Schlüsselspiele für drei Paare
Blamage für die ganze Bundeswehr! Wer weiß schon davon?«
»Die 2. Kompanie und Sie, Herr Major.«
In dem Jeep, den der Kompaniechef mit dem Oberfeldwebel geschickt hatte, raste Major Haymes hinaus in das Erdinger Moos. Dort stand die 2. Kompanie betreten herum und knallte die Hacken zusammen, als Haymes aus dem Jeep sprang. Oberleutnant Gartenberg rannte ihm entgegen und meldete die Kompanie.
»Den Essenholer und den Pisser zu mir!« schrie Haymes in die Dunkelheit hinein. Es brannten ein paar Batterielampen und Scheinwerfer in einem laufenden Lastwagen. Die Autos waren säuberlich in einer Formation aufgefahren, ausgerichtet wie zur Parade. Nur in der Mitte gähnte eine Lücke, und dort standen statt des Lastwagens zwei armselige Gestalten in Tarnuniform.
Es half alles Schreien nicht – der Wagen war gestohlen worden. Nur drei Minuten Zeit hatte der Dieb gebraucht, um diesen Streich auszuführen. So lange dauerte, nach Schätzungen, das Austreten des Gefreiten Sulzig.
»Konnten Sie nicht hinter dem Wagen pinkeln?« brüllte Major Haymes.
»Das war unmöglich, Herr Major«, sagte der Gefreite Sulzig. »In der Nähe waren Mädchen aus dem Dorf. Ich konnte doch nicht …«
»Seien Sie still!« sagte Haymes und winkte angewidert ab. Die zivile Linie in der Bundeswehr war ihm ein Greuel. Wenn er da an Wahn dachte. 1939. Durchs Gelände waren sie gerobbt mit der Gasmaske, bis sie unter sich machten. So macht man Soldaten, nicht mit einem Gesetzbuch in der Rocktasche! »Der Fall ist also klar: Man läßt sich einen Lastwagen klauen! Die ganze Kompanie zunächst Urlaubssperre und vierwöchiges Ausgehverbot! Und jetzt schalten wir die Polizei ein und …« Major Haymes stockte erschrocken. »Befanden sich im Wagen Waffen und Munition?«
»Nein, Herr Major. Nur Zelte.« Der Gefreite Sulzig schluckte. »Und meine Gitarre.«
»Eine was?«
»Gitarre, Herr Major. Ich bin Gitarrist in der Combo der 2. Kompanie.«
»Man sollte sich erschießen!« stöhnte Haymes und wandte sich ab. »Gebe Gott, daß es nie mit solchen Soldaten einen Krieg gibt.«
In die Öffentlichkeit drang nichts von diesem Vorfall im Erdinger Moos. Nur die Polizeidienststellen erfuhren es, und auch Bruckmayer bekam es gemeldet, als er Singert in dessen Dienstzimmer aufsuchte, um sich über das Phantom Ostra zu unterhalten, der wie weggezaubert war.
»Ein Lastwagen der Bundeswehr?« sagte Bruckmayer wirklich ahnungslos. »Das muß ein Verrückter sein oder ein Witzbold. Was will man mit einem Militärlastwagen? Der fällt doch überall auf.«
Das war auch die Ansicht der meisten, die von diesem Diebstahl hörten. »Es ist ein Streich«, sagte der Wehrkreiskommandant. »Ein Nadelstich gegen die Bundeswehr. Passen Sie auf, meine Herren … irgendwo findet sich der Wagen wieder, unbeschädigt und einsatzbereit.«
Dessen ungeachtet wurde gegen den Gefreiten Sulzig ein Verfahren eingeleitet. Er hatte den Schlüssel im Zündschloß stecken lassen. Ein gewissenhafter Soldat geht nicht bei eingeschalteter Zündung pinkeln.
Um diese Zeit stand der Lastwagen der Bundeswehr tatsächlich in einem Waldstück im dichten Buschwerk. Peter Ostra schlief im Führerhaus, zugedeckt mit den Decken, die er im Laderaum gefunden hatte. Er fühlte sich sicher und schlief den gesunden Schlaf des Zufriedenen.
Sie haben eben doch nicht die Ausbildung wie wir, hatte er gedacht, als er mit dem schweren Lastwagen über die Landstraße brauste. Und was ein alter z.b.V. Fuchs ist, der klaut so einen Wagen im Vorbeigehen. Singend fuhr er durchs Land, winkte sogar einer entgegenkommenden Bundeswehrkolonne entgegen (das wurde später gemeldet und trug dazu bei, daß Major Haymes gelb im Gesicht wurde) und bog dann irgendwo ab. Von da an war der Wagen endgültig verschwunden, so sehr auch Sondersuchkommandos die ganze Gegend absuchten und jeden – natürlich unverfänglich – fragten, der ihnen über den Weg lief.
»Ein Zivilist!« stöhnte Major Haymes, nachdem alle Verhöre abgeschlossen waren. »Ein großer, stämmiger Mann mit einer graugrünen Windjacke und Webpelzkragen. Eine Jacke aus Ami-Beständen! Wir sind blamiert bis auf die Knochen!«
Am Abend des nächsten Tages, pünktlich um 21 Uhr, rollte Ostra mit seinem Militärlastwagen vor das Tor der Vereinigten Elektrowerke. Friedrich Volbert, der schon im Werk war und am Fenster stand, fiel die Zigarre, die er gerade voller Unruhe rauchte, aus der Hand.
Das Fabriktor glitt zur Seite. Der hochrädrige Wagen rumpelte
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