Schluessel zur Hoelle
Schilfdickichts her rufen. Er schwamm zu ihm und erreichte nach etwa dreißig Metern eine kleine Lagune, in deren Mitte Orsini eben prustend, eine nasse Haarsträhne in der Stirn, auftauchte. Chavasse blickte hinunter in das klare Wasser und sah in etwa zehn Meter Tiefe das Boot. Er tauchte steil nach unten, wobei er schluckte, um den Druck in seinen Ohren zu vermindern, packte die Reling und hielt sich daran fest. Er hangelte sich an der Reling des umgekippten Bootes bis zum Heck, an dem in goldenen Buchstaben der Name Teresa-Bari stand. Nachdem er sich kurz vom Zustand des Wracks überzeugt hatte, ließ er die Reling los und schoß nach oben.
Nach Luft schnappend, grinste er Orsini an. »Gute Navigationsarbeit.«
»Meine Mutter, Gott hab sie selig, hat mich schon immer für ein Genie gehalten.«
Orsini wandte sich ab, schwamm quer durch die Lagune und verschwand zwischen dem Schilf. Chavasse folgte ihm. Sie stießen nicht weit von dem Schlauchboot auf den Hauptkanal und schwammen darauf zu.
»Glück gehabt?« fragte Francesca.
Orsini nickte. »Es liegt genau an der markierten Stelle. Ohne die Kreuzpeilung wäre es hoffnungslos gewesen. Wir hätten die Sümpfe ein Jahr lang absuchen können, ohne es zu finden.«
Sie kletterten in das Schlauchboot, Orsini ließ den Motor an und steuerte auf die Schilfbank zu. Einen Moment lang erschien sie wie eine unüberwindliche Barriere, dann teilte sich das Schilf, und sie glitten in die Lagune.
Als sie in der Mitte waren, stellte Orsini den Motor ab. Francesca beugte sich über den Rand des Schlauchboots und starrte mit blassem Gesicht in das klare Wasser hinunter. Plötzlich erschauderte sie und hob den Kopf.
»Wird es lange dauern?«
Orsini verneinte. »Einer von uns wird hinuntertauchen und ein Tau befestigen, damit wir nicht abtreiben. Wenn alles gutgeht, sind wir in ein paar Stunden fertig.« Er wandte sich an Chavasse. »Hast du was dagegen, nochmal reinzuspringen?«
Chavasse schüttelte den Kopf. »Kälter als hier oben kann es auch nicht sein.«
Der Wind schnitt wie ein Messer durch sein nasses Hemd, während Orsini das schwere Tauchgerät an seinem Rücken festschnallte. Als er merkte, daß Francesca ihn mit ängstlich aufgerissenen Augen anstarrte, lächelte er.
»Ein Kinderspiel. Sie werden staunen, wie schnell es geht.«
Sie lächelte gequält. Er legte die Tauchmaske an, setzte sich auf den Rand des Schlauchboots und ließ sich langsam ins Wasser gleiten. Als er hochkam, warf Orsini ihm das Tau zu. Chavasse stellte sein Sauerstoffgerät ein, tauchte und schwamm in einem weiten Bogen auf das Boot zu.
Er band das Ende des Taues an der Heckreling fest und schwamm zum Deckhaus des auf der Seite liegenden Bootes. Klaffende Schußlöcher im Rumpf und in den Aufbauten zeugten von dem verbissenen Feuergefecht zwischen der Teresa und dem albanischen Patrouillenboot. Das Dach des Salons hatte einen Volltreffer abbekommen, und die Kajütentreppe war schwer beschädigt.
Er glitt hinunter und zwängte sich durch die Tür. Der Salontisch hatte sich aus seiner Befestigung gelöst und schwebte zusammen mit mehreren Flaschen und ledernen Sitzkissen unter der Decke.
Von der Madonna war nichts zu sehen. Er schwamm zu der Tür, die in die vordere Kajüte führte. Das Dach war an dieser Stelle offenbar von einer Granate zerfetzt worden, und verbogene Metallteile blockierten die Tür. Er wandte sich um, schwamm durch den Salon zurück, zwängte sich durch die Tür und schoß zur Oberfläche hoch.
Er tauchte ein paar Meter hinter dem Schlauchboot auf und schwamm darauf zu. Orsini zog ihn herauf, und er setzte sich und nahm die Maske ab.
»Im Innern sieht’s furchtbar aus. Ein unbeschreibliches Durcheinander.«
»Und die Madonna?«
»Keine Spur davon zu sehen. In die vordere Kajüte konnte ich nicht. Am Ende des Salons hat eine Granate die Decke durchschlagen, und die Trümmer blockieren die Tür.«
»Aber dort drin ist sie!« sagte Francesca. »Jetzt fällt es mir ein. Als die Schießerei begann, hat Marco sie unter eine Koje gelegt. Sie war in eine Decke gewickelt und gegen die Feuchtigkeit in Wachstuch eingeschlagen. Das Bündel war etwa eineinhalb Meter lang.«
Orsini zog ein Päckchen unter dem Achtersitz hervor. »Gut, daß ich etwas von dem Sprengstoff mitgenommen habe. Du wirst die Tür aufsprengen müssen.«
Er öffnete das Päckchen und holte ein wie eine Wurst geformtes Stück von dem
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