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Schloss der Engel: Roman (German Edition)

Schloss der Engel: Roman (German Edition)

Titel: Schloss der Engel: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Itterheim , Jessica Itterheim
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Eingangshalle betrat.
    »Ich dachte schon, ich wäre zu spät dran, und wollte gerade draußen nach dir suchen.«
    Meine Lüge klang nicht besonders überzeugend, doch Aron schien sie zu akzeptieren. Mit unbewegter Miene verließ er das Schloss und führte mich am südlichen Seeufer entlang, zu dem alten, schief stehenden Baum. Erst dort schien er wieder aus seinen Überlegungen zu erwachen.
    »Hast du eine Entscheidung getroffen?« Aron blickte mir prüfend in die Augen. »Bist du so weit, ein Engel zu werden?«
    »Ja, das bin ich«, antwortete ich, um eine feste Stimme bemüht.
    »Wie viel bist du bereit zu wagen?«
    Ein unangenehmes Kribbeln breitete sich in meinem Magen aus. Er prüfte, ob ich so weit war, mich der Herausforderung zu stellen. Obwohl ich darauf vorbereitet war, schreckte ich zurück.
    »Aron, warum tust du das? Seit meiner Begegnung mit derTotenwächterin hackst du auf mir herum. Ich hätte mich niemals auf sie eingelassen, wenn ich gewusst hätte, wer sie ist. Und du kannst dir sicher sein, dass ich meine Lektion gelernt habe, während ich in der Totengruft feststeckte.«
    Ich blickte auf meine aufgeschürften Handrücken und dachte mit Grauen daran, wie ich in panischer Angst auf die Steinwände eingeschlagen hatte.
    »Es wäre nicht nötig gewesen, mir eine zweite Lektion zu erteilen.« Der Kloß, den ich hinuntergeschluckt hatte, drohte erneut aufzusteigen. Ich kämpfte gegen ihn an. Er blieb schwer wie ein Stein in meinem Magen liegen. »Was hast du vor, Aron? Möchtest du mir heute schon wieder zeigen, wie fehlerhaft ich bin?«
    »Wie kommst du denn darauf?!« Aron funkelte mich an und drängte mich durch seine Frage in die Offensive.
    »Ich hab dein Gespräch mit Christopher gehört«, gab ich zu.
    »Du hast uns belauscht?«
    »Ich ... es war keine Absicht«, stammelte ich.
    »Wie viel bist du bereit zu wagen?«, wiederholte er seine ursprüngliche Frage, ohne auf mein Geständnis einzugehen.
    Ich erblasste. Er schien sich von seinem Vorhaben nicht abbringen zu lassen.
    »Um ein Engel zu werden?«
    Aron nickte.
    Meine Gedanken wanderten zu Christopher. Meine unausgesprochene Sehnsucht, ihm endlich als vollwertiger Engel gegenüberzutreten, erwachte. Vielleicht würde dadurch die Sorge aus seinen Augen verschwinden, die immer dann auftauchte, wenn er versuchte, mich unauffällig zu beobachten.
    »Alles. Ich bin bereit, alles zu wagen.«
    Arons Blick wurde weicher. Anerkennung spiegelte sich in ihm, gemischt mit einer leisen Spur von Besorgnis.
    Ich schluckte angesichts seiner Bedenken, aber ich hatte michentschieden. Etwas in mir schrie danach, den Sprung vom Baum zu wiederholen, um endlich ein Engel zu werden.
    »Nein, Lynn. Ich habe etwas anderes mit dir vor«, rief Aron mich auf meinem Weg zum Übungsbaum zurück.
    Der Stein, der immer noch in meinem Magen lag, wurde schwerer – ich ignorierte ihn und folgte Aron, der weiter am Ufer entlanglief. An einem kleinen Steg blieb er stehen und bat mich, in einem der bunt bemalten Holzboote Platz zu nehmen.
    Ohne nachzufragen, was er vorhatte, setzte ich mich. Ich hatte ihm erklärt, dass ich bereit wäre – für was auch immer. Ein Rückzieher kam nicht infrage. Schon allein deshalb nicht, um Aron zu beweisen, wie falsch er mit der Vermutung lag, dass ich nicht ins Schloss der Engel gehörte – und nicht zu Christopher!
    Aron löste die Leine, mit der das kleine Ruderboot am Steg festgetäut war, und paddelte hinaus auf den See. Er hielt auf die Übungsplattform zu, an der noch die filigranen Zylinder mit ihren kelchartigen Verdickungen vom heutigen Flugtraining befestigt waren.
    Ich versuchte mein Entsetzen zu unterdrücken, als ich die hohen Kelche über mir sah. Mir dämmerte, was Aron geplant hatte, und ich spürte, wie die Angst vor dem Sprung mir in die Knochen kroch.
    Ungeschickt kletterte ich aus dem Boot und klammerte mich an Arons helfende Hand. Er drückte sie kurz – aufmunternd –, bevor er sie losließ, und ich sah den liebenswerten Aron vor mir stehen, den ich am Morgen beim Flugtraining beobachtet hatte.
    »Keine Sorge, ich helfe dir, so gut ich kann.« Ein amüsiertes Lächeln huschte über sein Gesicht. »Eigentlich ist es eines unserer Sommervergnügen. Auf jeden Fall wird es dir mehr Zeit verschaffen, dich zu verwandeln, als du normalerweise hast, wenn du vom Baum springst.«
    Ich bemühte mich zurückzulächeln – erfolglos – und beäugtemisstrauisch die im Wind hin und her schaukelnden Stängel. Dass meine Muskeln

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