Schluessel zur Hoelle
ich mich bloß auf diese Sache eingelassen? dachte er reumütig. Wie hatte Orsini gesagt? Was tut man nicht alles den Frauen zuliebe… Er hatte tatsächlich recht – Francesca war etwas ganz Besonderes.
Die Tür ging auf, und Orsini trat ein. Er trug seine alte Seemannsjacke, und eine Schirmmütze saß schief auf seinem Kopf. »Alles in Ordnung, Paul?«
Chavasse nickte und übergab ihm das Steuer. »Bestens.«
Orsini zündete sich eine von seinen geliebten Zigarren an. »Ausgezeichnet. Wir werden bald da sein.«
Der Himmel färbte sich allmählich grau, und dichter Nebel stieg vom Wasser auf. Orsini bat Chavasse, noch einmal das Steuer zu übernehmen, und ging zum Kartentisch. Er überprüfte die Angaben, die Francesca über die Position des Bootes gemacht hatte, und zeichnete in das Labyrinth von Wasserläufen auf der Karte den Kurs ein, den er einzuschlagen gedachte.
»Alles okay?« fragte Chavasse.
Orsini trat wieder hinter das Steuer. Er zuckte die Achseln. »Ich kenne diese Kanäle. Sie sind zehn bis zwölf Meter tief, und die Flutströmung ist sehr stark. Einen Tag sind sie voller Sandbänke, und am nächsten ist das Wasser zwanzig Meter tief. Bei solchen weitverzweigten Flußmündungen weiß man nie, wie man dran ist. Wir werden den Hauptarm des Bojana benützen und etwa eineinhalb Kilometer landeinwärts in die Sümpfe abbiegen. So werden wir am sichersten und schnellsten vorankommen.«
Der Nebel wurde immer dichter und hüllte die Jacht schließlich völlig ein, so daß Orsini die Geschwindigkeit auf zehn Knoten vermindern mußte. Gleich darauf kamen Carlo und Francesca herauf. Chavasse verließ das Deckhaus und stellte sich, die Hände in die Hosentaschen vergraben, an den Bug. Das sumpfige Ufer glitt im Nebel vorbei. Modriger Gestank drang ihm in die Nase, und über sich hörte er das Geschrei von Wildenten, die über die Jacht hinwegzogen. Carlo trat neben ihn und bekreuzigte sich.
»Eine scheußliche Gegend. Ich bin immer froh, wenn ich wieder von hier wegkomme.«
Es war eine Landschaft wie in einem Alptraum. Lange schmale Sandbänke ragten aus dem Wasser auf, und landeinwärts erstreckte sich kilometerweit in Nebel gehülltes, mit Sumpfgras und Schilf bewachsenes Marschland, das von tausend Wasserläufen und Lagunen durchzogen wurde.
Orsini ging auf drei Knoten herunter, lehnte sich aus dem Fenster und ließ seinen Blick über die vorbeiziehenden Schilfbänke gleiten. Chavasse ging über das Deck zu ihm.
»Wie weit sind wir von der Stelle, wo das Boot liegt?«
»Vielleicht fünf Kilometer, aber wir können mit der Jacht nicht bis zu der Stelle fahren. Noch ein kurzes Stück, dann müssen wir ins Schlauchboot umsteigen.«
»Und wer bleibt an Bord?«
»Carlo. Es paßt ihm überhaupt nicht, aber ihm kann man es ja fast nie recht machen.«
Er grinste Carlo an, und dieser warf ihm einen wütenden Blick zu. Chavasse ging wieder zum Bug und stellte sich neben Francesca. Ein paar Minuten später lief die Jacht in eine kleine, etwa dreißig Meter breite Lagune ein, und Orsini schaltete den Motor ab.
Die Jacht glitt noch ein Stück weiter und stieß gegen eine Sandbank. Orsini verließ das Deckhaus und trat zu ihnen. Er legte seinen Arm um Francesca und lächelte sie an.
»Jetzt haben wir’s bald geschafft, cara. In ein paar Stunden geht’s wieder heimwärts. So wahr ich Giulio Orsini heiße.«
Sie sah mit ernstem Gesicht zu ihm auf; dann wandte sie sich zu Chavasse um und starrte ihn mit einem seltsamen düsteren Blick an, der ihn aus irgendeinem unerklärlichen Grund erschaudern ließ.
8
Francesca bereitete eine warme Mahlzeit – wahrscheinlich die letzte für längere Zeit -, und als sie gegessen hatten, holten Carlo und Chavasse das große Schlauchboot hervor, pumpten es auf und befestigten den Außenbordmotor.
Dann gingen sie hinunter in den Salon, um die Tauchgeräte zu holen. Orsini saß am Tisch und lud eine Maschinenpistole. Die eine Sitzbank war aufgeklappt, und Chavasse sah, daß ein ganzes Waffensortiment darunter verstaut war: eine Maschinenpistole, mehrere Selbstladegewehre und ein leichtes MG.
»Bediene dich«, sagte Orsini. »Es ist für jeden Geschmack etwas dabei.«
Chavasse nahm eins der Selbstladegewehre, ein Garrand, und nickte. »Das ist genau richtig. Und Munition?«
»Auch unter der Bank. In einer Schachtel.«
Chavasse bückte sich und sah, daß drei Schachteln unter der Bank standen. Die
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