Schloß Gripsholm
schwerer
Bordeaux. Das Zimmer lag im abgeblendeten Schein der
Lampen, es war so warm und heimlich, und wir kuschel-
ten uns.
„Schon?“ fragte ich. Die Damen wollten schlafen gehn.
„Aber wenn ihr im Bett seid,“ sagte ich, „dann laßt die Tür
noch offen — damit ich höre, was ihr euch da erzählt!“ Ich
ging und zog mich aus. Dann klopfte ich. „Willst du …!“
sagte die Stimme der Prinzessin. „Wird hier ehrsame Da-
mens bei der Toilette stören! Mädchenschänder! Wüstling!
Blaubart! Ein albernes Geschlecht — !“ Wo aber war mein
Eau de Cologne? Mein Eau de Cologne war da drin — so
ging das nicht! Man ist doch ein feiner Mann. Ich klopfte
wieder. Geraschel. „Ja?“ Ich trat ein.
Sie lagen im Bett. Billie in meinem: sie hatte einen
knallbunten Pyjama an, auf dem hundert Blumen blüh-
ten, jetzt sah sie aus, wie die wilde Lieblingsfrau eines
Maharadschas … sie lächelte ruhig in ihr Rätselblatt. Sie
war beinah schön. „Was willst du?“ fragte die Prinzessin.
„Mein Eau …“ — „Haben wir all ausgebraucht!“ sagte sie.
„Nu wein man nicht — ich kauf dir morgen neues!“ Ich
brummte. „Habt ihr denn fertig gelöst?“ — „Wenn wir
dich brauchen, rufen wir dich … Gute Nacht darfst du auch
sagen!“ Ich ging an sie heran und sagte artig zu jeder gute
Nacht, mit zwei tiefen Verbeugungen. „Billie, was haben
Sie für ein schönes Parfum!“ Sie sagte nichts; ich wußte,
was es war. Das Parfum ‚arbeitete‘ auf ihrer Haut — es war
nicht das Parfum allein, es war sie. Und sie hatte für sich
das richtige ausgewählt. Die Prinzessin bekam einen Kuß,
einen ganz leise bedauernden Kuß. Dann ging ich. Die Tür
blieb offen.
„Halbedelstein — “ hörte ich Billie sagen. „Halbedel-
stein … Laß mal: Saphir … nein. Rubin … nein. Opal …
auch nicht. Lydia!“ — „Topas!“ rief ich aus meinem Zim-
mer. „Ja, — Topas! Du bist ein kluges Kind!“ sagte die Prin-
zessin. „Nun — nein, so geht das nicht — laß doch mal — “
Jetzt rauften sie, die Betten rauschten, Papier knatterte …
„Hiii — !“ rief Billie in einem ganz hohen Ton. Etwas zerriß.
„Du dumme Person!“ sagte die Prinzessin. „Komm — jetzt
schreiben wir das noch mal auf dies Papier … da stimmt
doch was nicht! Wir haben eben falsch ausgestrichen …“ —
„Der Doktor Pergament kann Silbenrätsel ohne Bleistift lö-
sen!“ rief ich. Sie hörten gar nicht zu. Sie waren wohl sehr
eifrig bei der Arbeit. Pause.
Die Prinzessin: „Hauch … Hast du sowas gesehn? Was
ist Hauch?“ — „Atem!“ sagten Billie und ich gleichzei-
tig. Es war wie ein Einverständnis. Wieder raschelten sie.
„Das ist ja ganz falsch! Der Inbegriff alles sinnlich Wahr-
nehmbaren — sinnlich Wahrnehmbaren …“ Jetzt waren
sie offenbar am Ende ihres Lateins, denn nun wurde es
ganz still — man hörte gar nichts mehr. „Ich weiß nicht …“
sagte die Prinzessin. „Das ist bestimmt ein Druckfeh-
ler!“ — „Druckfehler bei Silbenrätseln gibt es nicht!“ rief
ich. „Du halt deinen Schnabel, du alte Unke!“ — „Laß doch
mal …“ — „Gib mal her …“ — „Weißt du Rats?“ Beide:
„Wir wissen nichts.“ — „Es muß ein Erwachsener kommen“,
sagte ich. „Da laßt mich mal ran.“ Und ich stand auf und
ging hinein.
Ich nahm einen Stuhl und setzte mich zur Prinzessin.
Einen Augenblick lang hatte der Stuhl in meiner Hand ge-
schwankt; er wollte zu Billie, der Stuhl. „Also — gebt mal
her!“ Ich las, warf das Papier herunter, hob es wieder auf
und probierte mit dem Bleistift auf einem neuen Blatt. Die
beiden sahen spöttisch zu. „Na?“ — „So schnell geht das
nicht!“ — „Er weiß ja auch nicht!“ sagte Billie. „Wir wol-
len erst mal alle in den Rotwein steigen!“ sagte ich. Das
geschah.
„Sehr hübsch“, sagte die Prinzessin. „Rotweinflecke ha-
ben Hausfrauen gern, besonders auf Bettwäsche. Du altes
Ferkel!“ Das galt mir. „Die gehn doch raus“, maulte ich.
„Salzflecke werden gereinigt, indem man Rotwein darüber
gießt“, lehrte die Prinzessin. Und dann lagen sie wieder
beide bäuchlings an ihrem Blatt und lösten. Und es ging
nicht vorwärts. Billie hatte die Haare aus der Stirn gestri-
chen und sah wie ein Baby aus. Wie ein Babybild von Billie.
Wie rund ihr Gesicht war, wie rund. „Ge… Geweihe — !“
schrie Billie. „Geweihe! Für Jagdtrophäen! Siehst du, das
haben wir
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