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Schlossblick: Kollers fünfter Fall (German Edition)

Schlossblick: Kollers fünfter Fall (German Edition)

Titel: Schlossblick: Kollers fünfter Fall (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcus Imbsweiler
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ihn nicht suchen ließest. Erst durfte er nicht, der Herr Schallmo,
und nach der Ohrfeige wollte er nicht mehr. Habe ich recht?«
    »Meine Taschen waren jedenfalls sauber, Herr Bungert. Nicht, was Sie
jetzt denken.«
    »Ich denke nicht, ich säge. Bist du fertig, Max?«
    »Ja.« Ich zog den rechten Handschuh aus und besah meine Blase. Früher
hätte ich so einen popeligen Hauptschulahorn allein aus dem Boden gerissen. Es musste
am Beruf liegen, dass man derart verweichlichte. Privatdetektiv – auch nicht besser
als all diese modernen Schreibtischtätigkeiten!
    »Gut.« Steve umfasste den Baumstumpf mit beiden Armen, um daran zu
rütteln. Die Sägerei hätten wir uns sparen können; das Ding bewegte sich keinen
Zentimeter.
    »Sind wir fertig?«, fragte Brutsch hoffnungsfroh. »Ich geh dann mal.
Meine …«
    Weiter kam er nicht. Steve packte den Knaben am
Schlafittchen und stieß ihn in die Vertiefung, wo er fast der Länge nach hinschlug.
»Danke für dein selbstloses Engagement, Püppchen«, grinste er. »Wir hätten es auch
ohne dich geschafft, aber zu dritt geht es natürlich leichter.« Er nahm zwei lange
Meißel von der Schubkarre, die er mit einigen Hammerschlägen flach unter die Wurzel
trieb, und legte eine Stange unter ihre Kopfenden. Brutsch und ich hatten die Stange
zu packen und nach oben zu ziehen. Dort, wo die Meißel steckten, löste sich unser
Gegner einige Millimeter aus dem Erdreich, dann war Schluss. Wir keuchten.
    »Der macht’s nicht mehr lange«, meinte Steve und stieß Brutschs Spaten
immer wieder an verschiedenen Stellen unter die Wurzel. »Los, hoch damit!«
    Nichts. Wenn tote Bäume lachen könnten, würden uns jetzt die Ohren
dröhnen.
    »Dann versuchen wir es auf der anderen Seite.« Er zog die beiden Meißel
aus dem Boden, um sie gegenüber in Position zu bringen.
    Brutsch und ich sahen uns an. Sogar im ersten Stock waren sie jetzt
auf uns aufmerksam geworden und drückten sich die Nasen am Fenster platt. Verdammt,
wo blieben die Lehrer? Sorgte da keiner für Ordnung?
    »Also, wenn du mich fragst«, meinte ich, »die Klasse dort oben sieht
aus, als hätte sie ihren Beitrag zur Baumaktion noch zu leisten. Willst du sie um
ihre Bonuspunkte bringen? Gegen geballten Schülerehrgeiz hat keine Wurzel der Welt
eine Chance.«
    »Das kannst du dem Brutsch nicht antun«, erwiderte Steve und tätschelte
dem Dürren den Hinterkopf. »Er will den Baum unbedingt selbst rausholen, verstehst
du? Denn würde er es nicht wollen, müsste ich mich fragen, warum er dann überhaupt
hier ist. Und um das zu beantworten, müsste ich kontrollieren, was er in den Taschen
hat. So wie damals der Schallmo, nur ohne Ohrfeige. Das ist unsere Abmachung.«
    »Aber er hat bestimmt nichts in den Taschen, der Brutsch.«
    »Das weiß ich doch. Er hatte ja auch letztes Jahr nichts drin, als
ihn die Polizei am Bahnhof erwischte. Nur das, was ihm irgendeiner heimlich zugesteckt
hatte. So böse ist diese Welt, und deshalb befreien wir sie jetzt von dieser Wurzel.
Hoch, ihr beiden Luschis!«
    Die beiden Luschis zerrten an der Stange, und tatsächlich löste sich
die Baumwurzel mit krachendem Geräusch aus dem Erdreich. Was sie noch am Boden hielt,
durchtrennte Steve mit dem Spatenblatt. Anschließend wuchteten wir den Stumpf gemeinsam
aus der Vertiefung und in die Schubkarre, wo er mit dumpfem Aufschlag zu liegen
kam.
    »Und wo bleibt der Applaus?«, schnaufte ich. »Jubelnde Groupies, Autogrammwünsche,
Ernennung zum Ehrenmitglied der Schule auf Lebenszeit?« Brutsch schaute nur bedröppelt
auf seine schmutzigen Sachen. Auf der Spitze eines seiner weißen Plastiktreter ringelte
sich ein Regenwurm.
    »Gut gemacht, Jungs«, meinte Steve und bedachte uns beide mit einem
Schulterklaps. »Und jetzt der nächste Baum. Hey, glotzt nicht so, das war’n Scherz.
Dreht euch lieber mit dem Gesicht zu den Klassenräumen, damit alle sehen, wer dieses
Heldenstück vollbracht hat.«
    »Ich bin dann mal weg«, murmelte Brutsch. »Hat mich gefreut, Herr Bungert.«
    »Und mich erst! Vor allem, weil du dem Herrn Koller noch ein paar Takte
über deinen ehemaligen Klassenlehrer erzählen wirst.«
    »Über wen?«
    »Brutsch!«
    »Ach so, über den Schallmo. Cooler Typ war das, ich schwör. Super nett
und alles. Voll traurig, dass es den gekostet hat.«
    Steve legte ihm einen Arm um die Schulter. Ganz ohne Kommentar, einfach
so, als Geste der Freundschaft.
    Brutsch schielte nervös auf Bungerts Hand. »Ich meine, das war er doch,
ein cooler Typ, oder?

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