Schlüsselfertig: Roman (German Edition)
Was war das denn? Das hat aber nichts mehr mit geträumtem Softporno zu tun. Das ist Hardcore – aber echt!
Gezwungenermaßen wende ich mich wieder voll und ganz dem echten, brutalen Leben zu und befördere die Wespe, die mich in den Oberschenkel gestochen hat, in die ewigen Jagdgründe.
Immerhin habe ich eine interessante Erfahrung gemacht: Der erste Sex mit einem neuen Liebhaber ist immer schwierig. Selbst, wenn man ihn sich nur vorstellt.
Das klingt jetzt, als hätte ich viel Erfahrung mit neuen Liebhabern. Stimmt aber nicht. Meine amourösen Premieren könnte ich auch noch an einer Hand abzählen, wenn ich ein versehrter Tischler wäre, der einmal zu forsch in die Kreissäge gefasst hat. Mal sehen, ob ich mich noch an alle erinnere (nein, wie kokett!). Da waren: Peter, der mich einmal geküsst hat. Wir gingen beide in die vierte Klasse. Das zählt also vielleicht nicht. Dann gab es den Typen auf der Party von Susi, aber der war so betrunken, das zählt auch nicht. Oder war ich so betrunken? Egal. Es ist schon peinlich: Da hat man unterdurchschnittlich viele Liebhaber gehabt und kann sich noch nicht mal an die paar genau erinnern. An einen möchte ich mich gar nicht erinnern: Daniel. Ein Name wie Sahneeis. Er hat im Urlaub auf Teneriffa meinen Mietwagen gerammt – und sich auch danach nicht weiter zurückgehalten. Allerdings weiß davon nur Brigitte. Sie ist auch die Einzige, der ich erzählt habe, dass Daniel mit meiner gesamten Urlaubskasse durchgebrannt ist. Okay, es war am Ende der Ferien, viel war eh nicht mehr in meiner Geldbörse. Den Schaden am Mietwagen hat Brigitte ausgelegt. Das war schon sehr Thelma-und-Louise -mäßig. Leider hatte Daniel, aus der Nähe betrachtet – und rückblickend sowieso –, recht wenig von Brad Pitt.
Von da an habe ich beschlossen, mich etwas zurückzuhalten. Außerdem gab es ja Heiner. Keine zu hoch gesteckten Erwartungen, keine Enttäuschungen. Eine sichere Sache. Doch jetzt bin ich mir gar nicht mehr so sicher. Vielleicht will ich doch etwas ganz anderes? Enthemmten Fertighaus-Sex mit Herrn Wesseltöft zum Beispiel?
Gut zu wissen wäre jetzt noch: Wenn man die Pannen schon in seiner Phantasie durchspielt, muss man sie dann in der Realität noch mal erleben? Gibt es dann neue Pannen oder vielleicht gar keine? Oder sind die Pannen, wenn man sie vorher schon mal durchgespielt hat, nicht mehr so peinlich, wenn man sie wirklich erlebt?
Hochnotpeinlich fand ich auf jeden Fall den Junggesellinnenabschied von Simone. Simone war in der Grundschule mit mir in einer Klasse, viel hatte ich mit ihr nie zu tun, aber Brigitte hat mich überredet, mitzukommen. Ich bin ja sonst nicht für solche Art launiger Geselligkeit. Und ich gehöre nicht gerne zu einer Gruppe – jedenfalls nicht deutlich erkennbar. Auf derlei Bedenken wurde allerdings keine Rücksicht genommen. Kaum war ich im Windfang von Simones Elternhaus angekommen, bekam ich ein T-Shirt übergestülpt, auf dem mit Fingerfarbe geschrieben stand: Simone's letzte Chance! Mit Apostroph. Darüber waren fleischfarbene nackte Brüste gemalt, schätzungsweise in Doppel-D. Ich musste sofort ungefähr fünf kleine Schnäpse in rot, gelb und grün trinken. Langsam wurde es mir zu bunt, doch Brigitte redete mir gut zu, wir gingen ins Wohnzimmer: »Da ist die Spielhölle!« Die anderen Gäste waren auch schon recht angeschickert – bis auf zwei. Das habe ich erst gar nicht gemerkt, deshalb hat es mich auch nicht gewundert. Ich war zu sehr damit beschäftigt, die Situation zu bewältigen. Ich habe noch nie gerne gespielt. Mir gelingt es nicht, beim Monopoly zu schummeln und es ist mir völlig egal, ob ich bei Mensch-ärgere-Dich-nicht verliere oder gewinne. Das löst einfach keine Gefühlsregung in mir aus. Mein Vater hat mal ein Wochenende darauf verwandt, mir Skat beizubringen. Genau so gut hätte er dem Hund die binomischen Formeln erklären können.
Bei Simone spielten wir ein Würfelspiel, dessen Regeln sich mir nicht erschlossen. Wahrscheinlich gab es gar keine. Egal welche Zahl man würfelte, man musste einen Schnaps trinken. Und im Laufe des Spiels bekam jede einen Umschlag, der erst zu einer bestimmten Uhrzeit an einem bestimmten Ort geöffnet werden durfte. Darin befand sich eine Aufgabe, die die Umschlaginhaberin zu erfüllen hatte. Meine Aufgabe wartete um 23.30 Uhr auf der Reeperbahn auf mich.
Meine natürliche Hemmschwelle löste sich unter Einfluss der regenbogenfarbigen Kurzgetränke in Wohlgefallen auf, wir
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