Schloss meiner Sehnsucht
Zumindest schien sie unersättlich. Und anspruchsvoll. Und – was das schlimmste war – sie klammerte und benahm sich schon so wie eine langjährige eifersüchtige Ehefrau!
„Aber nein. Ich hab nur gerade über etwas nachgedacht.“
„Über was denn?“ Sie legte ihm von hinten die Arme um den Nacken und schmiegte sich an ihn. „Willst du mir endlich mal dein Schloss zeigen?“
Nachsichtig lächelnd schüttelte er den Kopf. „Es ist ein Schlossgut, Schatz, das hab ich dir doch schon gesagt. Und der Besitz gehört nicht mir allein, sondern der ganzen Familie.“
„Ich weiß.“ Karina lächelte still in sich hinein. Sie hatte sich vor Tagen im Internet kundig gemacht – und wusste genau über die Familie Sternburg und ihre diversen Unternehmungen und Besitzungen Bescheid. Der gute Oliver sollte also gar nicht erst den Versuch unternehmen, ihr etwas vorzumachen. „Trotzdem würde ich gern mal sehen, wo du aufgewachsen bist.“
„Demnächst können wir ja mal einen Ausflug dorthin machen“, erklärte er leichthin.
„Wann? Nächstes Wochenende?“
Er zögerte, seufzte und gestand: „Also gut, irgendwann musst du es ja erfahren: Ich hab mich mit meinem Bruder zerstritten. Wie du dir denken kannst, geht es um Geld. Im Moment möchte ich ihm gar nicht unter die Augen treten.“ Einem Impuls folgend fügte er hinzu: „Aber ich habe morgen in dieser Angelegenheit einen Termin mit meinem Anwalt.“ Er küsste sie flüchtig. „Danach werden wir weitersehen.“ Seine Zärtlichkeiten wurden intensiver. Er hatte schon gemerkt, dass dies der beste Weg war, Karina von heiklen Themen abzulenken.
+ + +
„Es tut mir leid, der Patient hat ausdrücklich angeordnet, dass Sie nicht zu ihm vorgelassen werden.“ Die junge Schwester sah Melanie kühl an.
„Aber... aber wir sind befreundet!“
„Wahrscheinlich nicht so sehr, wie Sie glauben.“ Ein kurzes Schulterzucken. „Tut mir leid, ich muss Sie bitten, wieder zu gehen. Ich hab noch zu tun.“
Melanie schüttelte den Kopf. „Das... das lasse ich mir nicht gefallen! Das soll Volker mir schon selber sagen!“ Tränen erstickten ihre Stimme.
Noch ehe die junge Krankenschwester etwas erwidern konnte, kam Professor Scholl aus dem Zimmer seines Patienten. Als er Melanies verzweifeltes Gesicht sah, fragte er: „Kann ich Ihnen irgendwie helfen?“
„Ich... Volker von Sternburg... er will mich nicht sehen.“ Mit Tränen in den Augen sah sie den Arzt an. „Das kann nicht sein! Er... er mag mich.“
Der erfahrene Mediziner griff nach ihrem Arm und führte sie ein wenig abseits. „Sie sind Melanie, nicht wahr?“
Sie nickte nur.
„Volker hat mir von Ihnen erzählt. Und mir gestanden, dass er Sie sehr mag. Ich weiß auch, dass Sie eine angehende Kollegin sind.“ Fast väterlich war sein Lächeln jetzt. „Sie sollten wissen, wie stark die Psyche eines Krebspatienten belastet ist. Volker will Sie schützen. Er glaubt, dass er keine Chance mehr auf Heilung hat – und will nicht, dass Sie sein Siechtum miterleben.“
„Aber das ist doch Unsinn! Er muss doch gar nicht sterben. – Oder?“
Der Arzt schüttelte den Kopf. „Ich denke nicht. Zumindest hat er beste Chancen, ganz gesund zu werden. Nur er will im Augenblick nicht daran glauben. Die Chemo setzt ihm mehr zu, als ich gedacht hatte. Aber glauben Sie mir, bald wird er aus diesem Tief wieder herauskommen. Dann sollten Sie für ihn da sein.“
„Das wäre ich auch jetzt gern. Gerade jetzt braucht er doch jemanden, der bei ihm ist und...“
„Lassen Sie ihm einfach noch ein bisschen Zeit.“ Verstohlen sah der Klinikchef auf die Uhr. „Mich müssen Sie entschuldigen – ich werde im OP erwartet.“
Was blieb Melanie anderes übrig, als wieder zu gehen? Wenn Volker sie nicht um sich haben wollte... „Ich werde meine Konsequenzen daraus ziehen“, nahm sie sich vor, als sie langsam die breite Treppe hinunter ging. „Um Liebe betteln muss ich nicht.“
Sie hatte die Eingangshalle noch nicht ganz durchquert, als jemand ihren Namen rief. Überrascht sah sie sich um – und bemerkte Oliver von Sternburg.
„Sie sind doch Melanie, nicht wahr?“ Sein charmantes Lächeln tat gut. „Wir haben uns auf einer Party auf Gut Sternburg kennengelernt, erinnern Sie sich?“
„Natürlich. Guten Tag, Herr Graf.“
„Ich bitte Sie, nicht so förmlich! Das sagt kein Mensch zu mir! Für Sie bin ich Oliver, ja?“
Melanie nickte nur.
„Waren Sie gerade bei Volker? Ich hab eben erst gehört, dass er krank ist.
Weitere Kostenlose Bücher