Schlüsselspiele für drei Paare
Banktresor. Gemietet unter falschem Namen. Wenn Ostra es so gemacht hatte, gab es nie eine Spur, wenn Rita kein Geständnis ablegte.
Aber Bruckmayer gab nicht auf. Er begann, die Wände abzuklopfen. Die schweren Barockmöbel. Gab es doppelte Wände? Gab es nur Möbelattrappen? Er rollte die Teppiche auf und untersuchte den Fußboden. Aber das Glück der Romandetektive lachte ihm nicht. Der Boden der Halle war aus Marmor. Die Böden in den Salons waren bestes Nußbaumparkett, steinhart versiegelt.
Die Stunden gingen dahin. Es wurde Abend.
Nachdenklich saß Bruckmayer in der Bibliothek und machte sich Notizen auf einem Schreibblock. Nur eine kleine Tischlampe brannte. Ihr Schein reichte nicht einmal bis zur Tür oder den hohen Bücherregalen. Drei Meter vom Tresor entfernt saß Bruckmayer und ahnte es nicht. Hinter den Ledereinbänden von Lord Byrons Werken und der Gesamtausgabe von Maupassant konnte man ein Brett der Rückwand wegschieben. Dann wurde ein Schloß sichtbar. Steckte man den richtigen Schlüssel hinein, knackte es in der Wand, und das schwere Bücherregal ließ sich auf Kugellagern aufklappen.
»Und wenn ich das ganze Haus abreißen lasse!« sagte Bruckmayer halblaut und malte eine Spitzhacke auf den Notizblock. »Hier in diesem Haus liegt Sprengstoff, der mindestens drei Regierungen in die Luft gehen lassen kann –«
Er legte den Bleistift hin und wollte aufstehen, als er ein Geräusch hörte.
Ein Wagen fuhr vor. Die Tür klappte laut zu. Schritte im Vorgarten. Schnelle Schritte. In der Stille waren die Geräusche überlaut. Bruckmayer löschte das kleine Licht am Schreibtisch. In den Schläfen hämmerte das Blut.
Er hörte, wie die Haustür aufgeschlossen wurde. Die Schritte hallten durch die weite Diele, verhielten an der Treppe, der Besucher schien nach oben zu lauschen. Dann war plötzlich Stille im Haus.
Bruckmayer wartete noch ein paar Minuten, dann stieß er die Tür der Bibliothek auf und trat in die Eingangshalle.
Vorsichtig war Ostra auf der Straße stehengeblieben und hatte durch das heruntergekurbelte Autofenster auf das große, dunkle Haus geblickt. Der Regen rauschte jetzt vom Himmel, die Straßenlampen schaukelten im Wind.
Alles dunkel, hatte Ostra gedacht, Ruhetag. Ritas Schlafzimmer liegt nach hinten. Man kann dort kein Licht sehen, vor allem, wenn sie die Jalousien heruntergelassen hat. Aber es scheint sonst nichts geschehen zu sein. Die Ruhe ist vollkommen. Vielleicht schläft sie auch und hat den Wecker nicht gehört? Gestern war ein harter Tag für alle. Zehn Gäste aus Bonn, Stuttgart und sogar Hamburg. Darunter der Handelsattache einer Botschaft und ein Reeder, von dem man sagt, daß er für die Bundeswehr automatische Waffen aus Israel mit seinen Schiffen holt.
Ostra hatte den Wagen vor das Haus gefahren. Sicherlich schläft sie, dachte er zufrieden. Das Haus war abgeschlossen, was ihm noch mehr Sicherheit gab. Er hatte aufgeschlossen, die Tür zugeworfen, das Licht in der Halle angeknipst und war bis zur Treppe gegangen. Dort wartete er einen Augenblick und lauschte, ob er von oben aus Ritas Schlafzimmer Geräusche hörte. Jetzt stieg er auf Zehenspitzen die Treppe hinauf, um sie zu überraschen. Sie hatte es gern, wenn er sie mit einem Kuß weckte und dann seinen Kopf zwischen ihre Brüste legte. ›Im Tal des Friedens‹ nannte er diese Haltung. Auch ein Peter Ostra konnte romantisch sein, wenn es sich um Frauen handelte.
Vorsichtig öffnete er Ritas Schlafzimmertür. Dunkelheit. Er lauschte wieder. Kein Atemzug, keine Bewegung im Schlaf. Seine Hand tastete zum Lichtschalter und drehte.
Das Bett war – von einer der Putzfrauen – ordentlich gemacht und unberührt. Die seidene Zierdecke war nicht einmal eingebeult. Ratlos stand Ostra im Zimmer und suchte noch nach Klarheit, wo Rita sein könnte, als hinter ihm die Tür klappte.
»Sie suchen Rita?« fragte eine laute Stimme.
Ostra wirbelte herum. Der Klang dieser Stimme traf ihn wie ein Keulenschlag. Grenzenloses Erstaunen war auf seinem Gesicht. So blickt man, wenn man einen Toten wieder herumlaufen sieht.
»Herbert!« sagte Ostra atemlos.
»Fritz …«, stammelte Bruckmayer. Über sein Gesicht zuckte es. Es war wie ein Nervenschock. »Fritz!« Mit zitternden Händen fuhr er sich durch die Haare. Es war ihm, als verbrenne er in einer auflodernden Stichflamme. »Du … du bist Ostra …?«
Sie sahen sich ein paar Sekunden abschätzend und abwartend an. Ostra war der erste, der sich aus seiner Verblüffung
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