Schloss der Liebe
keinen Sinn, Marjorie. Ihr wusstet sehr gut, dass de Luci es auf Oxborough abgesehen hat. Der einzige Weg, es zu bekommen, ist der, Severin umzubringen. Das hätte auch Euch klar sein müssen, wenn Ihr nur den Verstand gebraucht hätte, der da irgendwo unter Eurem schönen Haar verborgen sein muss.«
Lange Zeit sagte Marjorie nichts. Schließlich nickte sie und sagte: »Ja, vermutlich wusste ich es, aber Ihr solltet wissen, dass er mir versprochen hat, Severin am Leben zu lassen. Er hat versprochen, mir Severin und eine große Menge Gold zu geben, damit wir nach Frankreich gehen können.«
»Aber Severin wäre dann immer noch Lord von Oxborough.«
»Nicht, wenn ...«
»Nicht wenn de Luci ihn tötet. Mir liegt nichts an meinem Leben. Aber wenn Ihr könnt, bringt Severin in Sicherheit. Nehmt ihn mit nach Frankreich. Nehmt ihn mit, wohin Ihr wollt, aber bringt ihn in Sicherheit.«
Marjorie zeigte ein schiefes Lächeln. »Ihr bittet mich, Severin zu retten, und beweist damit, wie schwach Ihr seid. Ich bezweifle, dass er mich umgekehrt bitten würde, Euch zu retten. Habt Ihr denn immer noch nicht begriffen, wie eigennützig Männer sind? Sie denken nur an sich selbst, um sich noch wichtiger vorzukommen. Nur bei Severin dachte ich, er sei anders. Gut, er wollte den Besitz Eures Vaters, aber nur weil er die verwüsteten Ländereien und die Burg seiner Väter retten und sich um seine arme, verrückte Mutter kümmern musste. Jetzt allerdings sehe ich, wie er sich verändert hat. Er hat sich an die Macht gewöhnt, die ihm die Heirat mit Euch verschafft hat. Er ist genau so gierig und selbstsüchtig geworden wie alle anderen.«
»Er ist alles andere als selbstsüchtig, und Ihr wisst es, Marjorie. Warum habt Ihr de Luci nicht gesagt, dass ich ein Kind von Severin erwarte?«
Marjorie zuckte die Schultern. »Ich habe es mir anders überlegt. Ich dachte, dass ich mir die Tatsache, dass er es nicht weiß, vielleicht irgendwie zu Nutzen machen könnte. Ich habe so gut wie nichts in der Hand, aber das ist etwas. Und ich bin mir sicher, dass Ihr es ihm nicht verraten werdet.«
»Wacht endlich auf, Marjorie. Wacht auf! De Luci will Severin umbringen. Wenn er es nicht tut, wird es ihm nicht gelingen, Oxborough für sich zu gewinnen.«
»Seid Euch da nur nicht zu sicher«, sagte Marjorie. »Es gibt noch andere Wege.«
Hastings wollte gerade fragen, was sie damit meinte, als Ibac plötzlich in der Tür erschien. »Mylord hat befohlen, Lady Hastings in den Großen Saal zu bringen, sobald sie wach ist.« Er warf Hastings einen sorgenvollen Blick zu. »Könnt Ihr laufen? Soll ich Euch tragen?«
Hastings schüttelte den Kopf, schwang die Beine über den Bettrand und erhob sich langsam, ganz langsam. Ihr wurde schwindelig, aber das Gefühl ging rasch vorbei. Sie fühlte sich schwach und fragte sich, wie lange sie wohl ohne Bewusstsein gewesen war. Eloise erschien auf der Schwelle, in der Hand einen Kelch.
Marjorie nahm den Kelch und reichte ihn Hastings. »Das hier wird Euch stärken. Trinkt.«
»Noch mehr Gift, Marjorie?«
Ibac erschrak und starrte die wunderschöne Frau mit ihrem silbrig glänzenden Haar verwundert an. Wie alle anderen Soldaten betrachtete auch er sie mit einer Verehrung, die einer Statue der Mutter Gottes würdig war. Was hatte Lady Hastings da von Gift gesagt? Sicher irrte sie sich.
Marjorie entgegnete nichts, sondern lächelte nur, während Hastings den Kelch leerte. Es war süße, stärkende Ziegenmilch. Sie fühlte, wie die Kraft in ihren Körper zurückkehrte. Trist, der neben ihr gelegen hatte, sprang auf ihre Schulter.
Ibac blieb an ihrer Seite, bereit sie stützen, falls sie ins Schwanken kommen sollte, aber Hastings blieb aufrecht. In ihrem Kopf rasten die Gedanken. Severin musste am Leben bleiben. Sie musste einen Weg finden, ihn zu retten.
Die Balken des Großen Saals waren rußgeschwärzt, die langen Tische schmierig und zerkratzt und die Bänke so klebrig und verschmutzt, dass sie sich auf keinem davon niederlassen wollte. Die Binsen auf dem Boden rochen verbraucht und alt. In der Luft hing ein vager Uringeruch. Neben dem riesigen Kamin lag ein halbes Dutzend Wolfshunde. Seit wann war Richard de Luci hier? Hastings vermutete, dass es mindestens eine Woche her sein musste, so heruntergekommen und schmutzig war alles. Sir Allan hätte solche Zustände niemals erlaubt.
Auf dem Lehnstuhl des Burgherrn saß Richard de Luci.
»Wo ist Sir Allan?«, rief sie.
De Luci lächelte nur. »Im Kerker, bei
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