Schloss meiner Sehnsucht
ruhig abladen, ich kann das ab. Aber deine Mutter leidet. Und auch Melanie weiß nicht genau einzuordnen, was los ist.“
„Ich... ich fühle mich so mies. Und es ist nicht abzusehen, wann ich wieder auf den Beinen bin. Wie kann ich da verlangen, dass Melanie zu mir hält? Wir kennen uns erst so kurze Zeit...“
„Was hat das denn damit zu tun? Liebe rechnet sich doch nicht nach Stunden!“
„Ich... ich bin müde, Tim. Ich muss jetzt schlafen.“
„Feigling!“, zischte Tim.
„Bin ich gar nicht...“, murmelte Volker, dann fielen ihm die Augen zu. Tim erkannte, dass der Freund wirklich total erschöpft war – und ging leise hinaus. Er konnte nur hoffen, dass Volker sich seine Wort zu Herzen genommen hatte.
„Ich lass nicht locker“, sagte er im Hinausgehen. „Du schleichst dich nicht davon. Wir alle werden dir helfen, diesen Kampf zu gewinnen.“
Draußen auf dem Flur kam ihm die Visite entgegen. Der Professor und der Tross seiner Ärzte entschwanden im gegenüber liegenden Zimmer. Nur eine jüngere Schwester ging in Volkers Krankenzimmer. Tim, der sich schon in Richtung Aufzug entfernte, hörte auf einmal einen schrillen Schrei: „Hilfe! Schnell – ich brauche Hilfe!“ Im Umdrehen sah Tim, wie Professor Scholl und ein anderer Arzt zu Volker ins Zimmer stürzten. Er blieb stehen – unmöglich konnte er jetzt in den Lift steigen und einfach die Klinik verlassen. Was war mit Volker? Hatte er einen Rückfall erlitten? Er musste es wissen!
Zögernd ging er die wenigen Schritte zurück. Die Tür des Zimmers war nur angelehnt, er hörte leises Gemurmel, dann ein paar knappe Kommandos, die wohl Professor Scholl gab. Sekunden später öffnete sich die Tür und das Bett mit Volker wurde hinausgeschoben.
„Was ist mit ihm?“ Tim versuchte einen jungen Arzt am Kittel festzuhalten.
„Alles in Ordnung, machen Sie sich keine Sorgen.“
„So ein Schwachsinn!“, schimpfte Tim los. „Halten Sie mich für bescheuert? Gar nichts ist hier in Ordnung! Ich will sofort wissen, was mit Volker ist!“
Kurz drehte sich Professor Scholl um. „Ein leichtes Kreislaufversagen. Nichts, das Sie beunruhigen sollte. Wir bringen den Patienten nur zur Sicherheit auf Intensiv.“ Und schon hastete er weiter.
Tim blieb beunruhigt zurück. Keine Sorgen sollte man sich machen... Wie das denn? Wegen einer kleinen Kreislaufschwäche wurde niemand zur Intensivstation verlegt. Aber ihm war bewusst, dass er, der nicht mal Angehöriger war, keine weitere Auskunft erwarten konnte.
Langsam und mit schwerem Herzen verließ er die Klinik.
Nicht mal Kerstin, mit der er sich in einem nahegelegenen Bistro traf, konnte ihn aufheitern. Dabei hatte sie gerade einen fetten Auftrag an Land gezogen und wollte das feiern. „Endlich bin ich wieder raus aus den Miesen“, meinte sie. „Die Aufgabe ist höchst reizvoll. Mit ein bisschen Glück hängt noch mehr dran. Jedenfalls ist der creativ director von meinen ersten Skizzen begeistert.“
„Das freut mich für dich. Dann kannst du ja für eine Weile das Kellnern aufgeben und dir mehr Ruhe gönnen.“
„Ach was.“ Kerstin winkte temperamentvoll ab. „Das Geld nehme ich ruhig noch mit. Wir können es doch gebrauchen.“ Sie sah ihn liebevoll an. „Noch hab ich ja keinen Starregisseur als Partner.“
„Ach Kerstin...“ Er küsste ihr Fingerspitzen. „Lass gut sein, heute heiterst nicht mal du mich auf.“
„Er wird wieder gesund. Ganz bestimmt!“ Kerstin sah ihn eindringlich an. „Wir dürfen nur die Hoffnung nie, niemals aufgeben!“
+ + +
Mit langen Schatten kroch die Dämmerung übers Land. Ein warmer Frühsommertag ging dem Ende zu. Oliver allerdings hatte nichts davon gespürt. Bei abgedunkeltem Fenster hatte er stundenlang auf seinem Bett gelegen und dahin gedämmert.
„Hoffentlich sind deine Kopfschmerzen bis zum Abend vorbei“, sagte Karina Ambross und sah mehrfach nach ihm. Allerdings nicht aus Mitgefühl, sondern weil sie befürchtete, Oliver könnte sie am Abend nicht zum Sommerfest des Golfclubs begleiten.
„Das wächst sich zu einer handfesten Migräne aus“, meinte der Mann, dem hundeelend zumute war.
„Soll ich einen Notarzt rufen?“
„Ach was. Das ist doch lächerlich! Wegen ein paar Kopfschmerzen ruft man doch nicht den Doktor!“ Oliver wollte sich aufrichten, sank aber mit einem Schmerzenslaut wieder zurück. Erst zwei Stunden später – und nachdem er heimlich drei Pillen geschluckt hatte – fühlte er sich fit genug, um mit Karina den Ball zu
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