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Schloss der Engel: Roman (German Edition)

Schloss der Engel: Roman (German Edition)

Titel: Schloss der Engel: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Itterheim , Jessica Itterheim
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perfekt.
    Schließlich saß ich allein in der Kantine. Ich stocherte gedankenverloren in meinem Salat herum. Wich Christopher mir aus? Weil es ihm peinlich war, da alle wussten, dass er mich geküsst hatte? Oder weil er es bereute – wie beim letzten Mal, als er mich getröstet hatte? Ich spürte Mutlosigkeit in mir aufsteigen und hatte plötzlich Angst davor, Christopher zu begegnen und Ablehnung in seinen Augen zu lesen.
    Nach dem Essen schlenderte ich zur Seemauer vor dem Schloss. Die Wolken hatten sich verzogen, und die Sonne strahlte frühlingshaft vom Himmel. Ich schob die Ärmel meiner Jacke hoch, setzte mich auf die warme Mauer und beobachtete die Enten auf dem See, die friedlich zu ihren Nistplätzen am gegenüberliegenden Ufer schwammen.
    Christophers Duft wehte zu mir herüber. Bei seinem Anblick wäre ich beinahe von der Mauer gestürzt. Wie gewelltes Gold leuchteten seine Haare im Licht der Sonne und umgaben ihn mit einem irisierenden Schimmer. Eigentlich war er viel zu perfekt für diese Welt. Dann begegnete ich seinen Augen – hart wie Jade blitzte seine Iris. Kälte sprach aus ihnen, Reue und Ablehnung.
    Erschrocken wich ich zurück, bevor ich mich eines Besseren besann und ungelenk von der Mauer sprang. Er sollte nicht merken, wie sehr mich seine Zurückweisung verletzte.
    »Bist du heute mein Bodyguard?« Ich hoffte, dass meine Stimme gelangweilt klang. Noch bevor er antworten konnte, fuhr ich fort. »Gib dir keine Mühe, ich werde brav sein und auf mein Zimmer gehen.« Um meine Enttäuschung zu verbergen, wandte ich mich schnell von ihm ab.
    »Eigentlich hatte ich gehofft, du würdest mich begleiten. Ich wollte nach frischen Christrosen suchen für ...« Er beendeteseinen Satz nicht, doch ich wusste, wofür er die Blumen brauchte.
    Hatte ich mich getäuscht? Bedauerte er diesmal nicht, mir nähergekommen zu sein? Ich kämpfte meine Euphorie zurück. Nichts sprach dafür, dass er etwas für mich empfand: kein Lächeln, keine Umarmung, kein Begrüßungskuss. Möglicherweise wollte er nur klären, dass ein Kuss für ihn nicht viel bedeutete.
    Ich beschloss, ihm entgegenzukommen. Wenn er mir etwas sagen wollte, konnte er das auch hier tun. »Darf ich denn überhaupt so weit weg vom Schloss?« Mein provozierender Unterton war unschlagbar.
    »In Begleitung schon.«
    »Wenn das so ist.« Ich zuckte ergeben die Schultern und verbot mir, mehr zu erhoffen als eine Erklärung.
    Schweigend liefen wir nebeneinanderher, und ich vergaß seinen ablehnenden Blick. Wahrscheinlich hatte ich das Jadegrün in seinen Augen falsch gedeutet. Oder seine Gegenwart blendete mein Urteilsvermögen: Liebe machte eben nicht blind, sondern blöd!
    Ich kämpfte mit mir. Sollte ich beginnen? Ihn fragen, ob er sich anders entschieden hatte? Oder ob er mich nur aus einer Laune heraus geküsst hatte – ein spontaner Blackout oder eine Art Wiederbelebungsversuch? Und warum eigentlich hatte er sich davor entschuldigt? Glaubte er etwa, er würde schlecht küssen? Diese Angst konnte ich ihm nehmen!
    Je näher wir der Kapelle kamen, umso nervöser wurde ich. Was wollte er ausgerechnet dort? Schließlich hielt ich das Schweigen nicht länger aus.
    »Christopher, wegen gestern Abend.«
    Er blieb abrupt stehen. Seine Augen weiteten sich, als hätte ich mich in ein Gespenst verwandelt. Wie immer hatte er sich schnell wieder unter Kontrolle. Vielleicht sollte ich auch einen Animateurkurs belegen.
    »Ja? An was kannst du dich denn noch erinnern?«
    Ich schnappte nach Luft. Hatte ich richtig gehört? Feigling! Er erwartete von mir doch nicht etwa, dass ich so tat, als wäre nichts passiert? Ich verbarg meine Hände hinter dem Rücken, damit er nicht sehen konnte, dass ich sie zu Fäusten geballt hatte. Es wurde Zeit, dass ihn jemand von seinem hohen Ross schubste.
    »Also ... was soll ich sagen. Ehrlich, ich war gestern ziemlich fertig. Du weißt schon, der Wald, der Regen, die Kälte und so«, faselte ich. »Ich bin so lange gelaufen und war so müde, und in der Kapelle, mit den paar Kerzen, da ... da dachte ich ...«, – ich stammelte absichtlich, obwohl sich mir vor lauter Lügen der Magen umdrehte – »du ... du wärst ...« Mit einem schmachtenden Seufzer brach ich ab. »Aber Philippe, nun ja, er ... er küsst besser.«
    Ich blickte zu Boden. Tapfer hatte ich mich dazu gezwungen, Christopher anzusehen, damit er nicht auf die Idee kam, meine Geschichte wäre erfunden, doch das Funkeln in seinen Augen traf mich wie ein Fausthieb. Abscheu,

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