Schlüsselfertig: Roman (German Edition)
wieder zu Olaf, der sich mit dem Fernsehstar unterhält. Die Dame entschuldigt sich für ihren Blackout.
»Keine Ursache«, sagt Olaf. »Ich bin doch gerne für Sie eingesprungen.« Das glaube ich ihm sofort. Eigentlich hat er nur auf diese Chance gewartet. Aber er ist natürlich zu höflich, der Moderatorin das zu sagen.
Sie ist so höflich, ein paar Worte an mich zu richten: »Ich war auch mal Glücksfee.« Sie strahlt mich an. »Da war ich ungefähr acht. Ich hatte sogar ein ganz ähnliches Kleid an.«
Ich habe mich ja schon an den Gedanken gewöhnt, dass mein Ibiza-Kleid kein Einzelstück ist. Aber für eine Achtjährige fände ich es doch ein bisschen übertrieben. Ich bin natürlich zu höflich, das zu sagen.
Unser Austausch von Artigkeiten wird vom Big Boss der Siedlung unterbrochen. Er stellt sich direkt vor Olaf, ein bisschen zu nah, wie ich finde. Wahrscheinlich will er sich jetzt wieder an ihn heranmachen.
»Du bist gefeuert«, sagt er.
»Aber ... aber warum?«, antwortet Olaf perplex.
»Weil mir gerade danach ist. Und weil ich für einen kleinen Zeitvertreib wie dich keine Zeit mehr habe.« Er packt die Moderatorin wie ein Kaninchen im Nacken und führt sie ab. Sie wehrt sich nicht.
»O nein«, sage ich.
»O doch«, sagt Olaf nach einer kurzen Pause. »Ich weiß auch, wo sie jetzt hingehen. In sein schalldichtes Büro in der Musterhaushalle. Auf die schwarze Lederklappcouch.« Er schüttelt den Kopf. »Dass ich ... dass ich auf so einen Mann mal reinfallen konnte! Ich fasse es nicht.«
»Kann ich irgendetwas für dich tun? Ihn verprügeln oder so?«, frage ich und versuche, nicht an den Poohbären und die Lederklappcouch zu denken. In diesem Moment klingelt mein Telefon.
»Gute Idee«, grinst Olaf, »aber: Nein, danke. Ich möchte ein bisschen allein sein. Geh nur ran. Wir treffen uns nachher in unserem Haus des Tages.«
Olaf schlendert langsam davon, ich drücke auf die Taste mit dem kleinen grünen Hörer.
»Guten Tag, Frau Meiners, hier spricht der Bürgermeister. Ich möchte Ihnen ein Angebot machen.«
Gut, dass Dodo mich vorgewarnt hat! »Um was geht es denn?«, frage ich mit ahnungslosem Ton.
»Ich würde gerne ein paar Quadratmeter Land von Ihnen kaufen. Diese Wiese an der Autobahn.«
»Ja, da können wir drüber reden. Was für Preisvorstellungen haben Sie denn so?«
»Sagen wir: zehntausend Euro?«
»Pro Quadratmeter?«
»Aber nein, junge Frau«, lacht der Bürgermeister, als hätte ich einen ganz tollen Scherz gemacht. »Für einen Hektar.«
Ich kann nicht verhandeln. Ich kann nicht verhandeln. Ich kann nicht verhandeln.
Aber davor kann ich mich jetzt wirklich nicht drücken.
»Guter Mann«, erwidere ich im selben amüsierten Tonfall, »ich verkaufe nur zu Quadratmeterpreisen. Hundertfünfzig Euro pro Quadratmeter. Schließlich reden wir hier über höchst attraktives Bauland.« Er wollte mich abzocken, dafür nenne ich einfach einen höheren Preis. Für die Frechheit soll er bezahlen.
»Woher wissen Sie das denn schon? Verdammt, im Dorf spricht sich alles immer so schnell rum. Sagen wir: Hundert Euro pro Quadratmeter?«
»Wenn Sie so weitermachen, sage ich hundertsechzig.« Ich lege eine Pause ein und höre förmlich, wie dem Bürgermeister der Schweiß ausbricht. »Ich muss nicht an Sie verkaufen. Es gibt viele andere Interessenten.« Sag ich mal so. Keine Ahnung, ob das stimmt. Aber bis vor kurzem waren ja noch alle scharf auf mein Land.
»Sie bringen mich um! Sie treiben mich in den Ruin! Aber gut, aber gut, abgemacht. Hundertfünfzig Euro pro Quadratmeter. Aber dann nehme ich erst mal nur dreitausend Quadratmeter. Ich will aber ein Vorkaufsrecht auf den Rest.«
»Und ich will das Geld sofort haben. In kleinen Scheinen. Und in einem Rimowa-Koffer.« Warum ich das mit den kleinen Scheinen sage, weiß ich selber nicht.
»Das ist aber sehr ungewöhnlich«, sagt der Bürgermeister.
»Gucken Sie nie Fernsehen? Das kommt doch in jedem Krimi vor!« Ich finde die Idee richtig gut.
»Wie soll ich denn so schnell vierhundertfünfzigtausend Euro auftreiben?«
So viel Geld! Das macht die Sache ja erst richtig lustig. Ich komme mir vor wie im Live-Monopoly.
»Das ist Ihre Sache. Sie kennen jetzt meine Bedingungen. Ich werde um 20.00 Uhr auf dem Parkplatz des Massivhausparks auf Sie warten.«
Um 20.15 Uhr werde ich langsam nervös. Ich hocke am Rand des Parkplatzes auf dem Kantstein. Es ist immer noch heiß, der Parkplatz ist leer bis auf einen roten Alfa Romeo. Ein Cabrio.
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