Schloss meiner Sehnsucht
den Hals fiel. „Dass du mal wieder hier bist!“ Sie küsste ihn ungeniert auf den Mund. „Und hast dich noch nicht bei mir gemeldet. Das sollte ich dir übel nehmen!“
„Vera...“
„Du erinnerst dich zumindest noch an meinen Namen!“
„Ich erinnere mich noch an viel mehr“, grinste Oliver anzüglich.
„Wie erfreulich!“ Vera, das Fotomodell mit Beinen bis zum Himmel, lachte ungeniert. „Wir hatten ja auch viel Spaß miteinander.“
Oliver konnte ihr nur zustimmen. Vor einem halben Jahr hatten sie eine zwar kurze, aber heiße Affäre gehabt. Vera war ein Vulkan. Schön, aufregend, gefährlich.
„Wo hast du gesteckt?“, erkundigte sie sich und hakte sich bei ihm unter. „Wir haben dich gesucht, Bianca und ich.“
„Ach nein! Sehnsucht?“
„Ja, aber nicht nach dir.“ Vera lehnte den Kopf an seine Schulter. „Aber du hattest so schöne Dinge... die haben uns gefehlt.“
„Tja, manchmal muss man verzichten. Oder abtauchen.“ Oliver lachte leise. „Ich hab’s vorgezogen, für eine Weile zu Freunden nach Australien zu verschwinden. Du verstehst...“
„Klar doch. Aber jetzt bleibst du doch, oder? Bianca freut sich bestimmt auch, dich wiederzusehen.“
Oliver konnte sich nur noch vage an Bianca erinnern. Sie war kleiner gewesen als Vera. Und blond. Und ziemlich scharf. Ohne Hemmungen. Ja, jetzt fielen ihm ein paar Nächte zu dritt wieder ein!
„Mal sehen, wann ich in die Stadt komme. Ich melde mich auf jeden Fall bei dir. Und jetzt entschuldige mich, ja? Wir sehen uns noch...“ Kurz hob er die Hand und verschwand im Haus.
Niemand bemerkte, dass er kurz in seine eigenen Räume ging, dann durch einen Nebenausgang wieder nach draußen hastete.
Melanie hatte sich ein wenig vom Partytrubel zurückgezogen. Sie sah Kerstin und Tim zu, die selbstvergessen tanzten. Dann glitt ihr Blick weiter zu Volker, der sich mit ein paar Studienfreunden unterhielt. Jetzt kam sein Vater hinzu, während Gräfin Nora zu einem Tisch ging, an dem einige ältere Herrschaften saßen und sich lebhaft unterhielten.
Wie in einem Film, ging es Melanie durch den Kopf. Ich sitze als Zuschauerin da und erlebe für ein paar Stunden eine andere Welt. Kurz dachte sie an ihren Job in der Klinik. An das Leid, das sie dort erlebte – aber auch an die glücklichen Momente, wenn es gelang, ein Leben zu retten oder auch nur einem Kranken für ein paar Minuten ein wenig Freude zu schenken. Welten lagen zwischen dem Hier und dem Leben dort.
Sie ging noch ein wenig tiefer in den Park hinein, bis sie zu einem kleinen See kam. Die Wasseroberfläche lag ganz still und ruhig, nur in der äußersten linken Ecke spiegelte sich leicht der Mond. Eine schmiedeeiserne Bank, umrahmt von einer niedrigen Buchsbaumhecke, lud zum Ausruhen ein.
„Hier bist du!“ Auf einmal war Volker neben ihr. „Ich hab dich gesucht.“
„Ich... ich wollte mal ein wenig weg von dem Trubel.“ Melanie sah kurz auf. „Hier ist es wunderschön. Idyllisch. Fast schon kitschig.“
„Das war der Lieblingsplatz meines Großvaters.“ Volker setzte sich neben sie. „Hier hat er mir immer Geschichten erzählt – von unseren Vorfahren, von seinen Jagdabenteuern. Aber auch Märchen und Sagen. Er war ein ganz besonderer Mensch.“ Er machte eine kleine Pause, dann fuhr er fort: „Eigentlich hat jeder von uns seinen Lieblingsplatz hier im Park. Mutter mag den Rosenpavillon, Vater die Pferdeställe. Oliver... nein, von ihm weiß ich keinen.“
„Und du? Wo bist du am liebsten?“
„Hier.“ Volker sah sie an. „Vor allem jetzt.“ Ganz leicht beugte er sich vor.
Melanie schloss die Augen. Jetzt... jetzt passiert es! Das konnte sie gerade noch denken, dann explodierten tausend kleine Sterne in ihrem Kopf. Volker küsste sie!
Blöd, dass ihr in diesem Moment eine Szene aus »Pretty Woman« durch den Kopf schoss. Sie sah Julia Roberts neben Richard Gere im Bett liegen. Sacht beugte sie sich über ihn, küsste ihn und flüsterte: Ich liebe dich. – Und was tat er? Er ignorierte dieses Geständnis.
Andere Szene, gleiche Voraussetzungen: Armes Mädchen verliebt sich in Märchenprinzen. Unvorstellbar. Und nicht zu realisieren. Höchstens im Film. Aber das waren ja auch nur Zelloloidträume. Die hatten mit der Wirklichkeit ganz und gar nichts zu tun.
Fröstelnd zog sie die Schultern hoch.
„Dir ist kalt.“ Volker zog fürsorglich sein Jackett aus und legte es ihr um.
„Danke...“
Ein weiterer langer Blick – mit der Folge, dass Volker sie erneut
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