausen war lauter. Ich spürte, wie leise Furcht in mir aufstieg: Das Grab sah anders aus als in meinen Träumen. Ein Tragstein war abgerutscht und hatte einen der Decksteine mit sich gerissen, wodurch eine kleine Öffnung freigelegt wurde. Doch ich wusste, dass die eigentliche Grabstätte darunterlag.
    Als das Schluchzen wieder einsetzte, kroch mir ein eisiger Schauder über den Rücken. Es klang unfassbar verzweifelt – und kam aus dem Inneren der Totenstätte!
    Noch war es Zeit, umzudrehen und das Ganze zu vergessen. Schließlich hatte ich nur geträumt, dass Susan hier auf mich wartete – was im Grunde gar nicht sein konnte, da sie tot war.
    Aus dem Weinen wurde ein Wimmern. Ich riss mich zusammen. Traum oder nicht, da drin war jemand, der Hilfe brauchte.
    Ich betrachtete die dunkle Fläche, die zwischen mir und dem Grabhügel lag. Das Gelände war ein einziger, matschiger Morast. Das dunkle Nass sah wenig einladend aus. Vielleicht sollte ich meine Rettungsaktion lieber jemand anderem überlassen. Einem, der nicht von toten Mädchen zu einem Grab gelockt wurde und im Gegensatz zu mir Traum und Wirklichkeit unterscheiden konnte. Aber würde ich jemanden finden, der mir glaubte – außer einem Psychiater?
    Eigentlich war es schon genug, nasse Füße zu haben. Musste ich wirklich durch ein schlammiges Sumpfloch waten? Ich seufzte und dachte an zukünftige Therapiestunden. Ja, ich musste! Und wenn es nur dazu diente, mir zu beweisen, dass ich zu viel träumte.
    Ein alter, umgekippter Baum, der den größten Teil des Wasserlochs überbrückte, war – wenn mir an seinem Ende ein guter Sprung gelang – die einzige Möglichkeit, einigermaßen trocken zur anderen Seite zu kommen. Ich scheuchte eine Krähe auf, als ich laut fluchend auf den Stamm kletterte und vorsichtig dem Steingrab entgegenbalancierte.
    Du wärst besser im Schloss geblieben.
    Die Stimme war nur ein Flüstern, das durch den Wald rauschte, doch ich erkannte sie sofort: dieselbe Stimme, die mich in den Abgrund gelockt hatte! Mein Kreislauf sackte ab. Meine Beine wurden weich, und ich hatte Mühe, mich auf dem schmalen Baumstamm zu halten, als ich die von dickem Nebel verschleierte Gestalt entdeckte, die oben auf der Grabstätte thronte. Sie war gekommen, um mich zu holen!
    »Was willst du von mir?«, krächzte ich, um meine eigene Stimme zu hören.
    »Was glaubst du wohl?«
    Ich schwieg, wusste ich doch ganz genau, was sie wollte.
    »Eigentlich ist es zu früh für dich – noch! Aber spielt das eine Rolle? Früher oder später, was macht das für einen Unterschied, wenn du freiwillig zu mir kommst?«
    Ihr Mund verzog sich zu einem hässlichen Grinsen, das mich an einen Traum erinnerte, in dem mir eine zähnefletschende Bestie erschienen war. Ich fühlte, wie ihre Augen sich an meine hefteten, wie ihr Bann sich auf mich legte. Mein Kopf begann zu schmerzen. Schwarze Schleier tanzten vor meinem Gesicht. Warum musste ausgerechnet jetzt mein Kreislauf verrücktspielen? Ich ballte meine Hände zu Fäusten und versuchte, mich zu wehren.
    »Warum? Warum ich?« Ich war kaum fähig, zu reden – ihr Anblick schnürte mir die Kehle zu.
    »Du bist ein besonderer Leckerbissen. Man bekommt nicht oft das ... Verzeih! Das darf ich dir ja nicht verraten! Aber ich hätte dich schon bei deinem letzten Besuch bei mir behalten, wenn es mir möglich gewesen wäre.«
    Ich glaubte zu ersticken. Der Triumph in den schwarzen Augen verriet, dass sie mich bereits sehnsüchtig erwartet hatte. Ich zwang meine Beine, sich zu bewegen. Langsam setzte ich einen Fuß nach dem anderen – Hauptsache weg von ihr.
    »Du wirst mir nicht entkommen. Du hast schon zu viel gesehen«, höhnte sie. »Hier, allein mit mir, kannst du dich meinem Ruf nicht entziehen. Also wehr dich nicht, dann wird es einfacher – für uns beide!«
    Eine Windböe zerzauste ihre langen

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