Schloss der Engel: Roman (German Edition)
stimmte: Fliegen war unglaublich. Ich fühlte mich frei wie nie zuvor.
Ungläubig betrachtete Christopher mich von Kopf bis Fuß, nachdem er mich auf festem Boden abgesetzt hatte. »Sag mir, wieso du so ... so unbekümmert aussiehst, nachdem du beinahe im See gelandet bist? Was um alles in der Welt zaubert dir ein solches Lächeln auf die Lippen?«
» Du . Du und der Flug mit dir!«, entgegnete ich.
Christopher schüttelte den Kopf. »Ich kann nicht glauben, was du da von dir gibst«, herrschte er mich an.
Seine Verärgerung überraschte und ernüchterte mich. »Aber es ... es war unbeschreiblich. So lebendig!«, versuchte ich zu erklären.
Christopher starrte mich nur verständnislos an. Irgendetwashatte ich falsch gemacht. War er enttäuscht, dass Aron recht behalten hatte? Dass ich versagt hatte? Sie gehört nicht hierher! War es so? War ich zu schwach, zu unentschlossen, ein Engel zu werden? Und wenn ja: Würden sie mich fortschicken?
Meine Erkenntnis kam spät, aber sie kam. Ich hatte meine Bewährungsprobe verpatzt! Mir wurde schlecht.
Doch dann nahm Christopher mich in seine Arme und drückte mir einen zärtlichen Kuss auf die Stirn, und ich schöpfte wieder Hoffnung. Er liebte mich. Er würde das nicht zulassen!
Erst als Aron uns aufstöberte, ließ er mich los.
»Wie konntest du, Aron!« Ein wütendes Funkeln spiegelte sich in Christophers Augen.
Aron blieb stehen. Sein wachsamer Blick verriet seine Anspannung. »Ich wusste, dass du das Schlimmste verhindern würdest«, antwortete er vorsichtig.
»Und das scheint dir das Recht zu geben, sie durch die Luft zu schleudern?«
»Komm schon, Christopher, wir machen das den ganzen Sommer über«, lenkte Aron ein.
»Mit Engeln, die fliegen können, und nicht mit denen, die dabei sind, es zu lernen.« Christophers Ärger wuchs durch Arons Versuch, das Geschehene zu beschönigen.
Ich spürte Arons zunehmende Verunsicherung, als Christopher fortfuhr. »Zwinge sie nicht noch einmal, eines deiner Experimente durchzuführen!« Christophers Augen schimmerten kälter als Eis. Ein Frösteln lief durch meine Glieder.
Auch Aron hatte Christophers unausgesprochene Drohung wahrgenommen. Er zwang sich, nicht vor ihm zurückzuweichen, doch sein Zwiespalt war nicht zu übersehen. Sie waren Freunde – dennoch fürchtete er sich vor ihm.
Entschlossen stellte ich mich zwischen die beiden. Christopher brauchte Arons Freundschaft. Ich durfte nicht zulassen, dass sie meinetwegen stritten.
»Aron hat mich nicht gezwungen, zu springen.«
Die Kälte aus Christophers Augen verschwand, als er zu mir sah. »Du hast das freiwillig gemacht?«
Ich nickte mit einer Selbstsicherheit, die ich momentan nicht besaß, aber es reichte, um Christopher zu besänftigen.
»Ja, die Möglichkeit, dass du so etwas machst, besteht durchaus. Allerdings wäre es hilfreich, wenn du mich beim nächsten Mal vorwarnst.«
»Um mir den Spaß zu verderben?!«, erwiderte ich lachend. Als ich zu Aron sah, entdeckte ich mehr als nur Verwunderung in seinem Blick.
Kapitel 15
Mären einer Totenwächterin
A uch in den folgenden Nächten besuchte die Totenwächterin meine Träume und zog mich in ihren Bann.
In der zweiten Nacht erwachte ich, als eine heftige Windböe durch meinen Pyjama schnitt. Mein Kopf dröhnte und weigerte sich, mir zu verraten, warum ich mitten in der Nacht das Schloss verlassen, die Seemauer passiert und geradewegs den Weg zum Wald eingeschlagen hatte. Ich war doch noch nie im Schlaf umhergewandelt! Warum heute? Lag es an dem Kräutersäckchen, das ich mir unters Kopfkissen gelegt hatte? Oder an den Albträumen?
Ich rief mir noch einmal meinen letzten Traum ins Gedächtnis. Allzu deutlich sah ich die Totenwächterin, wie sie ihre Hände nach mir ausstreckte und eindringlich meinen Namen wiederholte. Erneut fühlte ich ihren Lockruf, und ich musste meine ganze Willenskraft aufbringen, um mich ihrer Anziehungskraft zu entziehen. Ihr Bild konnte ich nicht vertreiben.
Es ist nur eine Frage der Zeit, bis du zu mir kommst.
Die Erinnerung an ihre Prophezeiung in Arons Gefahrenkundeunterricht bescherte mir eine Gänsehaut. Ich schlang bibbernd die Arme um meinen frierenden Körper, als sich die feinen Härchen in meinem Nacken aufrichteten. Der kalte Wind auf meiner Haut verstärkte meine Unruhe.
Warum schlich sich die Totenwächterin in meine Träume? Was wollte sie von mir? Mich in ihre Gruft zurückholen? Aber warum ausgerechnet mich? Weil ich so blöd war, mich auf
Weitere Kostenlose Bücher