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Schlüsselherz (German Edition)

Schlüsselherz (German Edition)

Titel: Schlüsselherz (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liv Abigail
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Nath a niel eine falsche Bewegung machte. Nur um zu sehen, was passieren würde, bückte er sich nach dem Schirm, hob ihn auf und klopfte sich damit gegen die freie Hand. Es passierte gar nichts, nur eine der Ka t zen schnurrte etwas lauter und die Kuckucksuhr wies auf die volle Stunde hin.
    „ Was wollen Sie von mir?“
    Püppi lächelte noch breiter. „Wir haben ein paar Fragen an Sie. Wenn Sie erlauben.“
    So, und wenn nicht, briet sie ihm vermutlich gleich noch eins über.
    Der Mann, Mr Beastly oder wie auch immer, räusperte sich. „Es tut mir außerordentlich leid, dass wir sie geängstigt haben, Mister –“
    „ Geängstigt?“, konsternierte Nathaniel.
    „ Erschreckt.“ Es war ein Vorschlag, aber immer noch ein demüt i gender.
    „ Einigen wir uns auf genervt, Mr Beastly.“
    „ Beazeley.“ Ein weiteres Räuspern. „Wir wollten Sie keinesfalls ... nerven. Um ehrlich zu sein, weiß ich nicht wirklich, was ich mir d a bei gedacht habe …“
    Der Ansatz eines Kicherns ließ die Lippen der Püppi zucken. „Sie haben diesen Drink zu sich genommen“, erinnerte sie ihn und fuhr an Nathaniel gewandt fort: „Er würde so etwas normalerweise nie tun, aber ihm wurde eine Substanz verabreicht, die seinen eigenen Willen manipuliert, und mir hat man nicht genug Anstand eing e pflanzt, um das nicht auszunutzen.“
    Nathaniel zog eine Augenbraue in die Höhe. „Sie sind ja eine ganz reizende Gesellschaft, Sissy.“
    „ Cera.“
    „ Wie auch immer. Was möchten Sie wissen? Sie werden verstehen, dass ich nicht die ganze Nacht Zeit für Sie habe.“
    Mr Beazeley erhob sich und legte die Hände ineinander. „Wie ist Ihre Beziehung zur Witwe Macallistor?“, fragte er. Hätte er Nath a niel dabei in die Augen geschaut, hätte Nathaniel sich beleidigt g e fühlt. So musste er grinsen.
    „ Wie kommen Sie zu der verqueren Annahme, das würde Sie e t was angehen?“
    „ Bitte.“ Püppi schlug die großen Augen auf und blinzelte wie ein Bambi, ehe die Kutsche darüber rollte. „Hören Sie, Mr Charles, me i ne Freundin ist entführt worden, und Sie sind unsere letzte Hof f nung, sie zu finden.“
    Beazeley schien verwirrt von dieser zweifelsfrei ehrlichen Äuß e rung. Offenbar hatten die beiden vorher eine andere Version geplant – oder gar keine. Er seufzte und erzählte dann von der gestohlenen Puppe und dem auffälligen Zufall, dass die Witwe Macallistor z u nächst eine Puppe über ihn, Nathaniel, hatte kaufen wollen und nun plötzlich ihre eigene aus dem Hut zauberte.
    Sissy, Celly, oder wie sie auch hieß, hatte ihre gute Laune eing e büßt. Sie streifte an Nathaniels Bücherregalen und dem Lesetisc h chen entlang, betrachtete trübselig die Romanrücken und blätterte in einigen Zeitungen herum, um sich von ihrer Trauer abzulenken. Das arme Geschöpf. Sie tat ihm leid.
    „ Können Sie uns helfen, Mr Charles?“, fragte sie schließlich leise. „Ich weiß nicht, wer es sonst könnte.“
    Nathaniel stieß langsam die Luft aus. Natürlich hatte er von dem Puppenraub gehört, aber sein Wissensstand war löchriger als ein Netzstrumpf. Er würde Püppi nichts Neues erzählen können.
    „ Es würde schon helfen, wenn Sie aufklären, warum Sie so behar r lich versuchten, für die Witwe eine Puppe bei den Keymans zu ka u fen“, sagte Beazeley.
    Nathaniel nickte. Das konnte er den beiden ruhig erzählen. „Ich bin Künstler, wie Sie sicher wissen. Vor einigen Jahren verfügte ich über nichts außer meinem Talent und dem skandalträchtigen Namen meines Vaters. Das ist in unserer Gesellschaft recht wenig, um davon leben zu können. Mrs Macallistor war eine meiner ersten Kundinnen. Sie war … sagen wir es so: zufrieden mit meiner Arbeit.“
    „ Hatten Sie eine Affäre?“, flüsterte Püppi und schien mit einem Mal wieder aufgemuntert.
    „ Halten Sie mich für so einen?“, fragte er pikiert zurück, um sie von ihrer Schwermut abzulenken. „Dann haben Sie recht. Aber die Witwe war nie mein Typ, also nein. Ich habe sie gemalt. Sie, ihre Haustiere, ihr Anwesen, ihren Garten, ihr Essen, ihr Theater, ihre Schuhsammlung … Sie mochte meine Arbeit und empfahl mich we i ter. Ich wäre heute weder berühmt noch berüchtigt und schon gar nicht wohlhabend, wenn Mrs Macallistor meine Karriere damals nicht so effektiv angefeuert hätte.“ Versonnen dachte er für einen Moment an jene Zeiten, zu denen er noch hatte überlegen müssen, wovon er die Leinwand bezahlen sollte, um einen weiteren Auftrag anzunehmen.

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