Schloss der Liebe
geschmiedetes Messer, kein perfektes Mordinstrument wie Severins Dolch. Das Messer gehörte Thomas, dem Bäcker. Sie konnte nur hoffen, dass es mit Wegelagerern genauso gut fertig wurde wie mit Brot.
Schritte näherten sich; einer der Männer kam auf sie zu. Nur einer, Gott sei Dank. Sie wartete und griff das Messer fester.
Dann riss sie die Augen auf - er stand über ihr und betrachtete sie mit gezücktem Dolch.
»Du bist also wach, wie?«
»Und ob, du dreckiger Schuft!« Sie riss das Messer hoch und merkte, wie es fast widerstandslos in seinen Bauch glitt, fühlte, wie ihr übel wurde und zog das Messer rasch wieder heraus. Er stand immer noch über ihr und starrte sie entgeistert und mit offenem Mund an. Doch aus seinem Mund kamen keine Worte, nur Blut.
»Hast du das Bürschchen erledigt?«
Sie hatte keine Wahl. Wieder stach sie auf ihn ein, dieses Mal höher, in seine Brust. Die Messerspitze traf auf eine Rippe und glitt daran vorbei. Der Mann schrie auf, krümmte sich und fiel auf die Seite.
»Was ist los?« Der andere Mann eilte an seine Seite. Im gleichen Moment war Hastings auf den Füßen und rannte zu Marella.
»Der kleine Hurensohn hat mich erwischt«, stieß der Verletzte keuchend hervor. »Ich glaub', mit mir ist es aus.«
Wie ein Blitz sprang Hastings auf ihr Pferd. Wilde Verwünschungen ausstoßend nahm der zweite Mann die Verfolgung auf. Marella stellte sich auf die Hinterbeine und hieb die Vorderhufe in die Brust des Mannes.
Mit einem Ächzen fiel er rücklings zu Boden.
In diesem Augenblick hörte sie erneut lautes Fluchen. Wüste Flüche, in denen Körperteile und Tiere vorkamen. Dieser Mann flüsterte nicht, er brüllte.
Sie kannte die Stimme.
Hastings stieß Marella kräftig in die Flanken, aber die Stute konnte keinen Schritt tun. Männer auf Pferden versperrten ihr den Weg, es waren Severin auf seinem Streitross, hinter ihm drei weitere Reiter. Wie hatte er seine Männer nur so schnell auf ihre Spur bringen können? Zur Hölle mit ihm.
Sie glitt von Marellas Rücken, wich einem Hengst aus und rannte in den Wald, gefolgt von Severins Verwünschungen.
Die Rüche rissen ab. Das Stampfen der Füße hinter ihr jedoch nicht.
Etwas Großes, Hartes traf sie am Rücken und warf sie zu Boden. Sie fiel flach aufs Gesicht, niedergedrückt von einem bleiernen Gewicht.
»Du solltest Hofnarr bei mir werden«, sagte er dicht an ihrem Ohr. »Meine Männer würden gar nicht mehr aufhören zu lachen. Du müsstet einfach nur erzählen, was du dir heute alles geleistet hast, Hastings, weiter nichts.«
Er brach ihr fast das Kreuz, doch sie sagte kein Wort. Was auch kaum möglich war, solange ihr Mund an den Waldboden gepresst wurde.
Severin rollte von ihr herunter und setzte sich neben sie. Wenigstens war Halbmond. Lange blieb sie einfach liegen, ohne ein Glied zu rühren. Er wusste, dass er sie nicht getötet hatte, denn ihr Rücken hob und senkte sich. Ihr Gesicht lag auf dem Boden. Gut so, hoffentlich hatte sie den Mund voller Erde. Mit etwas Glück waren auch ein paar Würmer dabei.
Nach einer halben Ewigkeit kam sie auf die Knie. Mit hängendem Kopf atmete sie langsam und schwer aus und ein. Schweigend sah er sie an.
Sie setzte sich auf die Fersen. Nach einer Weile sagte sie: »Was auch immer du getan hättest, ich glaube nicht, dass ich imstande gewesen wäre, dir das Messer von Meister Thomas in den Bauch zu rammen. Du bist schließlich immer noch mein Mann.«
»Wohin hättest du dann gezielt?«
Sie schüttelte den Kopf. »Ich weiß es nicht.«
»Ich war nicht rechtzeitig da, um dir zu helfen.« Das klang unglaublich wütend.
»Ich brauchte deine Hilfe nicht.«
»Ach nein? Du brauchtest sie also nicht?« Seine Wut schien sich noch zu steigern. »Und wenn noch ein dritter Mann aufgetaucht wäre?«
Dann wäre ich jetzt tot, dachte sie, behielt es aber für sich. »Mit dem wäre ich auch noch fertig geworden.«
Severin stand auf, klopfte den Schmutz von seiner Kleidung und sah sie stumm an.
Plötzlich überkam sie ein Gefühl schrecklicher Kraftlosigkeit. Was war mit ihr los? Sie versuchte aufzustehen, stellte aber fest, dass es nicht ging. Ihr wurde schwindelig. Ihre Augen suchten das Messer. Es musste da liegen, wo Severin sie niedergeworfen hatte. Es war in ihrer Hand gewesen.
Sie war in das Messer gefallen.
Mit den Fingerspitzen berührte sie ihre Seite. Die Finger fühlten sich feucht und klebrig an. Sie sah zu Severin hoch.
»Glaub nur nicht, dass ich dir aufhelfe. Du kommst
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